13 alte Esel
ganz in ihrem Element. Vergessen war der Ärger der letzten Woche, das Gefühl nahender Bedrohung, der Unwille gegen den Besuch der Nachbarn. Wenn sie kommen wollten, ihre Tüchtigkeit Zu erproben, dann nur her mit ihnen!
Schwester Monika vergaß zu gähnen, als sie die warme Küche betrat und die Chefin an einem Samstagmorgen in einem frischen Kittel vor dem Herd stehen sah, straffer als seit langem, mit geröteten Wangen, ein seltsames Licht in den Augen.
»Ah, Monika, gut, daß Sie pünktlich sind! Machen Sie die Kinder heute besonders flott fertig, wir haben eine Menge zu tun. Herr Ess gibt morgen mittag der Nachbarschaft und einigen Herren aus dem Dorf ein Fest — ja, ja, hier«, erklärte sie auf den erstaunten Ausruf der Jüngeren, »aber nun halten Sie nicht Maulaffen feil, wir sprechen später noch ausführlich darüber. Lassen Sie Uwe lieber ein bißchen länger liegen, und sehen Sie zu, daß die Großen aus dem Haus kommen .«
Selbst beim Waschen und Kämmen der Kletten fiel Schwester Monika nicht in ihre gewohnte Morgenschläfrigkeit zurück. Gestern abend war sie mit Herrn Müller im Kino gewesen. Die Ankündigung traf sie ganz unvorbereitet, und so lauschte sie nun mit den Kleinen durch die offene Badezimmertür nach nebenan, wo im Jungenschlafzimmer Ferdi den anderen begeistert erzählte, wie wundervoll die Feste waren, die sein Großvater aufzog.
»Neujahr war ich mal da, als ‘ne Menge Gäste eingeladen waren, und in den Zimmern hingen prima Papiergirlanden, und hinterher zogen wir alle Knallbonbons und...«
»Kenn’ ich«, brummte Leo dazwischen, »mach nich so ‘nen Wind. Fünf Pfennig pro Stück und denn mit dem Absatz druff — peng !«
»Rindvieh«, bemerkte Hubert aus dem Bett, »das sind doch Knallkorken. Knallbonbons sind stinkteuer .«
»Hm, rosa und himmelblau, aus Kreppapier mit Fransen, und dann is was drin — in meinem war mal ‘n Negerbaby, so groß wie mein Daumen, mit ‘nem winzigen richtigen Schnuller; es gibt aber auch welche mit ulkigen Gedichten drin oder mit silbernen Fingerringen oder Papiertüten zum auf den Kopf Setzen. Und auf Bestellung kriegt man noch feinere, da ist dann alles drin, was man sich nur wünscht .«
Ferdi redete wie ein Wasserfall: von Pralinen und Sekt und Erdbeerbowle und Grammophonplatten und komischen Pfänderspielen und spannlangen Blumentöpfen mit Papierblumen, die man anzündete, worauf sie unter Gezisch und Gestank bis an die Decke wuchsen, und von Feuerwerkszigarren und Bleigießen und fünfzig weiteren Herrlichkeiten...
»Dies ist mein Fest !« sagte unterdessen in der Küche Frau Martha nachdrücklich, »ich möchte, daß du dich völlig heraushältst. Ich trage die Verantwortung für das Gelingen; kümmere du dich meinetwegen um deine Esel .«
»Sicher, sicher«, stimmte Don Chaussee bereitwilligst zu, »und wenn ich dir irgendwie helfen kann, brauchst du es nur zu sagen .«
Es war ein Zeichen ihres völlig veränderten Seelenzustandes, daß sie darauf nicht scharf oder bitter, sondern beinahe freundlich antwortete. »Vielleicht könntest du die Nachbarn einladen? Und später müßte noch Verschiedenes aus dem Dorf geholt werden .« Sie unterbrach sich, um den hereinkommenden Kindern eiligst die Pfannkuchen auszuteilen und ihnen eigenhändig die Schulbrote in die Mappen zu packen.
»Sicher«, murmelte er wieder, etwas verwundert über die umgeschlagene Stimmung. Gestern abend schien sie das Fest und erst recht die Nachbarn nicht ausstehen zu können. Ob sie mittlerweile die Wichtigkeit dieses ersten Zusammentreffens der Kinder mit den Leuten der Umgebung begriffen hatte? Wie sollte sie, die Städterin, auch wissen, wieviel Wert man auf dem Land auf möglichst engen Kontakt legt?
Nur ihre Hast begriff er nicht. Eine Schüssel Kartoffelsalat und ein paar Büchsen Knackwürstchen mußten ja nicht schon in aller Herrgottsfrühe des vorhergehenden Tages gemacht werden. Er zwinkerte Ferdi zu und machte sich mit ihm aus dem Staub, auf den Rundgang zu den Nachbarn.
Frau Martha schob indessen das Frühstücksgeschirr energisch zurück, legte Block und Bleistift auf den Tisch und vertiefte sich in die Vorbereitungen. Ein wahrer Arbeitsrausch hatte sie überfallen. Die langersehnte Möglichkeit, sich auszeichnen zu können, Anerkennung zu ernten, hatte ihr mit einem Schlag ihre alte Kraft wiedergegeben. In verlockende Nähe gerückt schien der Traum, den sie träumte, solange das Heim bestand.
»Die Fenster müssen alle geputzt
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