1246 - Die Opfergrotte
Sie?«
»Roland. Roland Tapier.«
Mittlerweile hörte Suko über die Lautsprecheranlage mit. Ich fing seinen Blick auf und erkannte, dass mein Freund ebenso überrascht war wie ich.
»Musste ich Sie kennen?«
»Oui, wir haben uns schon öfter gesehen. In Alet-les…«
»Bei den Templern.«
»Ja, ich gehöre dazu!«
Plötzlich war die Spur so verdammt heiß. Ich bekam sogar einen roten Kopf und murmelte: »Das ist ja interessant. Roland Tapier aus Alet-les-Bains.«
»Genau, John. Ich rufe im Auftrag von Godwin de Salier an, weil er es nicht schaffte, nach London durchzukommen. Aber es ist wirklich sehr wichtig.«
»Gut. Ich höre.«
Wir hörten zu. Und was wir erfuhren, das hinterließ auf unseren Rücken ein leichtes Kribbeln. Da schob sich die Gänsehaut wie halb gefrorenes Wasser weiter, und es war uns beiden klar, dass der Fall hier in London und Godwins Aktivitäten im Süden Frankreichs in einem Zusammenhang standen.
Auch ihm ging es um Menschen, die das Blut des Satans in ihren Adern fließen hatten. Ebenso wie Francis Clayton. Nur hatte es der Templer geschafft, den Ort zu finden, wo er sie stellen konnte oder sich mit ihnen treffen wollte. Es war eine alte Bahnstation in den Bergen. Das war nicht alles. Wir hörten noch, wie Roland Tapier von einer Blutquelle sprach, die es geben musste. Und genau dorthin wollte de Salier.
»Wo soll die Blutquelle sein?«, fragte ich.
»Den genauen Ort wusste er nicht. Ihm war nur die ungefähre Lage bekannt.«
»Versteckt in den Bergen?«
»Ja, in einem Tal.«
»Genaueres weiß ich nicht. Aber Godwin muss sich in Schwierigkeiten befinden, sonst hätte er nicht Bescheid gesagt. Es ist wohl mehr passiert, als er erwartet hat.«
»Was hat er noch gesagt?«
»Er bittet um Hilfe, falls dies möglich ist.«
»Was unternehmt ihr?«
»Nichts.« Seine Stimme klang frustriert. »Wir wollten uns auf den Weg machen, aber Godwin hat es abgelehnt. Er würde uns noch Bescheid geben, aber daran glaube ich nicht.«
»Das heißt, wir müssen so schnell wie möglich zu euch kommen?«
»Wenn es geht.«
Ich musste lachen, obwohl mir danach nicht zu Mute war.
»Schnell ist gut, und das bei diesem Wetter.«
»Wir würden euch in Toulouse abholen. Wir bereiten alles vor. Ihr bekommt einen Geländewagen mit Vierradantrieb gestellt…«
»Und wohin sollen wir fahren?«
»Ich hoffe, dass Godwin noch mal anruft und seine genaue Position durchgibt.«
Suko stand auf und deutete mit dem Finger auf die Karte. Ich nickte und bat den Templer einen Moment zu warten. Dabei schaute ich auf die Karte und ärgerte mich wieder, dass nicht so viel zu lesen war. Die offiziellen Straßen endeten im Nichts.
Ich konnte ihm wohl den Namen eines Berges sagen.
»Mont Canigou. Ist Ihnen das ein Begriff?«
»Ja.«
»Hat ihn Godwin erwähnt?«
»Bei ihm endet eine Straße, das wissen wir. Und die hat er auch genommen.«
»Dann ist der letzte Ort Vernet-les-Bains.«
»Das stimmt auch.«
»Und dann?«
»Geht es in die Berge…«
»Aber auch in die Täler.«
Roland war erstaunt. »Woher wissen Sie das?«
»Sie werden es kaum glauben, aber ich habe eine entsprechende Karte vor mir liegen.«
»Wieso?«
Er bekam seine Erklärung, und auch der Templer wollte nicht an einen Zufall glauben. »Das ist ein Fingerzeug des Schicksals, John. Es gibt einen Zusammenhang zwischen den beiden Fällen, da bin ich fast sicher. Für Godwin war die Blutquelle wichtig.«
»Stimmt. Die will er finden, und die hat wahrscheinlich auch Francis Clayton gefunden.«
»Das sehe ich ebenfalls so.«
Wir sprachen noch über einige Details, aber für Suko und mich stand längst fest, dass wir uns so schnell wie möglich auf die Socken machen würden.
Morgen früh nach Paris.
Von dort weiter nach Toulouse. Hoffentlich klappte es mit den Maschinen. Auf jeden Fall würde man uns in Toulouse abholen, und wir brauchten uns keine Gedanken um eine winterliche Ausrüstung zu machen.
Tapier drückte uns die Daumen, dass alles klappte. Wir würden uns wieder in dieses verdammte Abenteuer stürzen. Es gab einfach keinen Weg daran vorbei.
Als ich den Hörer aufgelegt hatte, da merkte ich, dass sich auf meiner Stirn Schweißperlen gebildet hatten. Suko blickte über den Schreibtisch hinweg in mein Gesicht, und in seinem Blick lag nicht eben der große Optimismus.
Ich nickte ihm zu.
»Jetzt sag nichts mehr gegen mein Gefühl, Suko. Ich habe instinktiv Recht gehabt.«
»Einverstanden. Nur ist das nicht mehr wichtig, John.
Weitere Kostenlose Bücher