1278 - Der Elfahder
aufgehört, sich zu wundern. Noch nie war er einem Wesen begegnet, das derselben Spezies angehörte wie Oogh at Tarkan. Seine Art mußte im Lauf der Jahrtausende entweder ausgestorben sein, oder sie wohnte in unvorstellbar weiter Ferne, an einem Ort, den der Elfahder noch nicht besucht hatte.
Er senkte die Arme und wandte sich in Richtung des Antigravschachts, dessen Einstieg er im Hintergrund der Halle zu erkennen glaubte. In diesem Augenblick hörte er die Stimme.
„Glaubst du, du seist hier willkommen, Elfahder?"
Er hielt an. Ohne darüber nachzudenken, wußte er, daß er die flüsternden Worte nicht auf dem Weg über den Gehörsinn, sondern unmittelbar durch das Bewußtsein empfangen hatte. Er brauchte sich nicht umzusehen. Der, der zu ihm sprach, war seinen Sehorganen - wenigstens vorläufig - nicht zugänglich. Aus der Stimme klang Feindseligkeit. Volcayr begriff, daß er herausgefordert wurde.
„Ich habe den Rang Panish", sagte er laut und mit der Kraft der Überzeugung. „Ich bin in jeder Upanishad willkommen. Wer mir den Willkommen verweigern will, der soll dies offen tun und sich nicht hinter dem feigen Wispern einer psionischen Stimme verstecken."
„Wohl gesprochen und mit der Arroganz eines Elfahders", spottete die Stimme des Unsichtbaren. „Aber überlege dir gut, was du sagst. Man will dich hier nicht. Der Panish Panisha hat dich nicht eingeladen. Du bist ein Eindringling. Du als Panish solltest Besseres zu tun wissen, als unaufgefordert eine fremde Upanishad zu betreten. Was willst du hier?"
Mühsam beherrschte Volcayr seinen Zorn. Er wußte wohl, daß der Unsichtbare die Wahrheit sprach. Er ging einen verbotenen Weg. Dafür mußte er sich Vorwürfe gefallen lassen. Aber es sprach eine Überheblichkeit aus der fremden Stimme, die seine Nervenfasern zum Vibrieren brachte. Niemand hatte das Recht, auf solche Weise mit einem Waffenträger der Krieger zu sprechen.
„Ich suche die Gorims, die man aus unerfindlichen Gründen zum Studium an dieser Schule zugelassen hat", antwortete er.
„Du hältst dich nicht an meinen Rat", tadelte die Stimme. „Du überlegst dir nicht, was du sagst. Weißt du nicht, daß Gorim ein Schimpfwort ist? Wie könnte es Gorims an einer Hohen Schule des Kriegers geben? Was willst du von denen, die du so beschimpfst?"
„Ich will mit ihnen reden", sagte Volcayr.
„Sie aber nicht mit dir", kam die Antwort. „Die Shana unterliegen dem Gebot des Gehorsams. Du bist ein Ungehorsamer. Ich rate dir: Kehr um und verlasse diesen Ort, bevor man dich zur Rechenschaft zieht."
Da mischte sich Hohn in Volcayrs Zorn, und er schrie mit hoher, schriller Stimme: „Wer ist es, der mich zur Rechenschaft ziehen will? Bist du es etwa?"
„Wir sind es", wurde ihm geantwortet. „Wir, die Shana, die du mit einem Schimpfnamen belegt hast."
Im selben Augenblick wurde es noch finsterer in der großen Halle. Volcayr duckte sich unwillkürlich. Er drehte sich nach rechts, nach links, sicherte nach beiden Richtungen. Es dauerte ein paar Sekunden, bis sich die Sehorgane an die veränderten Lichtverhältnisse gewöhnten. In dieser kurzen Zeitspanne trugen die Shana ihren ersten Angriff vor.
Aus der Dunkelheit glitt es heran. Volcayr sah den silbernen Reflex eines Kampfanzugs, wie ihn alle Schüler einer Upanishad trugen. Wie ein Blitz kam der Fremde heran. Volcayr zog den Helm ein und rollte sich zusammen. Er nahm die Schutzhaltung eines Igels ein, um sich Zeit zu verschaffen. Aber der Angreifer ließ sich dadurch nicht beirren.
Es gab einen dröhnenden Krach, der von den Wänden des großen Raumes widerhallte, als er gegen den Panzer des Elfahders prallte. Im Bruchteil einer Sekunde teilte er eine Reihe mörderischer Schläge aus. Dann verschwand er wieder in der Finsternis.
Volcayr rollte ein paar Meter weit zur Seite. Der Aufprall und die Schläge hatten ihn durcheinandergerüttelt. Er war benommen. Er war es gewöhnt, im Kampf selbst die Initiative zu ergreifen. Er wehrte sich nicht: Er griff an. Der Fremde war ihm zuvorgekommen. Volcayr aktivierte den Antigrav und schwebte in die Höhe. Unter sich sah er drei silbergraue Schatten. Mit grimmiger Befriedigung registrierte er, daß die Shana ihm die Ehre zugestanden, die ihm gebührte. Es wäre eine Beleidigung ersten Ranges gewesen, hätte ein einzelner Shana es gewagt, einen Panish anzugreifen. Das Prinzip der Verhältnismäßigkeit durfte nicht verletzt werden. Ein Lehrer war den Schülern zu jeder Zeit überlegen. Der Grad der
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