13 alte Esel
Geschmack. Im Grunde hatte er nicht mal etwas gegen Tiere, es paßte ihm nur nicht, daß die Erwachsenen so ein Geschrei darum machten. Er packte die doch alle in die Tasche, wenn es darauf ankam: das Würstchen Andreas und die falsche Katze Änne und den zappeligen Strich Ferdi. Na, und mit Hubert nahm er’s auch noch auf. Jawohl. Konnte sein, daß der Rote schlauer war, aber stärker war er. Darauf kam es im Leben an. Der Stärkere hatte immer recht. Trübe Tassen, alle zusammen! Er kratzte wütend mit dem Bleistiftstummel auf seinem Borstenkopf herum, als ein paar Gesprächsfetzen ihn aufhorchen ließen.
»...der geht ins Pastorat .«
»Macht immer noch sieben .«
»...doch keinen Platz...«
»Zu Bormanns geben...«
»Habe ich schon mit gesprochen; der hat selbst in diesem Jahr zuviel Jungvieh .«
Aha, sie wußten nicht, wo sie im Winter mit den Eseln hin sollten. Leo hörte auf zu kratzen und polierte statt dessen mit seinem dicken Po unruhig den Stuhl. Er hatte längst darüber nachgedacht, aber ihn fragte ja niemand. Pöh, denn nicht!
Don Chaussee hatte Leo wie eine mürrische Bulldogge in der Ecke sitzen sehen und das eifersüchtige Knurren gehört. Jetzt sah er, wie Leo sich die wulstigen Lippen leckte wie eine Bulldogge, der ein Knochen, vor der Nase baumelt, und sich abwechselnd mit den Händen über die Schenkel rieb. Dabei schielten seine kleinen Schweinsaugen verlangend zum Tisch hin. Er rieb mit dem Zeigefinger die Nase entlang, bohrte ihn in die Nase, kratzte sich die Borsten, daß man es richtig schaben hörte — kurz, er hatte offenkundig etwas auf dem Herzen.
»Leo, komm doch mal ‘rüber .«
Leo rollte eilig heran, die Unterlippe vorgeschoben und die Hände diesmal am Po reibend. Halb verlegen, halb mißtrauisch. »Wegen dem Stall, mein’ ich«, grunzte er, nur Don Chaussee verständlich. »Du meinst, du weißt einen Stall ?«
»Hm.«
»Wo?«
Leo zuckte mit Kopf und Achseln in die gleiche Richtung. »Hinter der Pumpe, im Büschchen.«
»Da kann doch nichts mehr stehen .« Herr Ess erklärte: »Früher hatte meine Frau mal vor, ein kleines Gewächshaus dort zu bauen, aber die Fundamente standen kaum, als uns schon klar wurde, , daß es mit der Beheizung nicht recht klappen würde. Da blieb das Ganze dann liegen und verwilderte. Schon zu meiner Zeit konnte man vor Brombeerranken und Gras nichts mehr sehen .«
Nichts mehr sehen ist gut, dachte Leo. So ‘n halbes Haus mit dreißig Zentimeter hohen Mauern und festem Boden soll unsereins nicht am ersten Tag schon finden? Als ob die paar Brombeeren einem das verbergen könnten. Wo käme der Mensch denn hin, wenn er sich nicht gründlich umsähe? Aber da hatte man es mal wieder: reiche Leute. Die hatten’s nicht nötig, die Augen aufzusperren. Er schnaubte verächtlich.
»Gehen wir hin«, entschied Herr Ess, der ohnedies schon zu lange gesessen hatte. Er sprang auf, und ehe es sich die anderen recht versahen, standen sie schon wieder im Regen auf der Terrasse und folgten dem gar nicht mehr mißmutigen Leo durch das nasse Gestrüpp. Leo riß mit den bloßen Händen die Brombeerranken von den Steinen, so daß die Anlage in den Umrissen erkennbar wurde. Don Chaussee sog nachdenklich an der Pfeife. »Gut«, nickte er, »das geht. Sechs Meter lang und etwa drei Meter breit sind die Fundamente. Da ziehen wir die Mauern hoch, sparen Platz für fertige Eisenfenster aus und zimmern eine Tür. Für das Dach muß uns Förster Kösters ein paar Stämmchen als Querbalken geben, und auf die nageln wir Kistenbretter. Sie haben doch sicher einen Haufen dicker Kisten in der Fabrik ?«
Herr Ess, der Don Chaussees Taktik noch nicht kannte, wiederholte konsterniert: »Kisten? Ja, schon, aber das ist bezahltes Leergut .«
»Macht nichts«, versicherte Don Chaussee freundlich. »Wir streichen Karbolineum darauf und decken es mit Pappe ab. Das mach’ ich schon, da rede ich mal mit Große-Witte, der hat genug davon herumliegen. Eine Lage Teer noch, und schon ist der Stall fertig. Für sieben kleine Esel reicht er .«
Herr Ess blickte etwas hilflos rundum.
»Für Esel reicht er«, bestätigte der Tierarzt, der seinen Gesichtsausdruck mißverstand.
Der Zuhörerkreis war um einige gespannte Teilnehmer gewachsen. Hubert, Andreas, Ferdi und Franziska hatten die Debatte vom Schlafzimmerfenster aus verfolgt und kamen nun herausgesprungen, um die Entscheidung in der Nähe abzuwarten.
Herr Ess sah es. Unmerklich zwinkernd wehrte er ab: »Mein bester Don
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