13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan
wohl?“
„Verstehe sehr gut; fahrt fort!“
„Mein Pferd stürzte über Euren Rappen, der jetzt diesem Gentleman gehört, und ich – – – hm! Yes!“
„Aha! Ihr schlugt auch einen Purzelbaum?“
„Well! Aber der meinige gelang besser als der Eurige –“
„Vielleicht habt Ihr in dieser Motion eine größere Übung als ich!“
„Sir, was heißt Schnabel auf Kurdisch?“
„Nekul.“
„Schön! Gebt also auf Euren Nekul besser acht, Master!“
„Danke für die Warnung, Sir! Eure Ausdrucksweise scheint sich, seit Ihr Euch mit dem Kurdischen beschäftigt, sehr verästhetisiert zu haben. Nicht?“
„Ist auch kein Wunder bei diesem Ärger! Also, ich kam zur Erde zu liegen und konnte nur langsam wieder auf. Es mußte sich etwas in mir verbogen haben. Die Büchse war weit fortgeschleudert und der Gürtel aufgegangen; alle Waffen lagen an der Erde. Da kamen diese Herambaz und machten sich über mich her.“
„Ihr wehrtet Euch?“
„Natürlich! Ich konnte aber nur das Messer und eine der Pistolen erwischen; darum gelang es ihnen, mich zu entwaffnen und zu binden.“
„Wo blieb der Bey mit seinen Leuten?“
„Habe keinen von ihnen zu sehen bekommen, hörte aber weiter vor uns noch schießen.“
„Sie werden zwischen zwei Abteilungen dieser Leute hier geraten gewesen sein.“
„Wahrscheinlich. Als man mit mir fertig war, machte man sich an Euch. Ich dachte sehr, daß Ihr tot wäret. Man hat Beispiele, daß selbst ein schlechter Reiter einmal den Hals entzweifällt; nicht, Sir?“
„Möglich!“
„Ihr wurdet zwischen die zwei Mähren gebunden; dann ging es fort, nachdem man unsere beiden Pferde annektiert hatte.“
„Hat man Euch verhört?“
„Sehr! Habe auch geantwortet! Und wie! Yes!“
„Wir müssen zunächst aufmerken, in welcher Richtung wir transportiert werden. Wo liegt die Schlucht, in der uns das Unglück passierte?“
„Grad hinter uns.“
„Dort steht die Sonne; wir reiten also Ostsüdost. Gefällt es Euch noch so in Kurdistan wie vorhin, als Ihr die Bären getroffen hattet?“
„Hm! Ein miserables Land zuweilen! Wer sind diese Leute?“
„Es sind Nestorianer.“
„Vortreffliche christliche Sekte! Nicht, Sir?“
„Sie sind von den Kurden oft mit einer solchen unmenschlichen Grausamkeit behandelt worden, daß man sich nicht wundern darf, wenn sie einmal Vergeltung üben.“
„Konnten aber damit warten bis zu einer andern Zeit! Was ist nun zu tun, Sir?“
„Nichts, wenigstens jetzt.“
„Nicht fliehen?“
„In dem Zustand, in welchem wir uns befinden?“
„Hm! War ein schöner Anzug! Wunderschön! Nun ist er fort! In Gumri werden wir andere Kleider erhalten.“
„Das wäre das wenigste. Aber ohne mein Pferd und meine Waffen fliehe ich nicht. Wie steht es mit Eurem Geld?“ fragte ich.
„Fort! Und das Eurige?“
„Fort! Es war übrigens nicht sehr viel“, lautete meine Antwort.
„Schöne Wirtschaft, Sir! Was glaubt Ihr, daß sie mit uns tun werden?“
„In Lebensgefahr befinden wir uns nicht. Sie werden uns früher oder später entlassen. Aber ob wir unser Eigentum zurückerhalten, das ist sehr zu bezweifeln.“
„Laßt Ihr Eure Waffen im Stich?“
„Nie, und müßte ich sie einzeln in Kurdistan wieder zusammensuchen!“
„Well; ich suche mit!“
Wir ritten durch ein breites Tal, welches zwei Höhenzüge trennte, die sich von Nordwest nach Südost erstreckten; dann ging es links zwischen den Bergen empor, bis wir auf eine Hochebene gelangten, von welcher aus man im Osten die Häuser mehrerer Ortschaften und einen Fluß erblickte, in welchen sich mehrere Bäche ergossen. In dieser Gegend mußten Murghi und Lizan liegen, denn nach meiner Ansicht waren wir bereits über Seraruh hinaus.
Hier oben wurde unter Eichen Halt gemacht. Die Reiter stiegen von den Pferden. Auch wir durften herab, wurden aber miteinander an den Stamm eines Baumes gebunden. Ein jeder holte hervor, was er an Eßwaren bei sich hatte, und wir erhielten die Erlaubnis, zuzusehen. Lindsay räusperte sich verdrießlich und knurrte:
„Wißt Ihr, worauf ich mich gefreut hatte, Sir?“
„Nun, auf was?“
„Auf Bärenschinken und Bärentatzen.“
„Dieses Gelüst laßt Euch vergehen! Habt Ihr Hunger?“
„Nein, bin satt vor Ärger! Schaut den Kerl! Kann sich mit den Revolvern nicht zurechtfinden!“
Die Leute konnten jetzt mit Ruhe alles betrachten, was sie uns abgenommen hatten. Wir sahen unser Eigentum durch alle Hände wandern, und nächst dem Geld, welches
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