1264 - Justines Geisel
einem blutigen Rot.
Es war ein D!
Das D für Dracula. Jeder sollte sehen, wem er verpflichtet war. Er war auf seine Art und Weise grausam, auch wenn er offiziell noch keine Menschen gepfählt hatte, doch das war auch nicht sicher. Es floss alles nur durch die Gedankenwelt der Glenda Perkins, die nicht in der Lage war, sich zu bewegen.
Dieser Anblick hatte ihr einen Schock versetzt und sie erstarren lassen.
Sie konnte nicht sprechen. Sie schaffte es auch nicht, normal Luft zu holen. Von diesem Zeitpunkt an fühlte sie sich kaum noch als Mensch, sondern nur als Opfer, das zum zweiten Mal in die Falle gelaufen war, und das, obwohl ihre Freunde nicht weit entfernt waren.
Nicht alles war richtig, was sie ihr geraten hatten, aber sie machte ihnen auch keine Vorwürfe. Woher hätten sie wissen sollen, dass sich Dracula II in der Nähe aufhielt?
Die Lippen in seinem Mund malten sich kaum von der bleichen Haut ab. Jetzt aber zog er sie in die Breite, und was er dann tat, sollte es wohl so etwas wie ein Lächeln sein. Dabei entblößte er die obere Zahnreihe und zeigte seine beiden Bluthauer.
Glenda spürte Panik in sich hochsteigen, und sie begann vor Angst zu zittern.
Weglaufen!
Vielleicht schneller sein als Mallmann. Es dauerte immerhin etwas, bis er es schaffte, sich in eine Fledermaus zu verwandeln, und diese Zeit wollte sie nutzen.
Sie ging zurück.
Das zumindest hatte sie vor, aber mehr als ein Zucken des rechten Beins brachte sie nicht zustande.
Mallmann war schneller!
Sie konnte der vorschnellenden Vampirhand nicht entgehen. Diesmal wurde sie nicht am Hals erwischt, sondern an der Schulter, und Mallmann riss sie mit seiner ihm eigenen Kraft nach vorn. Wie Klauen gruben sich lange Finger in die Kleidung und hielten eisern fest.
Glenda kam nicht zur Gegenwehr. Sie kippte nach vorn und damit auch in das offene Fenster hinein.
Unterhalb der Brust spürte sie den Druck der quer stehenden Fensterbank, erhielt noch einen Schlag gegen den Kopf und fiel mit dem Kopf voran dem Boden der alten Ruine entgegen.
Bevor sie aufschlug, riss Dracula II sie in die Höhe. Sie hörte an ihrem linken Ohr sein scharfes Lachen und dann die raue Stimme: »Niemand, auch du nicht, wird unseren Plan zerstören, das kann ich dir versprechen…«
***
Mit deiner Freundin Glenda natürlich!
Dieser verdammte Satz aus dem Munde der blonden Bestie hatte sich regelrecht in meinen Kopf hineingefressen. Ich kam nicht davon los, und ich wusste verdammt genau, dass Justine Cavallo nicht bluffte, obwohl ich so tat, als wäre es ein Bluff.
»Glenda?«, höhnte ich, nachdem ich mich wieder gefangen hatte. »Nein, das glaube ich nicht. Wir haben sie weggeschickt. Sie befindet sich in Sicherheit.«
»Meinst du?«
Mich regte diese lässig gesprochene Bemerkung auf, und ich wollte Justine die passende Antwort geben, aber sie kam mir zuvor. »Du solltest nachdenken, Sinclair. Wir sind dabei, eine große Sache durchzuziehen, und ich betone besonders das Wort ›wir‹. Darauf kannst du dir dann einen Reim machen.«
»Du bist nicht allein?«
»So ist es.«
»Deine beiden Helfer sind atomisiert worden!«, erklärte Suko.
»Ach, wer spricht denn von denen? Randfiguren, mehr sind es nicht gewesen.« Sie amüsierte sich und schüttelte den Kopf. »Wisst ihr wirklich nicht, wer mit mir zusammen die Fäden zieht?«
»Nein…«
»Lüg nicht, Sinclair!«
Ich wusste es oder konnte es mir zumindest denken, aber ich wollte es aus ihrem Mund hören.
»Will Mallmann«, sagte sie mit einem Ausdruck in der Stimme, die den Triumph nicht verbergen konnte. »Oder auch Dracula II. Bei diesem Plan mischt er mit. Was meinst du, wie er jubeln wird, wenn er sieht, was ich vor meiner Brust hängen habe.«
Ja, er würde jubeln, da brauchte ich gar nicht erst lange nachzudenken. Gleichzeitig stieg in mir der Zorn hoch, den ich besser als Hass beschreiben konnte. Für einen Moment erschien sogar ein roter Teppich vor meinen Augen, und ich stand dicht davor, die Formel auszusprechen.
Suko hatte gemerkt, in welch einem Zustand ich mich befand. Er warnte mich mit leiser Stimme:
»Nicht, John! Denk an Glenda.«
»Ich weiß.«
Die Cavallo hatte zugehört. »Der Chinese ist vernünftiger als du, Sinclair. Ich kann mir ja vorstellen, wie es in dir aussieht. Würde mir ebenso ergehen, aber die Fakten liegen nun mal so. Große Pläne zu vereiteln, ist nicht so einfach.«
»Wie soll es weitergehen?«, fragte ich. Mein Zorn war etwas abgeklungen. Ich stand nicht mehr
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