1290 - Stalker gegen Stalker
kuttenähnliches Gewand, als ginge sie in Trauer.
„Ich verstehe dich", entgegnete Argyris. „Aber es läßt sich nicht ändern. Abkommen ist Abkommen, und den Nocturnenstöcken ist es egal, wer ihre Galaxis entsorgt. Es ist Paratau für alle da. Das Psichogon besitzt jedoch nicht nur Vorteile. Ich glaube, Nigel Calder wird dir Näheres darüber berichten können."
Er schilderte seinerseits das Ereignis im Zyklop-System. Es war ungewöhnlich, daß ein Nocturnenstock nicht auf die Passagesymbole reagierte und bewußt eine Gefahr einging, indem er in einem Gebiet flog, in dem eine Tauregion kurz vor der beschleunigten Deflagration stand.
„Ich glaube, ich werde den Weisen von Fomax aufsuchen", schloß der Vario-500 in seiner meistgetragenen Maske. „Ich habe einige Fragen an ihn."
„Ich bin einverstanden", sagte Leila und warf ihm einen Kußmund zu. „Du kannst die Zeit nutzen, während der ich auf Terra weile!"
„Adams ruft dich wieder einmal zurück?"
Leila deutete auf die Datumsanzeige an der Wand des Gebäudes. Sie zeigte den 15.6.430 NGZ. „Er hat schleunigst HQ-Hanse aufgesucht, nachdem die Angelegenheit in der Galaxis der Kartanin geklärt war. Er ist nicht gut auf Stalker zu sprechen. Er glaubt, daß dieser ihn buchstäblich verkauft und verraten hat!"
„Kein Wunder bei dem intriganten Verhalten des Gesandten!"
„Ich habe auch einen persönlichen Grund, die Milchstraße aufzusuchen", fuhr Leila fort.
„Ich werde mein Amt als Hanse-Sprecherin abgeben. Jetzt, wo die Kartanin bald wieder hier auftauchen dürften, ist mein Platz in Fornax und sonst nirgends. Maud Leglonde, Carlo Bylk, Syrene Areyn und wie sie alle heißen, haben mir bereits zu verstehen gegeben, daß es ohne mich nur halb so schön ist."
„Dann viel Spaß", wünschte Anson Argyris und fragte sich, ob Leila über seine wirkliche Identität Bescheid wußte. Als Hanse-Sprecherin war das anzunehmen. „Bis bald!"
Argyris lächelte verständnisvoll, als sie verblaßte und verschwand. Es war ein leichtes für ihn gewesen, die Holoprojektion der attraktiven Frau zu durchschauen.
Der Vario beschäftigte sich in seinen Gedanken mit dem Weisen von Fornax. Er rechnete hoch, wie die Antworten dieses ältesten Nocturnenstocks der Kleingalaxie aussehen mochten.
Und er dachte an Stalker, dessen Aufenthalt nicht bekannt war. Welche Rolle spielte der Gesandte ESTARTUS eigentlich?
2.
Das bunte Farbenspiel tanzte einen verwirrenden Reigen auf den Bildschirmen.
Irgendwo draußen zuckten Blitze des psionischen Netzes auf und ließen die sternförmigen Konturen des Schiffes erahnen. Lautlos eilte es dahin, und die Ruhe in seinem Innern täuschte über die Hektik und Nervosität hinweg, die herrschte. Tief im Rumpf hatten sich die Panisha versammelt und lauschten aufmerksam den Worten des Sotho. Stalker verbarg seine Erregung, so gut es ging. Ganz konnte er sie nicht zurückhalten, und er steckte die Panisha an.
Dann aber wechselte das Bild auf dem Schirm an der Rückwand des Raumes. Die flirrenden Linien aus gleichmäßigem Grün machten den kühlen Glitzern der Sterne des Normalraums Platz. Stalker fuhr auf und brachte die Panisha mit einer entschiedenen Geste zum Schweigen. Wortlos verließ er den Raum und suchte den Steuerraum der ESTARTU auf, wo die drei Shana auf ihn warteten. Bei ihrem Anblick wurde das Gesicht des Gesandten übergangslos freundlicher.
„Tschomolungma", sagte er. „Hier hat alles angefangen. Hier haben euch die Panisha ausgebildet. Als erste Shada der Milchstraße habt ihr die Shan-Weihe empfangen. Jetzt kehrt ihr zurück als erfolgreiche Absolventen des vierten Schrittes!"
„Und das haben wir alles dir zu verdanken!" Nia Selegris trat auf ihn zu und berührte ihn beinahe zärtlich am Arm. „Die Upanishad ist unsere Erfüllung geworden. Wir sind glücklich!"
„Ich weiß."
Mehr sagte er nicht. Er tänzelte zu den Anlagen hinüber und beobachtete die Panisha bei dem Steuermanöver. Mit sechzig Prozent LG jagte die ESTARTU in das Solsystem hinein und scherte sich den Teufel um die Proteste der Raumstationen, die den interplanetaren Flugverkehr überwachten. Der Instanzenweg schien diesmal äußerst kurz für irdische Verhältnisse, denn schon bei der vierten Bildverbindung war ein Beamter Terras dran.
„ESTARTU auf dringendem Flug!" sagte Stalker. Seine Stimme quoll über vor Freundlichkeit. Sein Gesicht hatte sich zu einer Grimasse verzogen, die nicht anders als mitleidheischend bezeichnet werden
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