129 - Superbestie Dr. Jekyll
Dr. Santer seinen Mitarbeiter des öfteren mit seiner Vertretung versah.
Santer war noch vier Jahre älter als der zweiundfünfzigjährige Mallory. Der
Arzt, der dieses Institut hier gegründet hatte, befand sich zur Zeit im Urlaub
in Florida.
»Die
Arbeit hier wird nicht weniger, Captain, und wir werden nicht jünger. Doc Santer
schuftet wie ein Junger. Zehn Stunden sind das mindeste. Die ist er
ununterbrochen auf den Beinen … er hatte ein paar Tage Erholung und Entspannung
dringend nötig. Aber Santer will nicht, daß es hier bekannt wird, verstehen Sie
…? Offiziell ist er auf einem Kongreß oder er hält sich angeblich hier irgendwo
im Haus auf … ich nehme an, ich kann Ihnen bei Ihrem Anliegen behilflich sein,
das Sie hierher geführt hat? Ich bin über alles, was auch Dr. Santer weiß oder
wissen müßte, informiert. Wenden Sie sich vertrauensvoll an mich.«
Das
tat Parker, erzählte von dem Mord und der Aussage des jungen Brian Wison und
legte das Phantombild vor.
»Das
Ganze ist nur ein Versuch, Doktor. Wir im Kommissariat wollen uns später mal
nicht den Vorwurf gefallen lassen, etwas übersehen zu haben. Gibt es hier in
der Anstalt einen Mann, der dem Bild, das ich Ihnen hier zeige, ähnlich sieht.
David
Mallory zuckte förmlich zusammen, als er die wilde Gestalt erblickte.
»Captain!«
entfuhr es ihm. »Ich kenne zwar die Auffassung, die im landläufigen Sinn über
Irre und Geisteskranke herrscht, aber so wilde Gestalten laufen dann doch nicht
herum, zumindest hier nicht.«
»Sie
haben diesen Mann also nie gesehen?«
»Ich
sehe ihn heute zum ersten Mal, Captain.«
»Okay.
Das war schon alles, Doktor.« Parker packte die Zeichnung wieder weg. »Dann
entschuldigen Sie bitte mein Eindringen, Dr. Mallory. Ich kann schon wieder
gehen.«
Er
erhob sich, Mallory ebenfalls. Er blickte über seine dünnrandige Brille hinweg
auf den Besucher.
»Es
tut mir leid, Captain. Ich hätte Ihnen gern geholfen.«
Parker
lächelte. »Vielleicht ist es gut, daß Sie mir nicht helfen konnten, Doc. Das
hätte doch nichts anderes bedeutet, als daß Sie einen Mörder hier unter Ihren
Schützlingen haben.«
Mallory
dachte einen Moment nach. Dann lachte er rauh. »Ja, da haben Sie recht.«
Der
große Mann in dem weißen Kittel und dem Rollkragenpullover darunter begleitete
seinen Gast bis an die Tür.
Plötzlich
verharrte Parker in der Bewegung. »Es ist eigentlich Unsinn, es Ihnen zu
zeigen. Aber wenn ich schon mal hier bin …« Mit diesen Worten nahm er ein
zweites Foto aus seiner Tasche und reichte es Mallory. Die Aufnahme zeigte die
Keule.
»Nie
gesehen?«
»Nein,
Captain.«
»Okay,
vielen Dank! Es wäre auch komisch gewesen, wenn Sie die Keule gekannt hätten und
den dazu passenden Mörder nicht.«
Mallory
kam nicht so gut zurecht mit dieser komischen Art von Humor, aber er lachte
dennoch leise, weil er es passend fand.
Parker
war weder enttäuscht noch zufrieden über seinen Besuch. Seltsamerweise hatte er
sich von Anfang an nichts von seinem Weg hierher versprochen. Der unheimliche
Täter, der aus der Steinzeit in die Jetzt-Zeit gelangt war und bei dem wie
durch einen Spalt zwischen Diesseits und Jenseits manchmal der Odem des
Leibhaftigen wehte, mußte demnach ganz woanders zu suchen sein.
Aber
wo?
Es
war gut, daß James Parker in wenigen Stunden mit Larry Brent zusammenkam, einem
Spezialisten für solche undurchsichtige Dinge …
●
Dr.
Mallory stand oben am Fenster und blickte seinem Besucher nach, wie er die
Treppen um das Beet herumging.
Parker
stieg in das batteriegetriebene Fahrzeug und wurde zum Ausgang gebracht. Auf
halbem Weg dorthin begegnete er Fred, der über das ganze Gesicht strahlte, als
er den Besucher wieder erkannte. Er winkte heftig, daß James Parker befürchtete,
Fred würde sich den Arm auskugeln.
Dr.
David Mallory atmete tief durch und näherte sich wieder seinem Schreibtisch.
Das Gesicht des Mannes wirkte fahl. Er schluckte und griff dann mit ruckartiger
Bewegung zum Telefonhörer.
Als
er wählen wollte, zuckte er zusammen.
Er
vernahm ein leises, schabendes Geräusch draußen vor der Tür.
Mallory
hielt den Atem an und legte langsam den Hörer auf den Tisch, ging um seinen
Schreibtisch herum und riß blitzschnell die Tür auf.
Nur
einen Schritt von der Tür entfernt lief Thomas Bigger, der Pfleger, dem Parker
vorhin auf dem Korridor schon begegnet war.
»Mister
Bigger!« Mallorys Stimme dröhnte durch den Flur.
»Ja,
Doktor Mallory?«
Der
junge Mann mit dem
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