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13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan

13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan

Titel: 13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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aber sehr sorgfältig wieder aufgehoben wurde, erregten besonders unsere Waffen die Aufmerksamkeit der neuen Inhaber. Der Anführer hielt meine beiden Revolver in der Hand. Er konnte über sie nicht klug werden, drehte sie hin und her und wandte sich endlich an mich mit den Worten: „Das sind Waffen?“
    „Ja.“
    „Zum Schießen?“
    „Ja.“
    „Wie macht man es?“
    „Das kann man nicht sagen, sondern man muß es zeigen.“
    „Zeige es uns!“
    Dem Mann kam es nicht in den Sinn, daran zu denken, daß das kleine Ding ihm gefährlich werden könne.
    „Du würdest es nicht begreifen“, sagte ich.
    „Warum nicht?“
    „Weil du zuvor den Bau und die Behandlung des anderen Gewehres begriffen haben müßtest.“
    „Welches Gewehr meinst du?“
    „Das zu deiner Rechten liegt.“
    Es war der Henrystutzen, den ich meinte. Er war ebenso wie die Revolver mit einer Sicherung versehen, welche der Mann nicht zu behandeln verstand.
    „So erkläre es mir!“ sagte er.
    „Ich habe dir ja bereits gesagt, daß man dies nur zeigen muß!“
    „Hier hast du das Gewehr!“
    Er reichte es mir, und sobald ich es in meiner Hand fühlte, war es mir, als ob ich nichts mehr zu befürchten brauche.
    „Gib mir ein Messer, damit ich den Hahn öffnen kann“, sagte ich nun.
    Er gab mir ein Messer, und ich nahm es, schob die Sicherung mit der Spitze desselben zurück, obgleich ich dies mit dem leisesten Druck meines Fingers hätte tun können, und behielt das Messer dann noch in der Hand.
    „Sage mir, was ich dir schießen soll?“ hob ich nun an.
    Er blickte sich um und sagte dann: „Bist du ein guter Schütze?“
    „Ich bin's!“
    „So schieße mir einen jener Galläpfel herab!“
    „Ich werde dir fünf herunterschießen und doch nur einmal laden.“
    „Das ist unmöglich!“
    „Ich sage die Wahrheit. Soll ich laden?“
    „Lade!“
    „So mußt du mir den Beutel geben, der an meinem Gürtel hing. Du hast ihn da an deinen eigenen Gürtel befestigt.“
    Das Gewehr war vollständig geladen, aber es war mir um meine Patronen zu tun.
    „Was sind das für kleine Dinger, welche sich darin befinden?“ fragte er.
    „Das werde ich dir zeigen. Wer so ein Ding hat, braucht weder Pulver noch Kugel, um schießen zu können.“
    „Ich sehe, daß du kein Kurde bist; denn du hast Sachen, die es noch nie in diesem Lande gegeben hat. Bist du wirklich ein Christ?“
    „Ein guter Christ.“
    „Sage mir das Vaterunser!“
    „Ich spreche nicht gut das Kurdische, aber du wirst es mir verzeihen, wenn ich einige kleine Fehler mache.“
    Ich gab mir Mühe, die Aufgabe zu lösen. Er fiel zwar einige Male verbessernd ein, weil ich die Worte ‚Versuchung‘ und ‚Ewigkeit‘ nicht kannte, meinte aber dann doch befriedigt: „Du bist wirklich kein Moslem, denn ein solcher würde das Gebet der Christen niemals sagen. Du wirst das Gewehr nicht mißbrauchen, und darum will ich dir den Beutel geben.“
    Seine Gefährten schienen sein Verfahren nicht anstößig und unvorsichtig zu finden. Sie gehörten alle einer Bevölkerungsklasse an, der durch die Gewalt ihrer Unterdrücker eine lange Zeit die Waffen aus der Hand gerungen gewesen waren, und verstanden darum den Wert derselben in den Händen eines entschlossenen Mannes kaum zu schätzen. Und übrigens waren alle wohl neugierig auf die Unterweisung, welche ich geben sollte.
    Ich nahm eine der Patronen heraus und tat, als ob ich lud. Dann zielte ich in die Höhe und gab den Zweig an, von welchem fünf Galläpfel verschwinden sollten. Ich drückte fünfmal los, und die Äpfel waren fort. Das Erstaunen dieser einfachen Leute war grenzenlos.
    „Wie viel mal kannst du mit diesem Gewehr schießen?“ fragte mich ein Anführer.
    „So viel mal, als ich will.“
    „Und hier mit diesen kleinen Gewehren?“
    „Auch sehr viel mal. Soll ich sie dir erklären?“
    „Tue es!“
    „Zeige sie einmal her!“
    Ich legte den Stutzen neben mich und langte nach den beiden Revolvern, welche er mir gab. Lindsay beobachtete eine jede meiner Bewegungen mit der größten Spannung.
    „Ich habe euch gesagt, daß ich ein Christ aus dem Abendland bin. Wir töten niemals ungezwungen einen Menschen, aber wenn wir angegriffen werden, so kann man uns nie besiegen; denn wir haben wunderbare Waffen, gegen die es keine Rettung gibt. Ihr seid über dreißig tapfere Krieger; aber wenn wir zwei nicht an diesen Baum gebunden wären und euch töten wollten, so würden wir mit diesen drei Gewehren in drei Minuten damit fertig sein.

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