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13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan

13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan

Titel: 13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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wie ich hörte?“
    „Du hast die Wahrheit gehört.“
    „Aber ein Christ, der an die falsche Lehre glaubt!“
    „Ich bin überzeugt, daß sie die wahre ist.“
    „Du bist kein Missionar?“
    „Nein. Bist du ein Priester?“ fragte ich dagegen.
    „Ich wollte einst ein solcher werden“, antwortete er.
    „Wann wird der Melek hier ankommen?“
    „Noch heute; die Stunde aber ist unbestimmt.“
    „Ich soll bis dahin in deinem Haus bleiben?“
    Er nickte, und ich fragte weiter:
    „Aber als was?“
    „Als das, was du bist, als Gefangener.“
    „Und wer wird mich festhalten?“
    „Meine Leute und dein Wort.“
    „Deine Leute können mich nicht halten, und mein Versprechen habe ich bereits erfüllt. Ich sagte, daß ich ihnen folgen würde; das habe ich getan.“
    Er schien zu überlegen.
    „Du magst recht haben. So sollst du also nicht mein Gefangener, sondern mein Gast sein.“
    Er klatschte in die Hände. Ein altes Weib erschien.
    „Bringe Pfeifen, Kaffee und Matten!“ gebot er ihr.
    Die Matten wurden zuerst gebracht, und wir mußten zu beiden Seiten des Mannes Platz nehmen, der ein Priester genannt wurde, weil er einst gewillt gewesen war, ein solcher zu werden. Er wurde jetzt freundlicher, und als die Pfeifen mit dem Tabak gebracht wurden, hatte er sogar die Herablassung, sie uns selbst anzubrennen. Ich erkundigte mich bei ihm nach den Verhältnissen der nestorianischen Chaldäer und erfuhr allerdings Dinge, bei deren Erzählungen einem sich die Haare sträuben konnten.
    Die Krieger hatten sich um das Haus gelagert; es waren, wie ich erfuhr, arme, einfache Ackerbauern, also unangesehene Leute nach den Begriffen der Nomaden und anderen Bevölkerungsklassen, welche das Handwerk des Krieges treiben. Sie kannten den Gebrauch der Waffen nicht, und einige unbewachte Andeutungen unsers Wirtes brachten mich zu der Überzeugung, daß von zehn ihrer Luntenflinten kaum fünf losgegangen wären.
    „Nun aber werdet ihr ermüdet sein“, meinte er, als auch der Kaffee eingenommen war. „Erlaubt, daß ich euch ein Zimmer anweise, welches das eurige sein soll.“
    Er erhob sich und öffnete eine Tür. Scheinbar aus Höflichkeit stellte er sich zur Seite, um uns zuerst eintreten zu lassen; kaum aber hatten wir die Schwelle überschritten, so warf er die Tür zu und schob den Riegel vor.
    „Ah! Was ist das?“ fragte Lindsay!
    „Heimtücke. Was weiter?“
    „Habt Euch übertölpeln lassen!“
    „Nein. Ich ahnte so etwas.“
    „Warum tratet Ihr ein, wenn Ihr es ahntet?“
    „Weil ich mich ausruhen wollte. Mir tun die Glieder noch weh von dem Sturz.“
    „Das konnten wir wo anders tun und nicht hier als Gefangene!“
    „Wir sind nicht gefangen. Seht Euch diese Tür an, die ich mir bereits während der Unterhaltung betrachtet habe. Einige Fußtritte oder ein guter Kolbenstoß reichen hin, sie zu zertrümmern.“
    „Wollen das sofort tun!“
    „Wir befinden uns in keiner Gefahr.“
    „Wollt Ihr warten, bis noch mehr Leute kommen? Jetzt fällt es uns nicht schwer, aufzusitzen und fortzureiten.“
    „Mich reizt dieses Abenteuer. Wir haben jetzt die beste Gelegenheit, die Verhältnisse dieser christlichen Sektierer kennenzulernen.“
    „Bin nicht sehr neugierig darauf; die Freiheit ist mir lieber!“
    Da hörte ich meinen Hund zornig knurren und dann in jener bestimmten Weise anschlagen, die mir sagte, daß er sich gegen einen Angreifer zu wehren habe. Die einzige Fensteröffnung, welche es in dem Raum gab und die so klein war, daß man den Kopf nicht hindurchstecken konnte, befand sich an der andern Seite. Ich konnte also nicht sehen, was es gab. Da hörte ich ein kurzes Bellen und bald darauf einen Schrei. Unter diesen Umständen war hier oben meines Bleibens nicht.
    „Kommt, Sir!“
    Ich stemmte mich mit der Achsel gegen die Tür – sie gab nur wenig nach.
    „Nehmt den Kolben!“ meinte Lindsay, indem er zugleich seine eigene Büchse ergriff.
    Einige Schläge genügten, die Tür zu zertrümmern. In dem Raum, wo wir vorhin gesessen hatten, standen vier Männer, welche jedenfalls die Aufgabe hatten, uns zu bewachen; denn sie traten uns mit erhobenem Gewehr entgegen, hatten aber gar nicht das Aussehen, als ob sie Ernst machen würden.
    „Halt! Bleibt hier!“ meinte der eine sehr freundlich.
    „Tut dies einstweilen an unserer Stelle!“
    Ich schob ihn beiseite und eilte hinab, wo die Anwesenden einen weiten Kreis um unsere Pferde geschlossen hatten. Bei denselben lag der gastfreundliche Wirt an der Erde und

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