Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
127 - Das Aruula-Projekt

127 - Das Aruula-Projekt

Titel: 127 - Das Aruula-Projekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Montillon
Vom Netzwerk:
Silben mit jedem Doppelschritt wiederholt wurden, hinter ihren Schläfen hämmerte und stets lauter wurde.
    Rul-fan-rul-fan-rul-fan…
    ***
    Aruula war alleine zurückgeblieben.
    »Wieso gehst du?«, fragte sie kraftlos, doch sie sprach nicht wirklich zu der stummen Unbekannten, die schon viel zu weit entfernt war, als dass sie die Worte noch hätte hören können.
    Es tat ihr einfach nur gut, sich selbst reden zu hören. »Warum lässt du mich allein?«
    Kraftlos sank Aruula in sich zusammen. Sie setzte sich, zog die Knie an die Brust und umschlang die Beine mit ihren Armen. Den Kopf legte sie auf den Knien ab.
    So saß sie regungslos, für mehrere Minuten. Die Augen hielt sie geschlossen, um nichts sehen zu müssen. Bis sie ein Geräusch vernahm.
    Mit einem Mal stand wieder der Reisende vor ihr. »So enden Mörder in dieser Gegend«, sagte er, und deutliche Schadenfreude klang aus seinen Worten. »Niemandkann entkommen, auch du nicht. Der oberste Richter hat sein Auge auf alles und jeden. Auch auf dich, hundertfache Mörderin.«
    »Ssso issst essss«, bestätigte die tote Taratze zischend.
    Anklagend deutete sie auf die Wunden, die ihrem Leben ein Ende gesetzt hatten. »Sssseht nur, wasss ssie mir angetan hat!«
    »Sie verdient es nicht, weiter zu leben«, schlug die Smythe-Kreatur in dieselbe Kerbe. Der Zombie blickte kurz zu der Taratze hinüber. »Nie hätte ich gedacht, mit einer solchen Bestie einmal eine Meinung zu teilen, aber das Schicksal hat uns zu Verbündeten gemacht. Oder besser gesagt: Du hast uns zu Verbündeten gemacht, indem du uns umbrachtest.«
    »Sie hat eine schrecklichere und angemessenere Strafe gefunden als den Tod«, meinte der Reisende. »Sie zu töten wäre viel zu einfach. Seht sie euch an: Sie wird existieren wie eine dumpfe, ihrer selbst nicht bewusste Kreatur.«
    »Tatsächlich«, stimmte Smythe diabolisch zu. »Ich hätte mir nichts Besseres für sie ausdenken können.«
    »Irgendwie tut sie mir Leid«, warf Spiegelbild ein. »Sie hat diese harte Strafe nicht verdient.« Bildete Aruula es sich nur ein, oder war da Mitleid in jenen Augen, die sie zuvor aus dem See heraus so gnadenlos angeblickt hatten?
    »Dasss hat ssie doch! Ssie verdient esss!«
    »Sie ist wie ich, und deshalb…«
    »Deshalb hast du Mitleid«, unterbrach der Reisende. »Ich kann dich verstehen, aber das ändert nichts an ihrer Schuld.«
    Als Spiegelbild erneut widersprechen wollte, brachte der Reisende sie mit einer bestimmten Handbewegung zum Verstummen. »Du bist befangen. Aruula soll ihre gerechte Strafe erhalten, und jede Gnade wäre unangebracht. Auch die Gnade des raschen Todes!«
    Aruula hatte sich bislang schweigend angehört, was ihre Henker zu sagen hatten. »Ich bin nicht schlecht«, flüsterte sie jetzt, und diese Worte kosteten sie unendliche Mühe und Überwindung.
    »Doch, das bist du, und dass du kein Einsehen hast, ist nur ein weiterer Beweis deiner Schlechtigkeit!«, beschied ihr der Reisende.
    »Ein weiteres Zeugnis ihrer geistigen Verderbtheit«, fügte die Smythe-Kreatur hinzu.
    »Ich musste töten«, widersprach Aruula dem Reisenden, der wohl die Rolle des Richters in diesem grotesken Prozess übernommen hatte.
    »Musstest du das?« Der Nosfera war unvermittelt wie aus dem Nichts aufgetaucht. »Hatte ich dir nicht angeboten, dich am Leben zu lassen?«
    »Du…«
    »Doch du warst zu einem Akt der Barmherzigkeit nicht bereit! Lieber wolltest du mich verdursten und vertrocknen lassen, als mir auch nur einen Tropfen deines Blutes zu geben!«
    Anklagend wies der Nosfera auf die Wunde, die seinem Leben ein Ende gesetzt hatte. »Lieber hast du mich abgeschlachtet, als über mein Angebot auch nur nachzudenken!«
    »Er hat Recht«, sagte der Reisende. »Und mich hast du abgewiesen, als ich dir meine Hilfe anbot, um zu sehen, ob du noch zur Besserung fähig bist.«
    Aruula krümmte den Rücken noch mehr zusammen und legte die Stirn auf ihre nach wie vor angezogenen Knie. »Lasst mich«, hauchte sie kraftlos. »Lasst mich doch endlich in Ruhe.«
    Sie presste die Lider zusammen.
    »Sieh mir in die Augen!«, forderte der Reisende, und Aruula konnte nicht anders, als der suggestiven Macht seiner Stimme zu gehorchen.
    »Du hast mich weggeschickt. Allein wolltest du sein, und das wirst du auch sein.« Mit diesen Worten löste sich der Reisende auf.
    »Allein!«, bestätigte die Smythe-Kreatur, bevor sie verschwand.
    »Verloren ohne mich.« Spiegelbilds Konturen lösten sich auf, es zerfloss, und die wässrige

Weitere Kostenlose Bücher