1298 - Der Gorim von Aquamarin
wollte er die Tage der Langeweile wenigstens in ansprechender Umgebung verbringen. Die Suite, in die er sich einmietete, hatte eine Gesamtfläche von mehr als 400 Quadratmetern und bot jede nur erdenkliche Bequemlichkeit. Die Räume gingen nahezu nahtlos ineinander über, nur durch die Andeutung von Trennwänden gegeneinander abgeteilt. Das Bad war in eine Dschungelszene gebettet. Das Bett war eine hygroaktive Automatik, die selbst den in Schlaf wiegte, der gar nicht müde war. Für Speisen und Getränke wurde von einem Robotsystem gesorgt, das selbst den ausgefallensten Wünschen gerecht zu werden verstand. Das Ganze kostete Bull 120 Fedha pro Tag. Fazzy Slutch hatte den bei der Einreise erzielten Gewinn brüderlich mit ihm geteilt. Auf Bull waren - nach Abzug einer zehnprozentigen Provision, die Fazzy für sich beanspruchte - 3150 Fedha entfallen. Damit konnte er es eine Zeitlang aushalten.
Fazzy selbst hatte übrigens ein anspruchsloseres Quartier gewählt, das allerdings noch immer einer terranischen Nobelabsteige Ehre gemacht hätte. Er mußte sich mit 200 Quadratmetern Wohnfläche und ein bißchen weniger Komfort begnügen und bezahlte dafür 55 Fedha am Tag.
Bulls Suite war mit Anschlüssen für alle gängigen Methoden der modernen Kommunikation ausgestattet. Nachdem sein Gepäck von der LIVINGSTONE angeliefert worden war, stellte er eine Verbindung zur EXPLORER her und berichtete mit knappen Worten über seine bisherigen Erlebnisse. Irmina Kotschistowa, erfuhr er, war noch immer nicht aus ihrem Labor an Bord der ÄSKULAP aufgetaucht. Er ermahnte Stronker Keen, mit dem Schiff im Orbit zu bleiben und alles, was Aufsehen erregen könnte, zu vermeiden.
„Den Kode Zet sieben Be lassen wir am besten in Ruhe", sagte er. „Wozu teures Geld für etwas ausgeben, was wir nicht brauchen? Ich rechne fest damit, daß Volcayr sich im Lauf der nächsten vier bis fünf Tage melden wird. Die LIVINGSTONE bringt mich zu euch zurück."
Ohne es zu wissen, hatte er mit dieser Anweisung bewirkt, daß ihm im entscheidenden Augenblick ein Fluchtweg offenblieb.
Er nahm ein Bad. Er gönnte sich einen Imbiß. Er ließ es zu, daß die Müdigkeit in ihn hineinkroch und sich in seinem Körper ausbreitete. Er vertraute sich der hygroaktiven Automatik an und ließ sich von tausend winzigen Mechanismen die Haut massieren. Und während der Schlaf sich allmählich über ihn senkte, dachte er an die Dinge, die sich während der vergangenen Wochen ereignet hatten.
Dagruun, der Ephytraner, hatte Irmina Kotschistowa und Reginald Bull an Bord seines Schiffes SAPPHAM aus der großen Kalmenzone gebracht. Ziel des Fluges war das Vosgor-System, wo sich seit einiger Zeit die Virenschiffe EXPLORER, ÄSKULAP, LIVINGSTONE und seit jüngstem auch Srimavos KOKON befanden. Als die SAPPHAM das Vosgor-System erreichte, war jedoch die LIVINGSTONE mitsamt dem größten Teil der Besatzung der EXPLORER bereits verschwunden. Stronker Keen und Lavoree, die als einzige an Bord der EXPLORER zurückgeblieben waren, erzählten eine verworrene Geschichte von einem Elfahder, der von Jas-Tenn auf Neu-Mliron, dem dritten Planeten des Systems, aufgelesen und mit zurückgebracht worden war. Von einem Rendezvous mit einem Gorim war die Rede gewesen, das auf einer Welt namens Bonfire stattfinden sollte. Bull war versucht gewesen, der Spur sofort zu folgen. Aber schließlich hatte er eingesehen, daß es andere, ebenso wichtige Dinge gab, die es zuerst zu erledigen galt.
Auf Neu-Mliron war die Gorim-Station gelandet, die vor kurzer Zeit mit soviel Mühe und unter ständiger Bedrohung durch die Somer auf dem Planeten Mliron wieder flott gemacht und gestartet worden war. In dieser Station, so schien aus Stronker Keens Bericht hervorzugehen, hatte die Begegnung zwischen Jas-Tenn und dem geheimnisvollen Elfahder stattgefunden. Er mußte die Station noch einmal in Augenschein nehmen.
Die darauffolgenden Tage waren hektisch gewesen. Die Gorim-Station war deaktiviert worden. Tot und verlassen lag sie in der Einsamkeit von Neu-Mliron. Dagruuns Traum, daß die Gorims sich wieder zeigen würden, sobald die Station aus der psifeldfreien Kalmenzone von Siom Som befreit worden war, schien sich fürs erste nicht realisieren zu wollen. Immerhin hatten Irmina Kotschistowa und Reginald Bull im Innern der Station ein Holopak gefunden, das sie staunend als terranisches Produkt identifizierten. Jas-Tenn und seine Begleiter mußten es zurückgelassen haben. Sie aktivierten den
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