1264 - Justines Geisel
denken, auf der dieser leichte Druck nicht mehr vorhanden war.
Noch geschah zwischen den beiden Frauen nichts. Ich konzentrierte mich einzig und allein auf das Kreuz. Ich wollte sehen, ob sich dort etwas verändert hatte. Vielleicht war es…
Der Schrei unterbrach meine Gedanken!
Zuvor hatte ich Glenda flüstern gehört, jedoch nicht verstanden, was sie gesagt hatte.
Sie selbst blieb stehen. Dafür warf sich Justine Cavallo nach vorn, und sie war einfach zu schnell für Glenda, die nicht mehr ausweichen konnte, und auf den harten Boden prallte.
Jetzt hatte die blonde Bestie alle Chancen, an ihr Blut heranzukommen…
***
Ich hätte es nicht tun sollen! war Glendas letzter Gedanke, dann schlug sie hart auf und nahm sekundenlang nichts mehr wahr.
Glenda fiel nicht hinein in den tiefen Schacht der Bewusstlosigkeit. Sie war auch nicht so schwer aufgeschlagen und nur für Sekunden weggetreten. Dabei spürte sie trotzdem, was um sie herum vorging, denn jemand hatte sich wuchtig auf sie geworfen.
Sie hörte die zischende Stimme der blonden Bestie. Was die Cavallo sagte, war noch nicht zu verstehen, aber sie erstickte fast an ihrer Wut, und je mehr Glenda wieder zu sich selbst fand, umso verständlicher wurden die Hasstiraden der Blutsaugerin.
»Du wolltest mich reinlegen, du Schlampe! Du wolltest es tatsächlich versuchen. Aber da irrst du dich, Glenda Perkins. Niemand legt mich rein - niemand! Hast du verstanden? Ich herrsche! Ich führe meine Pläne durch, und ich werde dafür sorgen, dass du nicht mehr sprechen kannst.«
Was sie damit meinte, das bekam Glenda kurz danach zu spüren, denn die Hände der Cavallo rutschten blitzschnell über ihren Körper hoch und legten sich dann um ihre Kehle.
Sie drückten sofort zu!
Dass in den kalten Totenklauen dieser Blutsaugerin große Kraft steckte, bekam Glenda sofort zu spüren. Die Luft wurde ihr abgeschnitten. Sie riss den Mund auf, aber es war mehr eine Geste der Verzweiflung oder nur ein Reflex, den ein Mensch einfach in sich hat.
Aber auch die Augen hatte sie geöffnet. Sie starrte hinein in das glatte Gesicht der Cavallo, das trotz der Verzerrung keine Falten aufwies. Aus den Augen strahlte eine irrsinnige Bösartigkeit ab, vermischt mit Hass und der Gier nach dem menschlichen Blut.
Glenda wehrte sich. Sie versuchte, den Körper der anderen Person von sich abzuschütteln. Sie stemmte sich dabei am Boden ab, doch es war ein nutzloses Unterfangen, denn das Gewicht und der Druck der Vampirin waren einfach zu stark.
Glenda erschlaffte. Der Druck um ihren Hals ließ nicht nach. Sie beschäftigte sich bereits mit dem Gedanken, hier auf dem schmutzigen Boden der alten Fabrikhalle erwürgt zu werden, als ihr so etwas wie eine Eingebung kam, die sie von dieser Vorstellung abbrachte.
Vampire brauchten Blut!
Aber sie brauchten das Blut lebendiger Menschen und nicht das von Toten. An Tote gingen sie nicht heran, denn sie waren keine Ghouls. Also würde sie wohl nicht sterben, und dieser Gedanke richtete sie wieder ein wenig auf.
Der Griff lockerte sich noch nicht. Das normale Bild verschwamm vor Glendas Augen, und die glatte Fratze der Blutsaugerin löste sich allmählich auf.
Justine sagte etwas zu ihr, was sie nicht verstand - aber sie erlebte etwas anderes.
Der Druck der Klauen glitt von ihrer Kehle weg. Glenda konnte wieder atmen. Sie schnappte nach Luft.
Dann griff die Cavallo in ihr dichtes schwarzes Haar. Sie zerrte den Kopf nach links, um die linke Seite frei zu haben. Dort straffte sich die Haut am Hals, und Justine legte sich ihr Opfer perfekt zum ersten Biss hin.
»Jetzt sauge ich dich leer!« versprach sie keuchend.
Für Glenda war die Existenz als Mensch so gut wie vorbei! Sie wartete auf den Einstich der beiden Zähne, auf das Reißen der straff gespannten Haut, aber das passierte nicht.
Dafür hörte sie eine Stimme. Aber nicht die der Blutsaugerin.
»Tu es lieber nicht, Justine!«
***
Der Sprecher war Suko!
Er hatte lange warten müssen. Er war nicht so schnell gewesen. Aber er war noch rechtzeitig genug gekommen, und er hatte auch nicht seinen Stab einzusetzen brauchen. Und er hatte von der Ablenkung der blonden Bestie profitiert.
Jetzt kniete er neben ihr und drückte ihr die Mündung seiner Beretta gegen die Wange.
»Tu es lieber nicht, Justine, sonst schieße ich sofort!«
Die blonde Bestie erstarrte. Für Suko war das der Beweis, dass man auch sie noch überraschen konnte. Aber in ihr tobten die verdammten Gefühle, und sie konnte
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