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13 alte Esel

13 alte Esel

Titel: 13 alte Esel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Bruns
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sie ist bestimmt mit dem Omnibus weg.« Es wurde ihr allmählich unheimlich. Die Chefin schien nichts zu hören, und sie guckte so merkwürdig an ihr vorbei, als ob sie auch nichts sähe. Wär’ doch bloß der Mann nicht weggegangen! Bei ihm schmolzen die Schwierigkeiten dahin wie Schnee in der Sonne. »Die Kletten haben gesehen, wie Änne heute nachmittag das Heck aufgemacht und alle Esel in den Wald gejagt hat«, schloß sie eilig.
    »Einen nicht«, verbesserte Berndchen ernst und wichtig, »einen is kaputt .«
    Frau Martha stand an der Tischkante. Sie rang und wußte nicht, um was. Sie kämpfte hilflos darum, bis zum letzten Moment ihre Pflicht zu tun, auf ihrem Posten zu bleiben, bis Herr Ess sie entließ. Sie wußte nicht, wie diese Pflicht zu tun war, aber in all den Wirren war das bloße Wort »Pflicht« wie ein Pfeiler, an den sie sich klammerte. Pflicht ging über alles, über die bleierne Müdigkeit, über den Zorn und die ratlose Dumpfheit in ihrem Innern. Doch stärker noch war die Angst. Nach jedem neuen Schlag gewann sie an Boden, und bei Berndchens Worten schlug sie wie eine Woge über ihr zusammen. »Was ist kaputt ?«
    Bubi wollte auch was sagen, »‘n Esel«, erläuterte er, »Malwine ihrer .«
    »Malwine ihrer.«
    Tonlos formten ihre Lippen die Worte nach. Die Geräusche in ihrem Kopf setzten aus und gaben lähmender Stille Raum, einer Stille, die so dicht war, daß sie das Krachen und Poltern nicht hörte, das eben jetzt aus dem Haus drang. Irgendwo schrie Gerda spitz und gellend, und Schwester Monika stürzte, die Kletten an der Hand und Franziska hinter sich, aufgeregt dem Schauplatz des neuerlichen Malheurs zu. Sie sah und hörte nichts außer dem einen: Sie hatte den Esel umgebracht. Mit einer Bratpfanne! Taumelnd wandte sie sich um und schleppte sich nach draußen, auf die Wiese.
    Vor ihren verschwimmenden Blicken schmolzen die schielenden Kinderaugen und das milchigblaue blinde Eselsauge in eins, wurden zu dem Blick, der sie Sonntag nacht aus dem Schlaf gerissen hatte, zu jenem vorwurfsvollen Blick, der den Panzer ihrer Selbstgerechtigkeit durchbrochen hatte.
    Sie bückte sich zu dem grauen Körper hinab, der in der Wiesenecke lag, und betastete ihn bebend. Die Ohren waren schlapp nach vorn geklappt, die Augen geschlossen. Sie hatte ihn umgebracht. Ein trockenes Schluchzen zwängte sich durch ihre Lippen. »Das habe ich nicht gewollt«, stöhnte sie, »das habe ich nicht gewollt, wahrhaftig nicht. Ich wollte doch nicht...« Nein, sie hatte es nicht gewollt. Ihre Gedanken sprangen ab, wie jetzt immer. Der Esel und Malwines Augen, Andreas’ dünne Schultern und die roten Flecken auf Uwes Babyhaut, sein angstverzogenes Mäulchen, die Scheu der anderen und ihr Grollen — sie hatte nie daran gedacht, und nun konnte sie nichts anderes mehr denken. Das hatte sie alles nicht gewollt, und doch geschah es.
    Sie wehrte sich wild: Die Kinder und die Esel waren Taugenichtse, die der harten Zucht bedurften. Sie hatte den Esel aus der Küche verjagt und die Kinder streng erzogen; das war nur richtig gewesen. Sie war ganz und gar im Recht. Ihr Rücken versteifte sich, bis sie in den Händen die mageren Jungenschultern zu spüren vermeinte und den Duft nach Milch und Seife roch, der aus Uwes Haaren hochstieg. Sie hatte recht, solange sie im starren Abstand lebte; sowie sie näher kam, die Kinder fühlte, ansah, war sie im... Nein, sie war nicht im Unrecht.
    Ihre kräftige Gestalt schwankte unter diesem letzten Ansturm: unrecht zu haben. Sie, die ihr Leben lang nur der Pflicht gelebt, sich schwer arbeitend für andere gemüht hatte, Tag und Nacht, sie sollte im Unrecht sein gegenüber einem Haufen verlotterter Esel und nichtsnutziger Verbrecherkinder? Wenn es das gab, wenn so etwas möglich war, dann wollte sie im Unrecht sein! Jawohl. Lieber im Unrecht, als...
    »Martha, um Himmels willen, bist du krank ?« Don Chaussees Stimme klang ehrlich erschrocken. Er rüttelte sie leicht am Arm.
    Sie fühlte, wie sich ihre Handflächen mit kaltem Schweiß überzogen, fühlte sich eingeklemmt zwischen dem Esel und dem Mann, der so unvermittelt neben ihr auftauchte. Sie wollte beide anschreien: Lieber im Unrecht sein als ein so unsinniges Recht anerkennen! »Ich habe ihn umgebracht«, sagte sie statt dessen und konnte den Blick nicht von dem grauen Körper lösen.
    Don Chaussee lauschte ihrem fetzenhaften Bericht. Schwester Monika hatte ihm eben das meiste schon erzählt, während sie ihn aufgelöst vor das wüste

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