13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan
verhört.“
Ich ließ sie in ihre Zelle treten und schob die Riegel vor, dann stieg ich wieder die Treppe hinab. Da der Kommandant und der Agha bereits nach hinten gingen, lag die Außentür im Dunkeln. Ich huschte hin und öffnete sie, so daß sie nur angelehnt blieb. Dann schritt ich schnell den beiden nach.
„Wo liegt er?“ hörte ich den Mutesselim fragen.
„Hier.“
„Und wo liegt der Haddedihn?“ fragte ich, um dem Öffnen der andern Tür zuvorzukommen; denn ich mußte darauf sehen, daß bei dem Araber zuerst aufgemacht wurde.
„Hier hinter der zweiten Tür.“
„So mache einmal auf!“
Der Kommandant schien mit meinem Verlangen einverstanden zu sein. Er nickte mit dem Kopf, und nun machte Selim auf.
Der Gefangene hatte unser lautes Kommen gehört und stand aufrecht in seinem Loch. Der Mutesselim trat näher.
„Du bist Amad, der Sohn von Mohammed Emin?“
Er erhielt keine Antwort.
„Kannst du nicht reden?“
Es erfolgte dasselbe Schweigen.
„Hund, man wird dir den Mund zu öffnen wissen! Morgen wirst du fortgeschafft!“
Amad sprach keine Silbe, hielt aber das Auge auf mich gerichtet, um sich keine meiner Mienen entgehen zu lassen. Ich gab ihm durch ein schnelles Aufziehen und Sinkenlassen der Brauen zu verstehen, daß er aufmerken solle; dann schob Selim die Riegel wieder vor.
Jetzt wurde die andere Tür geöffnet. Der Makredsch stand an die Mauer gelehnt. Sein Auge war erwartungsvoll auf uns gerichtet.
„Makredsch, wie gefällt es dir?“ fragte der Kommandant ein wenig ironisch, wohl infolge des Weines.
„Wollte doch Allah, daß du an meiner Stelle wärest!“
„Das wird der Prophet verhüten! Dein Schicksal ist ein sehr schlimmes!“
„Ich fürchte mich nicht!“
„Du hast den Agha hier ermorden wollen.“
„Er ist es wert!“
„Hast ihn bestechen wollen.“
„Er ist die Dummheit selbst!“
„Hast ihn gleich bezahlen wollen.“
„Der Kerl verdiente, gehängt zu werden!“
„Vielleicht wären deine Wünsche zu erfüllen“, meinte der Kommandant mit schlauer Miene. Infolge des Weingenusses und vor Erwartung der hoffentlichen Beute strahlte sein Angesicht.
„Wie?“ zuckte der Makredsch auf. „Sprichst du im Ernst?“
„Ja.“
„Du willst mit mir handeln?“
„Ja.“
„Wieviel wollt ihr haben?“
„Wieviel hast du bei dir?“
„Mutesselim, ich brauche Reisegeld!“
„Wir werden so billig sein, es dir zu lassen.“
„Gut, so wollen wir verhandeln. Aber nicht in diesem Loch!“
„Wo sonst?“
„In einem Raum, der für Menschen, nicht aber für Ratten ist.“
„So komm herauf!“
„Gebt mir die Hand!“
„Selim Agha, tue es!“ meinte der Kommandant, der seinem Gleichgewicht nicht zu trauen schien.
Dem Agha aber kam ganz dasselbe Bedenken, denn er gab mir einen Stoß in die Seite und ermahnte mich:
„Effendi, tue du es!“
Ich streckte also, um die Sache nicht zu verzögern, meinen Arm aus, faßte den Makredsch bei der Hand und zog ihn heraus.
„Wohin soll er?“ fragte ich.
„In die Wächterzelle“, antwortete der Kommandant.
„Soll ich diese Tür auflassen oder – – –?“
„Lehne sie nur an!“
Ich machte mir mit der Tür zu schaffen, um die drei erst in die Zelle eintreten zu lassen, aber das ging nicht; der Kommandant wartete auf mich. Ich mußte also an etwas anderes denken.
Voran trat der Makredsch ein, hinter ihm der Kommandant mit der Lampe, dann der Agha und endlich ich. In dem Augenblick, in welchem diese Ordnung aufgelöst wurde, genügte ein schneller, bei dem Agha vorüber geführter Stoß meiner Hand an den Ellenbogen des Kommandanten, um diesem die Lampe aus der Hand zu werfen.
„Agha, was tust du?“ rief dieser.
„Ich war es nicht, Herr!“
„Du stießest mich! Nun ist es finster. Schaffe eine andere Lampe!“
„Ich werde sie von den Arnauten holen“, meinte ich und verließ die Zelle. Ich verschloß sie, trat an die Tür der Nachbarzelle und schob leise die Riegel zurück.
„Amad el Ghandur!“
„Herr, bist du es?“
„Ja. Komme schnell herauf.“
Er stieg mit meiner Hilfe empor, und ich schob den Riegel wieder vor.
„Sprich nicht, sondern eile sehr!“ flüsterte ich.
Ich faßte ihn, führte ihn rasch an die Außentür des Gefängnisses, trat mit ihm hinaus und zog die Tür wieder heran.
Die frische Luft trieb ihn fast zurück. Er war sehr schwach.
Ich nahm ihn wieder bei der Hand; im Fluge ging es fort, um zwei Ecken hinum, und bei der dritten hielten wir. Seine Lungen
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