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1289 - Sterntagebuch

Titel: 1289 - Sterntagebuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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„Ich meine, gibt es für dich hier nichts Sinnvolles mehr zu tun? Gibt es keine Aufgaben, die deine alten Tage ausfüllen könnten?"
    „O doch", sagte Trabban und wickelte seine beiden Tentakel umeinander, als wolle er sie verschränken. „Ich werde mir einen guten Platz aussuchen, wo ich meine Eier ablegen kann, die ich ein ganzes Leben lang mit mir trug. Und dann suche ich mir einen anderen Platz, wo ich meine körperliche Hülle an den Planeten zurückgeben kann. Denn dieser Körper ist nur eine Leihgabe. Und auch meine Nachkommen werden ihrer Heimatwelt zurückgeben, was sie sich geliehen haben. Darüber werde ich wachen, denn mein Geist wird in ihnen weiterleben."
    Wir schritten durch die Grotten, die einander zum Verwechseln glichen. Trabban erzählte uns aus seinem Leben. Dabei vergaß er, uns davor zu warnen, uns zu weit ins Labyrinth zu wagen.
    Ich erinnerte mich zu spät, daß wir schon sehr sehr weit vorgedrungen waren. Bevor ich jedoch in Panik geraten konnte, verriet Irmina mir, daß sie in gewissen Abständen Minisender hinterlassen hatte, die uns den Rückweg zeigen würden.
    In einer Grotte wurden wir Zeugen des Sterbens der Ephytraner. In die Wände waren lauter kleine Nischen gehauen, in die sich die Ephytraner wie zum Schlafen legten. Ich sah einen gebrechlichen Alten, der sich kaum mehr auf den Tentakeln in eine solche Nische schleppen konnte, Einem plötzlichen Impuls folgend, wollte ich hineilen und ihm behilflich sein. Aber Irmina hielt mich wortlos zurück.
    Der Alte schaffte es schließlich aus eigener Kraft. Als ich zu einer anderen Nische blickte, die Minuten zuvor noch offen war, stellte ich fest, daß aus dem Innern eine breiige Masse floß und die Öffnung allmählich schloß.
    „Das ist barbarisch", entfuhr es mir, als ich erkannte, daß sich die Ephytraner selbst einmauerten.
    „Barbarisch?" Irmina schüttelte den Kopf. „Ich sehe es eher als große Gnade, wenn man den Zeitpunkt seines Abtretens signalisiert bekommt, oder ihn selbst bestimmt, um diesen letzten Schritt so würdig wie möglich zu vollziehen."
    Ich hielt es dennoch nicht länger hier aus, obwohl ich wußte, daß ich unrecht hatte. Aber ich konnte dem langsamen Sterben der Ephytraner nicht zusehen. Mir erschien es als eine Art Selbstmord.
    „Trabban", bat ich den Ephytraner, „ich möchte nicht Zeuge deines Abgangs werden. Ich... es widerstrebt mir einfach, dabei zuzusehen."
    „Ich hätte es als Ehre empfunden", sagte Trabban und sah mich mit seinem Stielauge an. „Aber ich akzeptiere deinen Standpunkt. Wenn du dem Tod nicht ins Auge sehen willst, dann verabscheust du es wohl auch, Geburtszeuge zu sein. Auch dafür habe ich Verständnis. Entschuldigt mich, ich ziehe mich zurück. Aber ich komme wieder. Seid ihr gut versorgt?"
    „Unsere SERUNS versorgen uns mit allem Nötigen", erwiderte Irmina. Für einen Moment schien es, als wolle sie dem
     
    *
     
    entschwindenden Ephytraner folgen, aber dann ließ sie es sein.
    „Ich weiß, ich habe mich dumm benommen", sagte ich schuldbewußt.
    „Wie soll ich das nur wieder ausbügeln."
    „Trabban verkraftet diesen Affront gewiß", sagte Irmina.
    Der Ephytraner kam tatsächlich zurück. Er wirkte jedoch kraftlos und kränklich, behauptete dessen ungeachtet aber, daß er sich glücklich wie noch nie in seinem Leben fühlte.
    „Können wir irgend etwas für dich tun?" fragte ich.
    „Ist es zuviel verlangt, wenn ich euch bitte, mir die Zeit zu verkürzen, indem ihr mir aus eurer Welt erzählt?"
    Erst in diesem Augenblick wurde mir bewußt, daß die Ephytraner so gut wie nichts über uns wußten. Vielleicht war es für sie ein Akt der Unhöflichkeit, Neugierde zu zeigen, und ein Privileg der Sterbenden, Fremde über sich zu befragen. Wie auch immer, ich war froh, Trabban diesen Gefallen tun zu können.
    In den nächsten fünf Tagen wechselten Irmina und ich uns darin ab, ihm alles über die Milchstraße zu erzählen, was er wissen wollte. Er wurde es nicht müde, Fragen zu stellen.
    Er schien keinerlei Schlafbedürfnis zu haben, während uns abwechselnd die Augen zufielen, und unsere Erzählungen schienen ihm sogar die entschwindenden Lebensgeister zurückzugeben.
    Gegen Ende der letzten Nacht erhob er sich jedoch unvermittelt und schleppte sich von uns fort.
    „Es ist Zeit für mich...", murmelte er mit schwacher Stimme.
    „Sollen wir dich...?" fragte ich.
    Aber Trabban winkte mit einem Tentakel müde ab.
    „Ihr habt mir mehr gegeben, als ihr euch vorstellen könnt",

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