1252 - Spur in die Vergangenheit
ihr?«
»Ja.«
»Mit ihrem Geist?«
Julie Ritter nickte. Nichts regte sich, dabei in ihrem Gesicht. Die Züge blieben starr, und sie sah, wie van Akkerens Blick zwischen dem Schacht und ihr hin und her wechselte. Er stand unter Druck. Er war bereit, alles zu tun, aber er wusste auch, dass es gefährlich sein konnte. Wieder leuchtete er in den Schacht hinein, wie es auch seine beiden Helfer taten.
Unsicher schüttelte er den Kopf. Noch immer war es fraglich für ihn. Dann schaute er gegen die Decke, als wäre sie ein Himmel, der ihm eine Antwort geben konnte. Die bekam er nicht, aber durch seinen Kopf huschten zahlreiche Gedanken, die er in eine Reihenfolge bringen musste.
Das helle Schimmern aus der Tiefe. Aus einer Tiefe, die ihm nicht gefiel, weil sie eben zu tief war.
Er war Realist genug, um zu wissen, dass er hineinklettern musste. Er konnte sich nur schwer vorstellen, dass man sich dort unten zum Sterben hinlegte, aber vor so langer Zeit waren die Gegebenheiten sicherlich auch andere gewesen. Er stand vor dem Ziel, ohne es erreichen zu können. Zumindest nicht ohne Hilfsmittel. Er wusste auch nicht, wie gefährlich es für ihn sein konnte, die Gebeine anzufassen. Es gab keine Steigeisen. Er hätte ein Seil gebraucht, das er nicht zur Hand hatte. Deshalb musste ihm etwas anderes einfallen.
»Es ist nur der Schacht, nicht war?«
Julie erwachte wie aus einem Traum. »Ja, das glaube ich. Ich war selbst nicht dabei.«
»Gibt es keinen anderen Weg zu den Gebeinen?«
»Ich weiß es nicht.«
Er starrte sie an. Und diesmal hielt Julie seinem Blick stand. Sie ahnte, dass bald alles anders werden würde. Es musste einfach zu einem Finale kommen, und während sie dem Blick standhielt, hörte sie wieder die Botschaft in ihrem Kopf.
Die ferne Stimme, die sie schon einmal vernommen hatte. Diesmal meldete sie sich deutlicher.
»Stoß ihn in die Tiefe. Er ist böse. Er ist gefährlich. Er darf nicht überleben. Du musst es tun. Du musst es einfach tun. Bitte…«
Julie wusste nicht, wie sie sich verhalten sollte. Auf der einen Seite wollte sie gehorchen, auf der anderen stand sie hier als Mensch mit seinen positiven Gefühlen. Julie hätte sich niemals vorstellen können, einen Mord zu begehen, denn wenn sie jetzt handelte, dann kam das einem Mord gleich.
Van Akkeren wollte absoluter Anführer der Templer werden. Dazu war ihm jedes Mittel recht. Nur stand er hier vor einem Problem, das nicht so einfach zu lösen war. Aber er hatte einen Teilsieg errungen und nickte Julie zu.
»Es ist gut. Ich kann zufrieden sein. Ich weiß jetzt, wo ich die Gebeine finden kann. Es hat sich für mich gelohnt. Du hast mich hingeführt, und ich werde dafür sorgen, dass ich die Reliquie aus der Tiefe befreie. Es ist alles eingetreten, was ich erreichen wollte. Eigentlich müsste ich dir dankbar sein, Julie, aber leider stehst du nicht auf meiner Seite, und du würdest es auch nie tun - oder?«
»Nein!«
»Danke für die Antwort. Ich bin informiert, und wir sind an dem Punkt angelangt, an dem ich dich nicht mehr brauche.« Er lächelte bösartig. »Du kannst dir denken, was das zu bedeuten hat?«
Julie zögerte nicht, eine Antwort zu geben. Mit ruhiger Stimme sagte sie: »Ja, das weiß ich.«
»Sehr gut!«
Sei schneller als er! Sei schneller! Wieder hörte sie die fremde und doch so vertraute Stimme in ihrem Kopf. Mach ihn nieder, sonst kommt er dir noch zuvor!
Van Akkeren war irritiert. Er hatte damit gerechnet, dass sie in Panik verfallen würde. Ihre Ruhe machte ihn skeptisch. Sie wirkte wie jemand, der sich mit den Dingen abgefunden hatte und bereit war, in den Tod zu gehen.
»Ja«, sagte van Akkeren und nickte seinen Helfern zu. Der nächste Befehl klang laut und peitschend.
»Packt sie und werft sie in den Schacht zu den Gebeinen!«
»Genau das werdet ihr nicht tun!«
***
Auf eine derartige Gelegenheit hatte ich gewartet. Wir hätten auch früher eingreifen und uns aus dem Dunkel der Höhle lösen können, aber wir hatten bewusst so lange gezögert, weil wir noch mehr hatten herausfinden wollen.
Das war jetzt nicht mehr möglich.
Van Akkeren wollte und musste handeln. Und er wollte auf jeden Fall keine Zeugen haben.
Ich trat mit gezogener Waffe näher. Er sah auch das Kreuz vor meiner Brust, und aus seinem Mund drang ein menschenunwürdiger Fluch. In einem Reflex riss er seinen Arm hoch. Seine Helfer drehten sich, sie leuchteten in meine Richtung und trafen auch das hängende Skelett, das aufleuchtete.
Ich hatte
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