1252 - Spur in die Vergangenheit
ihn überrascht, und das konnte er nicht fassen. Er hatte nicht bemerkt, dass ich mich herangeschlichen hatte, und er sah auch meine beiden Freunde, die sich dicht hinter mir hielten, aber fast noch auf einer Höhe gingen.
Ich hatte ihn selten so unsicher erlebt. Vielleicht nach der Teilniederlage in Alet-les-Bains, als sein Plan, das Kloster in die Luft zu bomben, gescheitert war.
Damals allerdings hatte er ausweichen können. Das war hier schlecht möglich. Wir befanden uns in einem Stollen auf engstem Raum.
»John…« Ich hörte die Stimme der Julie Ritter wie einen Hauch. »Mein Gott, John…«
»Sei ruhig, Julie, wir packen es!«
Ich hatte sie bei meiner Antwort nicht angeschaut, sondern behielt van Akkeren im Blick. Auch wenn er nichts tat, trauen konnte man ihm auf keinen Fall. Er war jemand, der niemals aufgab. Er war gefährlich. Er war ein Monster, ein Mittelding zwischen Dämon und Mensch, der jetzt unter einem wahnsinnigen Stress stand, denn sein Äußeres begann sich zu verändern. Glasklar sah ich es nicht, weil es mehr Schatten als dieses künstliche Licht gab.
Aber er wich zurück. Die Haut auf seinem Gesicht zog sich in die Breite, auch in die Länge. Sie spannte sich, sie dehnte sich, an der Stirn sah ich plötzlich Beulen. Sein zweites Ich kam durch, wie bei einer Kreatur der Finsternis. Er wollte zu Baphomet werden, der ihn aus den Tiefen der Hölle wieder zurückgeholt hatte.
Ich zielte genau auf seine Stirn. Auch in diesem Dämmerschein musste er es sehen. So nahe war ich ihm selten gekommen, aber in meinem Innern baute sich noch kein Triumph auf. Ich hatte wirklich nicht den Eindruck, der große Sieger zu sein, aber von meinem Kreuz aus strahlte eine Wärme ab, die mich irgendwie ruhiger machte.
Ich nahm die Veränderung in seinen Augen wahr. Sie begannen zu leuchten. Die Kälte des Dämons strahlte mir entgegen, und ich war drauf und dran, ihm einfach eine Kugel in die Stirn zu schießen, darauf hoffend, dass das geweihte Silber alles auslöschte.
Er kam nicht mehr weiter. Plötzlich war Schluss. Die Wand stoppte ihn, und diese Tatsache ließ bei mir das Gefühl des Triumphes aufsteigen.
Ich musste einfach reden, und man ließ mich auch sprechen, obwohl meinem Freund Godwin die Worte eher hätten zugestanden werden müssen.
»Van Akkeren, es war diesmal ein heftiges, aber nur kurzes Gastspiel in einer Welt, die nicht für dich geschaffen ist. Du hast ein Ziel gesehen, aber du wirst es nicht erreichen, das schwöre ich dir. Und deshalb wirst du dich nie zum Anführer der Templer hochschwingen können. Diese Zeiten sind vorbei. Du hast am Festmahl riechen dürfen, aber du darfst es nicht essen, Vincent. Das ist der Unterschied.«
Er blähte sich auf. Er stellte sich auf die Zehenspitzen. Er schaute an mir vorbei. Er glühte, und ich merkte den Ansturm des Bösen gegen mich. Aber diesmal war ich im Besitz meines Kreuzes. Und hier gab es keinen Dracula II und auch keine Justine Cavallo, die ihm zur Seite gestanden hätten.
Hier hatte die andere Seite das Sagen, aber er wollte es nicht einsehen. Er breitete vor mir stehend seine Arme aus, wie jemand, der eine andere Person einfangen will.
Ich ließ ihn gewähren. Ich war ruhig wie selten in einer dermaßen angespannten Lage. Hinter mir wusste ich die beiden Templer in guten Händen, und auch um Julie Ritter brauchte ich mich nicht zu kümmern. Im Prinzip waren die Gebeine in diesem Moment für mich zweitrangig. Mir ging es um ihn, den ich in dieser Höhle und an dieser Stelle ausschalten wollte.
Meine Beretta mit den geweihten Silberkugeln hielt ich in der rechten Hand. Die Linke lag frei, und die bewegte sich jetzt. Ich hatte es schon mehrmals getan, und auch diesmal würde ich keine Probleme bekommen, das wusste ich.
Den linken Arm anwinkeln, die Hand auf die Schulter legen, mit den Fingern zum Nacken tasten, um die Kette zu fassen, an der das Kreuz hing. Sie dann über den Kopf zu streifen, das Kreuz in die Hand nehmen und van Akkeren direkt damit angreifen. Ihn durch die Macht des Lichts vernichten, nichts anderes hatte er verdient.
Der Baphomet brach bei ihm durch. Es machte mir nichts aus. Es war unerheblich. Sein Gesicht nahm einen feisten Ausdruck an, aus der Stirn stachen die Hörner, die Hände zuckten und heller Geifer sprudelte von seinen verdammten Lippen.
Ich hasste ihn!
Ich wollte ihn weghaben. Das Kreuz hatte ich nicht aktiviert. Die große Kraft steckte deshalb noch in ihm. Ich würde die Formel erst sprechen,
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