1248 - Das Glaslabyrinth
nicht zu fragen gewagt, denn schließlich war er es ja (zumindest für alle außer Wraihk selber).
Immer noch inmitten seiner Eskorte, marschierte der ehemalige Astralfischer in eine große Kammer, die er für eine Liftkabine hielt. Er wunderte sich noch über die vorsintflutliche Einrichtung, da wechselte schlagartig die Beleuchtung - und er spürte ein scharfes Ziehen im Nacken.
Als hätte er zu lange auf seinem Schreibtischstuhl im Mutterschiff gesessen und Abrechnungen in den Computer getippt.
Oder als wäre er von einem Transmitter in ein hyperenergetisches Strukturmuster umgewandelt, abgestrahlt und von einem anderen Transmitter empfangen und in die vertraute Existenzform zurückverwandelt worden!
Er wagte nicht, danach zu fragen, sondern knetete sich nur verstohlen das Genick - ein verdammt faltiges Genick - und verließ mit seiner Eskorte die vermeintliche Liftkabine.
Giffi nahm an, daß er sich in einem höheren Stockwerk befand. Es konnte aber durchaus sein, daß es sich um eine Subetage handelte. Das ließ sich optisch nicht feststellen - jedenfalls nicht für einen falschen Lordrichter Wraihk, der sich nicht an die Besonderheiten des Innern der Zitadelle erinnerte. Er konnte lediglich feststellen, daß das Licht auf dieser Etage einen Stich ins Grünliche hatte, während es auf der anderen schwach rötlich gefärbt gewesen war.
Als seine Eskorte von einem Augenblick zum anderen stehenblieb, prallte Shaggy mit dem Gesicht gegen die (gepanzerte) Nierengegend Lhoks und spürte, wie ihm das Blut aus der Nase schoß, die sich gleich einem Luftballon aufzublähen begann.
Lhok fuhr herum, sah die Bescherung und warf sich jammernd und flehend auf den Fliesenboden. Die drei anderen Söldner spritzten förmlich auseinander und stoben in verschiedene Richtungen davon. Anscheinend glaubten sie wie Lhok, Lordrichter Wraihk würde grausame Rache nehmen.
Giffi Marauder suchte unterdessen in den Falten und Taschen seines Kapuzenmantels und des Unterzeugs nach einem Taschentuch. Er fluchte, als er keines fand und statt dessen nur etwas zwischen seine spindeldürren Lordrichterfinger bekam, das eine Puderdose zu sein schien.
Schließlich trat er dem noch immer den Boden küssenden Lhok wütend in die Rippen - und bereute es sogleich, als sein großer Zeh schmerzhaft anschwoll (falls das ein großer Zeh war; er hatte seine Lordrichterfüße bisher nicht gesehen und verspürte auch kein Verlangen danach).
„Besorge mir ein sauberes Tuch und Heilplasma!" schnauzte er schnarchend - und eine unsichtbare Hilda übersetzte.
Lhok sprang hoch wie von der Sehne geschnellt und hätte den „Lordrichter" um ein Haar gerammt. Nach einem krächzenden Laut stürmte er davon wie ein flügelloses Huhn vor dem Fuchs. Giffi schrieb ihn schon insgeheim ab, aber nach spätestens zwei Minuten stob er wieder heran, bremste mit kreischenden Stiefelsohlen ab und reichte dem „Lordrichter" ein blütenweißes Tuch.
Es sah aus wie ein Tischtuch in der Hauptmesse des Mutterschiffs (Perwela hatte eine solche Marotte, aber es war nicht ihre einzige), doch Shaggy hielt es für sicher, daß es kein solches war.
Nach kurzem Zögern nahm er das Tuch, brachte es umständlich in die richtige Position, schnäuzte kräftig hinein, wischte noch ein paar Mal und ließ es dann fallen. Jetzt war es nicht mehr blütenweiß.
Als er hochsah, bemerkte er, daß Lhok eine Spraydose mit der Düsenöffnung auf sein Gesicht gerichtet hatte. Da er fürchtete, der Tölpel könnte ihm Heilplasma in die Augen sprühen, entriß er ihm die Dose kurzerhand. Danach versorgte er seine zerschrammte und geschwollene Nase. Der Schmerz klang verblüffend schnell ab.
„Gut!" kommentierte er und reichte dem Söldner die Spraydose zurück.
Lhok nahm sie, verstaute sie in einem Tragebeutel, dann bückte er sich, während er dem „Lordrichter" seine Waffe hinhielt. Er zitterte dabei.
„Quatsch!" schnarrte Giffi. „Scher dich zum Teufel! Nein, warte noch! Sage mir erst, wo der Eingang zur Grauen Kammer ist!"
Lhok richtete sich auf, blickte sich um und deutete danach mit zitternder Hand auf ein großes Tor, das aussah, als bestünde es aus Bleiplatten.
„Dort ist er, Ehrwürdiger!" stotterte er.
Giffi nickte ihm gnädig zu.
„Danke, du Rindvieh!" sagte er freundlich. „Und nun verschwinde!"
Der Söldner ließ sich das nicht zweimal sagen. Er vergaß in der Aufregung sogar, seine Waffe wieder an sich zu nehmen. Giffi verbarg sie in den Falten seines
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