13 alte Esel
genug aus, aber untersucht werden muß er doch .«
Die Kinder sahen mit Spannung zu, und als das Experiment dem Scheitern nahe war, stießen sie sich unterdrückt kichernd an. Leo knallte sich wiehernd auf den Schenkel; selbst die Kletten zappelten vergnügt, als sie begriffen, daß die Männer all das Hin- und Herlaufen und Rufen und Schimpfen vollführten, um an Ephraim heranzukommen, der jedesmal, wenn ihm einer zu nahe kam, mit schrecklichem Schnauben auf ihn losfuhr. Don Chaussee freute sich ganz unpädagogisch für Hubert, und er drückte in der Hosentasche den Daumen, daß sie ihn nicht kriegten.
Schwitzend gab der Doktor es auf. »Satan!«
Hubert lümmelte sich frech an ihn heran. »Soll ich mal ?« fragte er mit einer Kopfbewegung auf den Esel hin. Don Chaussee war sich durchaus bewußt, daß der Bengel für ein so offenkundig unverschämtes Benehmen eine Ohrfeige verdient hatte, beruhigte sich aber damit, daß er ihn später schon noch erziehen werde.
Hubert zog mit weiter Geste ein Taschentuch aus der Hose, das nur ein Esel noch für weiß ansehen konnte, und schritt, die Erwachsenen mit einer Handbewegung zurückwedelnd, geradeswegs auf Ephraim zu, drängte ihn in seine Ecke, hielt ihm das Tuch unter die Nase und ergriff den Halsstrick.
»Bleiben Sie nur da !« rief er dem Doktor großmütig zu. »Ich bring’ ihn ‘rüber .«
Ephraim ließ sich die Untersuchung zwar zitternd, jedoch infolge des dunkelweißen Taschentuches ohne Beißen gefallen, indes Ferdi stolz die Geschichte seiner Zähmung zum besten gab. Der Doktor klopfte Hubert anerkennend den Rücken und vergaß seine Niederlage. Um auch den letzten Rest von Peinlichkeit zu beseitigen, begann er unverzüglich, einen Vortrag über die Schwierigkeiten des Umgangs mit Beißern zu halten, der bewirkte, sowohl ihn vom Vorwurf der Feigheit zu befreien wie Huberts Leistung um so glänzender herauszustellen.
Herr Ess wußte persönlichen Mut plus Nachdenken zu schätzen. Er sagte spontan: »Mein Junge, du darfst dir was wünschen .«
Der Satz hatte eine unerwartete Wirkung auf Hubert, den Großmäuligen. Er schuffelte mit den Füßen vor Verlegenheit und wand sich kläglich. Zweimal setzte er zum Sprechen an, hörte seufzend wieder auf und machte sein verdrossenstes Gesicht, was die Umstehenden nicht eben angenehm berührte.
»Undankbarer Flegel !« stand deutlich in einigen Mienen zu lesen. Huberts Backen brannten röter als seine Haare. So was Blödes! Wie sollte er denn wissen, was der sich unter einem Wunsch vorstellte? Nachher war’s zuviel, und dann hatte man seinen Anraunzer weg, weil man unverschämt gewesen war.
»Na?« Herr Ess wollte dem Jungen eine Freude machen, ohne dafür länger im Regen stehen zu müssen.
Ferdi flitzte zu Hubert hin und flüsterte ihm etwas ins Ohr, woraufhin Hubert krampfhaft nickte und die Blicke in den Boden bohrte, als wolle er sie für alle Zeiten dort festschrauben.
»Ich weiß es, Großvater«, gellte Ferdi triumphierend, »so ‘nen — so ‘nen kleinen von Bormanns, so ‘nen...«
»Spitz«, sagte Don Chaussee.
»Hund«, vollendete Ferdi fiepend.
Hubert stand wie angefroren inmitten der gespannt schweigenden Kinder. Das Wasser lief ihm im Mund zusammen, wenn er daran dachte, was man mit einem intelligenten jungen Hund alles anfangen konnte, wenn — ja, wenn!
»Einen Hund wünscht er sich! Haben Sie das gehört ?«
Die Stimme klang alles andere als entrüstet. Hubert wagte einen knappen Blick nach oben. Was er sah, brachte ihm erneut die Unberechenbarkeit von Erwachsenen zu Bewußtsein. Herr Ess strahlte wie ein Weihnachtsbaum, die Tierschutzvereinsvorsteher strahlten wie ein Wald von Weihnachtsbäumen, und ein Hagel zustimmender Püffe und Ausrufe ging auf ihn nieder. »Ein Hund, jawohl, das ist richtig, so sollten Jungen sein! Weiß gar nicht, wieso man immer davon spricht, daß sich die Jugend nur für Technik interessiert. Gerede, nichts als Gerede, sage ich! Man sieht’s ja, wenn man sie fragt, wollen sie Tiere. Ist immer dasselbe, meine sind genauso! Junge Hunde gehören zusammen, was ?« Noch ein Klaps auf die Schulter, Gelächter über die letzten Worte, einhellige Zufriedenheit.
Total verrückt, dachte Hubert. Freilich beschäftigte ihn der Gedanke nur Sekunden, ehe er mitten durch die nassen Büsche am Wiesenrand sauste, Ferdi mit hängender Zunge hinter sich, und am Ende eines in beachtlicher Zeit heruntergespurteten 300-m-Laufs Oma Bormann in der Tür des Hühnerstalls so
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