126 - Luziferas Horror-Maske
Die gleiche Anschuldigung,
die er heute Morgen schon mal gehört hatte, klang ihm erneut in den Ohren.
Während Juanita dies sagte, wendete sie ihren Kopf und blickte Richtung Finca,
deren schmutzigbraune Mauern sich kaum von der Farbe des Hügels unterschieden.
„Du sprichst von Luzifera, nicht wahr?“,
sagte Mendeler.
„Ja. Woher - weißt du von ihr?“
Da erzählte er von dem Dorfbewohner, den er
vorhin getroffen und der ihm den Weg zu Pedro genannt hatte. „Ist es wirklich
so schlimm?“, fragte er abschließend.
„Du kannst es dir nicht vorstellen. Sie
beeinflusst Tiere und Menschen. Sieh dir Pedro an ..."
Der Mann, von dem eben gesprochen wurde,
schlug die Augen wieder auf, klagte über Kopf- und Gliederschmerzen und wollte
wissen, was eigentlich los war. Er konnte sich an nichts mehr erinnern!
Mendeler versuchte seinen Ärger über den
demolierten Wagen zu vergessen, was ihm umso leichter fiel, als Juanita ihm
vorschlug, ihren Wagen vorübergehend zu benutzen. Sie hatte einen kleinen Seat,
der gut in Schuss war.
„Ich kann ein paar Tage dranhängen, macht
nichts“, sagte er, während er ihr behilflich war. den Verletzten ins schattige
Haus zu bringen. „Ich muss nur Bescheid sagen. Wenn ich mal euer Telefon
benutzen dürfte?“
„Gern.“
Es hing im Flur und war altmodisch, aber es
funktionierte. Mendeler rief seine Freunde in Granada und Estepona an und
schilderte ihnen die Situation, in die er geraten war. Beide machten ihm
daraufhin den Vorschlag, ihn dort abzuholen, wo er sich befände. Er gab die
Anschrift bekannt, wies aber daraufhin, dass er diese Nacht auf alle Fälle noch
in Elmusio verbringen wolle.
„Aus zwei Gründen ... Erstens wegen Juanita.
Und zweitens - wegen der Hexe. Ich möchte sie mir mal aus der Nähe ansehen. Das
Gerede über sie hat mich neugierig gemacht.“
In den nächsten Stunden kam er nicht dazu. Er
war Juanita im Haus behilflich, Pedro wieder auf die Beine zu bringen. Seine
Benommenheit währte eine Stunde, dann erhob er sich wieder von seinem Lager, um
den Schaden, den er angerichtet hatte, zu begutachten. Der Motor war arg in
Mitleidenschaft gezogen, und Mendeler hegte berechtigte Zweifel, ob er
überhaupt noch reparaturfähig war. Am besten würde es sein, wenn einer seiner
Freunde ihn hier abholte, er den Wagen unbrauchbar zurückließ und sich später
einen anderen beschaffte.
Pedro Molino entschuldigte sich mehrere Male
und gab zu erkennen, dass er wirklich nicht wusste, wie er dazu gekommen war,
sich so zu verhalten. Er wollte den Schaden wiedergutmachen und arbeitete wie
ein Berserker in seiner Werkstatt. Selbst in der für den Spanier heiligen
Siestazeit gönnte Pedro sich keine Ruhe. Er baute den Ford auseinander,
hämmerte, sägte und bohrte. Blech schepperte, als er die eingedrückten
Kotflügel und die Kühlerhaube achtlos in die Ecke warf. Hans Mendeler glaubte
dem Spanier die Entschuldigung und die Anstrengungen, die er an den Tag legte,
um die Scharte wieder auszuwetzen.
Juanita hatte viel im Haus zu tun. Mendeler
nutzte die unfreiwillig freie Zeit, sich im Ort umzusehen. Die Menschen waren
einfach und scheu. Er bekam keinen rechten Kontakt mit ihnen.
An diesem Tag gingen ihm allerhand Gedanken
durch den Kopf. Am meisten beschäftigte ihn die Hexe. Gab es wirklich Menschen,
die anderen durch böse Gedanken oder Absicht Schaden zufügen konnten? Konnten
andere durch solche Gedanken beeinflusst werden?
Für alles, was ans Geisterhafte und
Übersinnliche grenzte, hatte er kein Verständnis. Mit einiger Verwunderung
stellte er jedoch fest, dass er über diese Dinge ins Grübeln gekommen war. Er
hatte Pedro Molinos absonderliches Verhalten in allen Einzelheiten miterlebt
und beobachtete ihn auch jetzt wieder. Pedro gab sich völlig normal und
unbeeinflusst. Aber Mendeler gingen auch noch andere Überlegungen durch den
Kopf. Vielleicht wurde jene kleine, einsam lebende Frau für Dinge
verantwortlich gemacht, für die sie in Wirklichkeit gar nichts konnte. Pedro
Molino konnte doch auch tatsächlich geistesgestört sein und vorhin einen seiner
Anfälle erlebt haben. Schließlich wusste Mendeler nichts über den Charakter und
die Eigenart dieser Menschen.
Am späten Nachmittag - Pedro war immer noch
bei der Arbeit, und Juanita putzte und schrubbte im Haus - machte er sich auf
den Weg zur Finca. Sie war weiter entfernt, als es auf den ersten Blick schien.
Mendeler lief quer übers Feld. Im Schatten einiger Olivenbäume lagen noch
einige Leute aus
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