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1294 - Der kopflose Engel

1294 - Der kopflose Engel

Titel: 1294 - Der kopflose Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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allerdings nicht zu fein und durchsichtig war, sondern bei vergehender Zeit an Dichte zunahm, sodass sich die prägnanten Merkmale hervorschälten.
    Die Nase, der Mund, die Stirn, die Wangen, die im Vergleich zu den anderen hager wirkten. Augen ohne Ausdruck nur beim ersten Hinschauen. Sah ich genauer hin, so entdeckte ich darin ein leichtes Funkeln, und auch der Mund zog sich in die Breite.
    »Er will uns locken, John.«
    »Das denke ich auch.«
    »Und dann?«
    »Ich lass mich gern locken«, sagte ich, bevor ich den Arm nach rechts bewegte, dicht an Jane vorbei, denn ich wollte mit der Hand den etwas entfernten Griff erreichen.
    »Okay, John, ich hole meine Waffe.«
    »Nein, lieber nicht.«
    »Wie du meinst.« Sie trat nur etwas zurück, um mich bei meiner Tätigkeit nicht zu stören.
    Ich drehte den Griff.
    Es klappte wie am Schnürchen. Kein Problem. Ich konnte das Fenster aufziehen. Jane duckte sich, und ich behielt nur den ungewöhnlichen Kopf im Auge.
    Zwei Gesichter. Zwei Münder. Kalte Luft wehte mir entgegen. Es fiel kein Regen, keine Dunstwolken drehten sich durch die Dunkelheit des Hofes.
    Auch jetzt reagierte der Schädel nicht. Er blieb auf seinem Fleck hängen, als hielte ihn ein Band fest. Ich wartete darauf, dass sich der Mund öffnete, um seine Zähne zu zeigen. Es war möglich, dass ich es hier sogar mit einem Vampir zu tun hatte oder mit einem Wesen mit mörderischem Gebiss.
    Gern hätte ich ihn gegriffen. Er war zu weit vom offenen Fenster entfernt. Ich hätte mich schon weit nach draußen lehnen müssen, aber auch dann war nicht sicher, ob ich ihn zu fassen bekam.
    Schießen wollte ich auch nicht. Nur nicht zerstören. Es steckte mehr hinter diesem Auftritt, und das genau wollte ich herausfinden. Deshalb ließ ich ihn in Ruhe.
    Holz oder kein Holz mehr? Hatte es vielleicht eine Verwandlung gegeben? Alles war möglich, aber nichts bekam ich bewiesen. Ich musste mich schon selbst darum kümmern.
    Jane stieß mich an. »Versuche doch, ihn ins Zimmer zu locken, John. Das wäre nicht schlecht.«
    »Und wie?«
    »Wir gehen zurück.«
    Die Idee war nicht schlecht, doch ich war noch vorsichtig. Hinter unserem Rücken hörten wir Mabel Denning heftig atmen. Sie zitterte auch, und sie rieb ihre Füße über den Teppich hinweg, was ich in der schräg stehenden Fensterscheibe beobachten konnte.
    »Tu es, John!«
    Ich wollte Janes Aufforderung folgen, aber es war plötzlich zu spät. Etwas erreichte mein Gehirn.
    Zugleich spürte ich den leichten Wärmestoß auf meiner Brust, den das Kreuz abgegeben hatte. Es war eine Stimme, die mich ansprach, und ich hörte das scharfe Flüstern wie Stiche in meinem Kopf.
    »Der Engel gehört mir… der Engel gehört mir. Meine Tochter gehört mir… denkt daran. Haltet euch zurück. Sonst verliert ihr eure Köpfe… eure Köpfe…«
    Jedes Wort war deutlich zu hören. Beinahe jeder Buchstabe, aber im Gesicht tat sich nichts. Es gab keine Veränderung, da blieb die Starre der beiden Gesichter.
    Und dann verschwand er!
    Es war nichts zu hören, kein Pfeifen, kein Sausen, er jagte einfach in die Luft hinein. Es glänzte auch kein Schein hinter ihm her wie bei einem Kometen.
    Er war weg!
    Jane und ich schauten uns an. Wir sagten nichts, aber beide wussten wir, dass die erste Runde vorbei war, und als Ergebnis konnten wir uns ein Unentschieden auf die Fahne schreiben…
    ***
    Das leise Jammern im Hintergrund sorgte dafür, dass wir aufmerksam wurden und uns langsam drehten. Das heißt, Jane tat es, während ich mich nach vorn aus dem Fenster beugte und den Kopf suchte. Es war ja möglich, dass er sich noch irgendwo auf dem Hof aufhielt, nur versteckt, um dann aus dem Dunkeln wieder hervorzuschießen.
    Nein, da war nichts…
    Die drei einsamen Laternen gaben kaltes Licht ab, als hätten sie es von den Sternen eingefangen. Ich schaute auch auf die Fenster der Häuser auf der gegenüberliegenden Seite. Einige von ihnen waren erleuchtet, die meisten jedoch tauchten hinein in die Dunkelheit und waren nur zu ahnen.
    Ich drehte den Kopf, und es gelang mir, einen Blick in den Himmel zu werfen.
    Dunkel… keine Sterne… kein Abdruck eines Engelskopfes. Er war und blieb verschwunden.
    »Es wird uns allmählich kalt, John. Du kannst das Fenster ruhig schließen, falls nichts mehr zu sehen ist.«
    »Okay, mach ich.«
    Nein, gern tat ich es nicht, aber es blieb mir nichts anderes übrig, weil der Kopf verschwunden war.
    Ein fliegender Engelskopf, in dem ein Geheimnis steckte, das ich erst

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