1290 - Stalker gegen Stalker
konnte. „Ziel des Fluges ist Tschomolungma!"
„Auch für den Sotho gelten die Sicherheitsbestimmungen des interplanetaren Flugverkehrs", sagte der Beamte. „Ausnahmen sind nur nach vorheriger Genehmigung durch die regionale Zentralestelle der LFT zulässig!"
„Ich danke dir herzlich. Du bist ein aufrichtiger Freund!"
Die Verbindung brach auf einen Wink Stalkers hin zusammen, und das Schiff raste weiter. Stalkers Mimik veränderte sich übergangslos. Die Shana versuchten, in seinen Gesichtszügen zu lesen. Je länger sie mit dem Sotho zusammen waren, desto besser gelang es ihnen, darin die Stimmungen abzulesen. Etwas schien den Sotho zu bedrücken, aber es wäre unhöflich gewesen, ihn danach zu fragen. Der Kodex lehrte, daß sie abzuwarten hatten, bis er von selbst darüber zu sprechen begann.
Eine Stunde später schwenkte die ESTARTU in eine Kreisbahn um die Erde ein. Sie vollführte die Umkreisung nur halb, dann senkte sich der mächtige Leib des Schiffes abwärts. Noch immer war die ESTARTU sehr schnell, aber die Panisha bremsten jetzt auf normale Werte ab, um die Turbulenzen in der Atmosphäre gering zu halten. Kurz darauf tauchten am Horizont tief unter dem Schiff die ersten Gipfel des Himalaja auf.
Sie wuchsen rasch zu beachtlicher Größe an und füllten bald den Bildschirm aus.
„Dort!" Julian Tifflor deutete auf den hellen Fleck, der sich aus dem Dunst unter den Gipfeln schälte. Sie erkannten die abgetragene Bergspitze und die Nachbildung Neuschwansteins darauf. Ihre Augen begannen zu glänzen, und Domo Sokrat flüsterte ergriffen: „Meine Kleinen, meine Kleinen!" Oder zumindest sagte er es in einer Lautstärke, die er für ein Flüstern hielt.
Tschomolungma war die alte nepalesische Bezeichnung für den Mount Everest. Das Schulgebäude glich dem unvollendeten Schloß des letzten Märchenkönigs bis auf den letzten Ziegel, bestand aber aus einem hellblauen, von innen her leuchtenden Material mit den Eigenschaften einer Ynkelonium-Terkonit-Legierung. Was soviel besagte wie dies, daß nämlich dieses Gebäude so gut wie unzerstörbar war.
Im Schloß waren die Repräsentationsräume untergebracht. Die eigentliche Heldenschule befand sich tief darunter im Berg in den Tiefgeschossen. Stalker ließ die ESTARTU über dem kleinen Innenhof anhalten. Ruckartig wandte er sich an die Shana.
„Yag Veda und Ris Bhran haben Anweisung, wie sie zu verfahren haben", verkündete er. „Sie freuen sich auf eure Rückkehr. Ihr werdet in rascher Folge die nächsten Schritte eurer Ausbildung absolvieren und dann die Dashid-Weihe erhalten. Es wird alles sehr schnell gehen, und ich werde mit euch zufrieden sein."
„Wir danken dir, Sotho", erklärte Tifflor im Namen aller drei. „Es ist nur schade, daß Lelila Lokoshan nicht hier sein kann. Sie trägt den Titel eines Shan in ihrem Nachnamen.
Sie hat Hamosh ebenfalls bestanden und erhielt von dir den Titel einer Shada-Shan."
„Es war ihr eigener Wunsch, in M33 zu bleiben. Aber ich bin sicher, ihr werdet irgendwo wieder mit ihr zusammentreffen. In ihr steckt der Impuls der ruhelosen Sucherin!"
„Was wirst du tun, Sotho? Dürfen wir dich zu Homer G. Adams begleiten?"
„Ich weiß, was ihr damit sagen wollt. Er traut mir nicht mehr. Er glaubt, daß ich ihn hintergangen habe. Nein, das muß warten. Ich habe zunächst Wichtigeres zu tun, als mich um meinen Freund Gershwin zu kümmern!"
Er betonte den Namen Gershwin eigenartig, wie er es noch nie getan hatte. Es klang wie Geishwein. Die drei Shana forschten in ihrem Wissen, ob es ein Sothalk-Wort gab, das so lautete. Sie fanden keines.
„Du hast ihn nicht hintergangen. Das Ränkespiel der Kartanin ist daran schuld", stellte Nia Selegris fest.
Stalkers Haltung drückte Wärme und Zuneigung aus. Er hob die Hände zum Abschiedsgruß.
„Wir sehen uns wieder", versprach er. „Ich werde bald zurückkehren. Ich bin stolz auf euch. Ihr seid meine ersten Shana, die die Dashid-Weihe erhalten werden!"
Er sagte nicht, ESTARTU ist stolz, auch nicht, der Sotho ist stolz auf euch. Er sagte: „Ich bin stolz auf euch!"
Und das, erkannten die drei Shana, war eine besondere Auszeichnung, die die enge Beziehung zwischen ihnen und dem Sotho weiter vertiefte. Es machte sie glücklich.
Sie verließen das Schiff. Ein Antigravfeld beförderte sie hinab in den Innenhof. Über ihren Köpfen raste die ESTARTU in den Himmel hinein, und aus einem der Tore traten zwei Panisha und eilten ihnen entgegen.
Yag Veda und Ris Bhran
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