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1289 - Sterntagebuch

Titel: 1289 - Sterntagebuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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sagte er. Sein Auge sah uns mit trübem Blick an. „Was immer auch der Desotho über euch denken mag, was er auch behauptet, ihr seid nie und nimmer die Sklaven irgendwelcher übergeordneten Mächte.
    Lebt wohl!"
    Wir sahen ihm noch lange nach, bevor wir den Rückweg durch die Lebensgrotte antraten, die gleichzeitig auch die Grabstätte eines Volkes war.
    Zwischen Irmina und mir fiel während des mehrere Stunden dauernden Marsches kein Wort. Ich dachte die ganze Zeit über die Ephytraner und ihren Lebenszyklus nach.
    Die wahren Wunder von ESTARTU waren nicht jene, die uns Stalker gepriesen hatte.
    Wirkliche Wunder waren nicht grell und laut, sie lagen versteckt am Wegesrand, und man mußte sich schon etwas Zeit nehmen, um sie zu entdecken.
    „Wir haben uns wie Touristen benommen, die im Eilzugstempo durch die Galaxien rasen und danach trachten, möglichst viele Sehenswürdigkeiten zu konsumieren", sagte ich, als wir ins Freie traten.
    Der Tag war so rot wie jener Abend, an dem wir gelandet waren. Wir schwebten mittels Antigrav die Klippe empor und bis zum Landeplatz des Beiboots. Zu unserer Überraschung war unweit davon das zweite Beiboot des ASQUASH gelandet.
    Paddagall kam uns in seiner beigen Torso-Kombination mit rudernden Tentakeln entgegen.
    „Wo habt ihr nur gesteckt", rief er uns aufgebracht entgegen. „Dagruun hat mir mit grausamster Folter gedroht, wenn wir nicht schleunigst nach Cursaafhar kommen. Ich kann nur hoffen, daß der Desotho mich nicht bestraft. Und warum das alles? Weil ihr euch das Geschwätz irgendwelcher seniler Sterbegreise anhört."
     
    *
     
    Der Lebenszyklus der Ephytraner ist in drei Phasen unterteilt, und sie sind freigeschlechtlich, das heißt, es gibt während der 2. Lebensphase, mit voranschreitender körperlicher Reife, drei Geschlechter. In der 3. Lebensphase, in der das Molluskenwesen sich zum eigentlichen Ephytraner entwickelt, ist es geschlechtslos.
    Trabban hat seine drei Eier in einem Grottengewässer abgelegt, das nicht reines Meerwasser ist, sondern schon fast eine Nährlösung, so sehr ist es mit Nährstoffen angereichert. Die Bio-Substanzen in den Grottengewässern sind sozusagen eine Hinterlassenschaft der verstorbenen Ephytraner: Trabbans sterbliche Hülle verwest nicht, sondern wird durch natürliche chemische Prozesse aufgelöst und sickert in die Grottengewässer; so sorgt Trabban noch im Tode für die Ernährung seiner Nachkommen.
    Nach etlichen Tagen schlüpfen die Strobila aus den Eiern aus. Sie sind echte Wasserbewohner, wären an Land nicht überlebensfähig. Gleich nach dem Ausschlüpfen suchen die Strobila nach Wegen aus den Grottengewässern. Das dauert seine Zeit, dabei nehmen sie die verflüssigten Nährstoffe in großer Menge auf, wachsen und gedeihen.
    Die Suche nach der Freiheit, der endlosen Weite der Meere, ist gleichzeitig eine Schule des Lebens. Die Strobila lernen ihre älteren Artgenossen, die Neura, kennen und lernen von ihnen, sich mittels Ultraschall zu verständigen.
    Wenn der Strobila den Weg ins Meer gefunden hat, wird er von Neura erwartet und einem Strobila-Schwarm zugetrieben. Der Strobila wächst in der Gemeinschaft auf, behütet von den älteren Artgenossen der zweiten Lebensphase. In dieser Zeit wird ihm alles beigebracht, was er in den gefahrvollen Gewässern zum Überleben braucht. Diese Entwicklungsphase dauert etwa zehn Planetenjahre, und am Ende dieser Entwicklung hat sich Strobila zu einem Amphibiengeschöpf gewandelt und wird Neura genannt.
    Der Neura lernt, seinen Körper derart anzupassen, daß er immer länger an Land leben kann. Die Metamorphose zum Landbewohner schreitet weiter voran.
    Der Neura ist intelligent, allen anderen Meeres- und Landbewohnern haushoch überlegen. Er ist ein guter Jäger. Aber er ist auch triebhaft und aggressiv. Der Neura ist ständig in Positionskämpfe mit Altersgenossen aller drei Geschlechter verwickelt.
    Allmählich erkennt er, daß seine scheinbar irrationale Aggressivität im ungestillten Sexualtrieb seinen Ursprung hat.
    Die Paarungszeit ist die wildeste Phase im Leben des Neura. Neura treiben zu Tausenden in Schwarmformation durch die Meere, umrunden dabei den großen Planeten etliche Male, balgen sich und kämpfen gegeneinander. Doch sind diese Kämpfe nur Schau, haben den Charakter von Ritualen.
    Die Neuraschwärme entsteigen dem Meer und ziehen raufend und kämpf end und sich paarend über das Land, so lange, bis sie abgeklärt genug und reif sind, nach anderen Werten zu suchen.

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