1294 - Die Botschaft des Elfahders
erfüllt von einem Lichtermeer Ein schimmernder Vorhang hing dort in der Luft, und Fanzi zerbiß einen Fluch zwischen den Lippen. Er kannte diese Art von energetischen Schirmen. Er hatte sie in den Einser-Städten bei Illuminationen beobachtet, während er seinen Tauschgeschäften nachging.
Das Heer der Einser hatte sich Naudris bis auf Rufweite genähert und wartete auf den günstigsten Zeitpunkt zum Angriff.
Hastig setzte Bablen seinen Weg fort. Er dachte an seine Familie und daran, daß sie ungeschützt war. Über ihm rumpelte es. Steine polterten ihm entgegen. Er wehrte sie mit den Unterarmen ab und schützte seinen Kopf so gut es ging. Der Pfad über ihm verlor seine Konturen, er wurde von einer durch den Regen hervorgerufenen Gerölllawine verstopft.
Fanzi strengte sich noch mehr an. Er wich ein wenig vom Pfad ab und zog sich an den teils scharfkantigen Steinen aufwärts. Unzählige Schnitte und Risse zerfetzten die Handschuhe und die Unterarme seines Mantels, Dort wo durch die Anstrengung für Augenblicke die Handgelenke freilagen, schnitten die Steine in die Haut und das Fleisch.
Es machte ihm nichts aus. Meter um Meter kämpfte er sich aufwärts. Er verlor sein Zeitgefühl, und als er endlich die Nische erreichte und den Schatten der Kanone über sich sah, da war es ihm, als sei eine Ewigkeit vergangen. Ein Seitenblick zeigte ihm, daß die anderen Mlironer längst ihre Stellungen erreicht hatten. Er warf sich die letzten Meter vorwärts und kam keuchend bei dem Sprengmeister an.
„Ich will gar nicht wissen, wie du heißt", empfing ihn der Mann. Er war nur unwesentlich älter als Fanzi. „Ich zeige dir, was du zu tun hast!"
Er erklärte ihm den Ablauf des Vorgangs. Er zeigte ihm die Ladung, die im Rohr steckte, und deutete hinauf an den Himmel, wo sich die Aschewirbel weiter nach unten senkten.
„Noch ein paar Längen, dann müssen wir schießen. Das Licht dort drüben gibt das Zeichen. Die Kanonen müssen alle gleichzeitig abgeschossen werden!"
„Ja, es ist gut", schnaufte Fanzi. Er spürte, wie sein Körper sich von der Anstrengung erholte. Er wartete noch ein paar Augenblicke, dann trat er von hinten an den Sprengmeister heran. Er holte aus. Mit einem gezielten Schlag gegen die Halsschlagader schickte er ihn ins Reich der Träume. Behutsam fing er den in sich zusammensackenden Körper auf und bettete ihn ein wenig abseits zu Boden.
Es kostete ihn gewaltige Anstrengungen, die Kanone herumzuwuchten. Er mußte die Standbolzen aus den beiden Vertiefungen ziehen und nach der Wendung wieder hineinschieben. Endlich ruhte das Ungetüm in der Lage, in der er es haben wollte. Er schrie unterdrückt auf.
Von drüben kam das erste Zeichen. Gleich darauf leuchteten überall in den Stellungen Lichter auf. Sie zeigten die Bereitschaft der Kanonen an. Nur die seine fehlte noch.
„Tut mir leid", murmelte Fanzi Bablen. „Ihr müßt warten!"
Die Kanone war geladen und schußbereit. Er mußte sie nur noch ausrichten und arretieren. Er schlug sich die Fingernägel unter den Handschuhen blutig. Er hatte nicht das richtige Gefühl für seine Arbeit. Er riß sich die Handschuhe von den Fingern und warf sich auf das Rohr. Es kippte nach hinten, und er versetzte es in Schwingung. Er beobachtete den Gradmesser. Endlich erreichte er die richtige Stellung und ließ die Bolzen einrasten. Gekrümmt rutschte er herab und zog die Schrauben zu. Ein letzter Druck gegen das Feuerloch und den Regenschutz der Zündschnur, ein Griff nach der Fackel.
Fanzi Bablen gab das Zeichen.
Drüben wurde es erwidert. Das nächste Lichtzeichen würde rot sein. Dann mußte er sofort die Schnur zünden. Er hielt die Fackel unter die Schnur.
Die rote Flamme leuchtete auf. Fanzi zündete. Er beobachtete, wie der Funke an der Schnur entlangeilte.
Bablen warf sich zur Seite und über den Sprengmeister. Er hielt ihm die Ohren zu und preßte ein eigenes gegen den Fels, das andere mußte die Mütze schützen. Die Zündung erfolgte. Ein Donnerschlag kam aus der Kanone. Das Geschoß hatte die Mündung bereits verlassen und raste an der Bergflanke entlang das Tal hinauf, seinem Ziel entgegen.
Fanzi spürte, wie ihm das freie Trommelfell platzte. Es störte ihn nicht, daß er auf einem Ohr nichts mehr hörte. Er sprang auf und verfolgte den Weg der Sprengladung. Sie flog empor zum Haupthang des Kalarades, der das Tal an seiner Oberseite abschloß. Dort oben lag der eigentliche Vulkankrater, ein See aus glühender Lava, dessen Flanke wie eine
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