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13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan

13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan

Titel: 13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Glaubst du das?“
    „Wir haben auch Waffen!“ antwortete er mit einem leisen Anflug von Besorgnis.
    „Ihr würdet sie nicht brauchen können, denn der erste, der nach seiner Flinte, nach seiner Lanze oder nach seinem Messer griffe, wäre auch der erste, welcher sterben müßte. Versuchet ihr aber keine Gegenwehr, so würden wir euch nichts zuleide tun, sondern in Frieden mit euch reden.“
    „Das alles könnt ihr nicht, denn ihr seid an den Baum gebunden.“
    „Du hast recht; aber wenn wir wollten, würden wir bald frei sein“, antwortete ich in einem ruhigen, erklärenden Ton. „Dieser Strick geht nur um unsern Leib und um den Baum. Ich würde meinem Gefährten diese beiden kleinen Gewehre geben, so wie ich jetzt tue; dann nähme ich dein Messer, und ein einziger Schnitt mit demselben zertrennt den Strick, und wir sind frei. Siehst du wohl?“
    Grad so, wie ich gesprochen, hatte ich es auch getan. Ich stand aufrecht am Baum mit den Stutzen, Lindsay neben mir mit den Revolvern. Er nickte mir mit seinem breitesten Lächeln zu, gespannt auf alles, was ich tat, da er meine Worte nicht verstehen konnte.
    „Du bist ein kluger Mann“, sagte der Anführer; „aber diesen Strick brauchtest du uns nicht zu ruinieren. Setze dich wieder nieder, und erkläre uns auch die beiden kleinen Gewehre!“
    „Ich habe dir bereits zweimal gesagt, daß man das nicht erklären, sondern zeigen muß. Und zeigen werde ich es euch, wenn ihr nicht das tut, was ich von euch verlange.“
    Jetzt endlich begann ihm klar zu werden, daß ich Ernst machte. Er stand auf, und auch die andern erhoben sich, nach ihren Waffen greifend.
    „Was verlangst du?“ fragte er drohend.
    „Höre mich ruhig an! Wir sind keine gewöhnlichen Krieger, sondern Emire, denen man Achtung schuldig ist, selbst wenn sie in Gefangenschaft geraten. Ihr aber habt uns beraubt und gefesselt, als ob wir Diebe und Räuber seien. Wir verlangen, daß ihr uns alles zurückgebt, was ihr uns genommen habt!“
    „Das werden wir nicht tun!“
    „So werde ich deinen Wunsch erfüllen und dir den Gebrauch unserer Waffen zeigen. Merke wohl auf: der erste, der auf uns schießen oder stechen will, wird auch der erste sein, der sterben muß! Es ist besser, wir sprechen in Frieden miteinander, als daß wir euch töten.“
    „Ihr werdet auch fallen!“
    „Aber die meisten von euch vorher!“
    „Wir müssen euch binden, denn wir müssen euch zu unserm Melek bringen.“
    „Ihr bringt uns nicht zu eurem Melek, wenn ihr uns fesseln wollt; denn wir werden uns wehren. Aber wenn ihr uns alles wiedergebt, was uns gehört, so werden wir euch freiwillig folgen; denn wir können dann als Emire vor ihm erscheinen.“
    Diese guten Leute waren gar nicht blutgierig und hatten eine große Angst vor unsern Waffen. Sie blickten einander an, flüsterten leise, und endlich fragte der Anführer:
    „Was verlangst du zurück?“
    „Die Kleider alle.“
    „Die sollst du haben.“
    „Das Geld und alles, was in unsern Taschen war.“
    „Das müssen wir behalten, um es dem Melek zu geben.“
    „Und die Waffen.“
    „Auch sie müssen wir behalten, sonst gebraucht ihr sie gegen uns.“
    „Und endlich verlangen wir unsere Pferde.“
    „Du verlangst das Unmögliche!“
    „Nun gut; so habt ihr allein die Schuld, wenn wir uns selbst nehmen, was uns gehört. Du bist der Anführer und hast unser Eigentum eingesteckt. Ich muß dich töten, um es wiederzubekommen.“
    Ich erhob das Gewehr. Lindsay hielt seine beiden Läufe vor.
    „Halt, schieße nicht!“ gebot der Mann. „Folgest du uns wirklich, wenn wir euch alles geben?“
    „Ja“, erwiderte ich.
    „Schwöre es uns!“
    „Ich sage es. Das gilt wie ein Schwur!“
    „Und wirst auch deine Waffen nicht gebrauchen?“
    „Nein; es sei denn aus Notwehr.“
    „So sollst du alles haben.“
    Er sprach wieder leise mit den Seinen. Es schien, als ob er ihnen erkläre, daß unser Eigentum ihnen ja sicher bleibe. Endlich wurde uns alles hingelegt, so daß wir nicht den geringsten Gegenstand zu vermissen hatten. Wir zogen unsere Kleider an, und während dieser Beschäftigung forderte mich Lindsay auf, ihm das Ergebnis meiner Verhandlung mitzuteilen. Als ich seiner Aufforderung nachgekommen war, legte sich sein Gesicht in sehr bedenkliche Falten.
    „Was habt Ihr getan, Sir! Hatten unsere Freiheit so schön in den Händen!“
    „Glaubt Ihr? Es hätte auf alle Fälle einen Kampf gegeben.“
    „Hätten sie alle erschossen!“
    „Fünf oder zehn, dann aber

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