13 alte Esel
Chaussee, so viel sind mir die Esel nun wieder nicht wert. Rechnen Sie mal aus, was das kosten wird: Maurer, Schreiner, Dachdecker, Anstreicher — nein, da geben wir sie lieber den Winter über zu Müntes .«
»Ich kann mauern. Mit dem Lot. Und elektrische Leitungen mach’ ich aus dem Effeff .« Leo sah Don Chaussee flehend an.
»Au ja, und wir streichen an, nicht, Hubert? O Großvater, prima !« fiepte Ferdi hüpfend.
»Mit so vielen großen Jungens! Ich erinnere mich, daß wir früher unseren Ziegenstall auch selbst gemacht haben. In dem Alter kann man doch alles !« Der Tierschutzverein wurde zusehends jünger, und auf einigen Gesichtern spiegelte sich sehnsuchtsvoller Neid. Sich mal wieder einmal so richtig dreckig machen und blaue Nägel vom Hämmern haben, das müßte herrlich sein.
»Tja«, sagte Herr Ess bedauernd, »trotzdem geht es nicht. Wer soll die Arbeit denn überwachen? Wenn unser guter Don Chaussee nicht fortginge, hätte ich nichts dagegen gehabt, aber der ist ja nur zu Besuch hier. So wird also wohl nichts draus. Tut mir leid, Kinder !«
Enttäuschung und Betroffenheit spiegelten sich auf den Gesichtern. Andreas wurde kreideweiß. Was würde aus Habakuk werden, wenn Don Chaussee wegging? Die Kletten hielten sich bei den Händen und ahnten mehr, als sie verstanden. Leo knurrte vernehmlich: »Scheiße !«
»Pöh, denn eben nicht !« sagte Hubert ungezogen. Seine Miene war augenblicklich wieder mißmutig und stur. So war das eben: Mal durfte man was, mal wurde es einem wieder verboten. Warum, weshalb, das erzählte einem niemand. Das mußte man sich einfach gefallen lassen.
Ferdis Augen standen voller Tränen: »Och, warum gehen Sie denn weg? Kann er nicht hier bleiben, Großvater? Und die Esel?«
Hubert lachte häßlich. »Flennliese!« Als ob es Zweck hätte, die Leute um was zu bitten! Die kamen und gingen doch, wie es ihnen paßte. Biederten sich mit einem an, hielten lange Vorträge und hauten dann wieder ab. Pff. Bloß gut, daß der ihn noch nicht restlos schlapp gemacht hatte mit seinen blöden Mätzchen, der Hammel.
Don Chaussee strich Ferdi beruhigend über den Schopf. »Der Großvater wird schon wissen, was er will«, sagte er, der selber nicht recht wußte, worauf Herr Ess abzielte. Er kannte ihn gut genug, um zu ahnen, daß er etwas im Schild führte. Irrte er sich, oder war, als er zu sprechen begann, in den Augen vor ihm ein erwartungsvoller Schimmer aufgeblitzt? Nach seinen Worten jedenfalls blickten sie alle wieder kalt an ihm vorbei.
Hubert und Leo wandten sich schulterzuckend zum Haus, die Hände in den Hosentaschen vergraben. Leo pfiff laut und frech. Hubert schleuderte mit dem Fuß einen Stein in die Küche. Andreas ging zur Eselsweide. Franziska zerrte die Kletten grob hinter sich her.
»Tja«, sagte Herr Ess gedankenvoll hinter ihnen dreinschauend, »tja, so sieht das aus, wenn man ihnen einen Herzenswunsch abschlägt. Keiner revoltiert. Ein paar rüde Bemerkungen, aber kein leiser Versuch, einen umzustimmen. Ich bezahle Essen und Trinken, und dann kann ich mit ihnen machen, was ich will .« Er schlug Don Chaussee leicht auf die Schulter. »Kommen Sie«, bestimmte er, »hier draußen regnet es, und drinnen kriegt man vor lauter Kinder kein Bein an den Boden. Nehmen Sie Ihre Zahnbürste unter den Arm und fahren Sie mit uns in die Stadt zurück. Ich habe das Gefühl, als hätten wir beide mal in aller Ruhe eine Menge miteinander zu besprechen .«
14. Kapitel
Der restliche Tag zerrann Frau Martha dumpf und trübe zwischen den Fingern. Als sie sich niederlegte, regnete es noch, und jedesmal, wenn sie aus unruhigem Schlaf auffuhr, hörte sie draußen das eintönige Fallen der Tropfen. Am anderen Morgen war jeder Laut verstummt. Dichter Nebel quoll vor den Fenstern. Er schloß das Haus ab von der Außenwelt, daß es auf seinem Hügel wie eine Arche durch die Lautlosigkeit schwamm. Frau Martha versuchte, sich auf ihre Pflichten zu konzentrieren, aber ihr war, als sauge der Nebel ihr die letzte Kraft aus dem Körper. Sie fühlte sich matt und zerschlagen, ausgelaugt von der Angst und dem Warten auf das Ende. Als ihr ein graugelbes Wollknäuel vor die Füße rollte, bückte sie sich gleichgültig und brachte es ins Jungenschlafzimmer zurück, von wo es gekommen war. Erst beim Loslassen kam ihr zu Bewußtsein, daß es ein Hund war, den sie vage mit dem Tierschutzverein in Verbindung brachte.
»Er gehört mir«, sagte Hubert halb trotzig, halb verwundert über ihr
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