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13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan

13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan

Titel: 13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Waldbäche strömen. Sie führen alle ihr Wasser dem Zab entgegen. Die Schluchten und Gelände sind mit kräftigen Eichenwaldungen bestanden, die bedeutende Galläpfelernten liefern, mit denen die Bewohner einen einträglichen Handel treiben. In der Ebene liegen zahlreiche chaldäische Dörfer, die aber entweder öde und verlassen sind oder nur wenige Bewohner zählen, da die Chaldäer sich vor den Bedrückungen der Türken und den Einfällen räuberischer Kurdenstämme gern in die Berge zurückziehen.
    Durch diese Landschaft, deren Eichen mich heimatlich anmuteten, ritten wir unserm Ziel entgegen.
    „Darf ich reden?“ fragte Lindsay leise.
    „Ja. Wir sind ja unbelauscht.“
    „Aber der Kurde hinter uns?“
    „Kommt nicht in Betracht.“
    „Well!“
    „Dorf hieß Spandareh?“
    „Ja.“
    „Wie Euch gefallen?“
    „Sehr. Und Euch, Sir?“
    „Prächtig! Guter Wirt, gute Wirtin, feines Essen, schöner Tanz, prachtvoller Hund!“
    Bei dem letzten Wort blickte er auf das Windspiel, welches neben meinem Pferd hertrabte; ich war so vorsichtig gewesen, es mittels einer Leine an meinen Steigbügel zu binden. Übrigens hatte der Hund bereits Freundschaft mit meinem Pferd geschlossen und schien es genau zu wissen, daß ich sein Herr geworden sei. Er blickte mit seinen großen Augen sehr aufmerksam zu mir empor.
    „Ja“, antwortete ich. „Alles war schön, besonders das Essen.“
    „Exzellent! Sogar Taube und Beefsteaks!“
    „Hm! Glaubt Ihr wirklich an die Taube?“
    „Well! Warum nicht?“
    „Weil es keine war.“
    „Nicht? Keine Taube. War welche!“
    „War keine!“
    „Was sonst?“
    „Es war das Tier, das von den Zoologen den lateinischen Namen Vespertilio murinus oder myotis erhalten hat.“
    „Bin kein Zoologe. Auch nicht Latein!“
    „Diese Taube heißt gewöhnlich Fledermaus.“
    „Fleder – – –“
    Er hielt inne. Seine Geschmacks- und Verdauungsnerven wurden beim Klange dieses Wortes in eine Anstrengung versetzt, durch welche sein Mund in eine trapezoide und perennierende Höhlenöffnung verwandelt wurde, in welcher man die schönste Entdeckungsreise vornehmen konnte. Sogar die lange Nase schien in Mitleidenschaft gezogen zu sein, denn ihre Spitze bekam jene weiße Färbung, von welcher der Dichter gesungen haben soll: „Ich weiß nicht, was soll es bedeuten, daß mir so traurig ist!“
    „Ja, Fledermaus war es, Sir. Fledermaus habt Ihr gegessen.“
    Er hielt sein Pferd an und starrte in das Blaue.
    Endlich hörte ich einen lauten Klapp; der Mund war wieder zugefallen, und ich ahnte, daß ihm nun auch das Vermögen, seine Gefühle in Worte zu fassen, zurückgekommen sei.
    „– – – maus!!!“
    Mit dieser kleinen Silbe setzte er das vorhin begonnene ‚Fleder– – –‘ fort; dann langte er von seinem Pferd herüber und faßte mich am Arm.
    „Sir!“
    „Was?“
    „Vergeßt die Achtung nicht, die man einem jeden Gentleman schuldig ist!“
    „Habe ich sie Euch gegenüber vergessen?“
    „Sehr, sage ich!“
    „Inwiefern?“
    „Wie könnt Ihr behaupten, daß Sir David Lindsay Fledermäuse ißt!“
    „Fledermäuse? Ich habe nur von einer einzigen gesprochen.“
    „Gleich! Eine oder mehrere, die Injurie bleibt sich gleich. Ihr werdet mir Genugtuung geben! Satisfaktion! Well!“
    „Die habt ihr ja bereits!“
    „Ich habe? Ich hätte? Ah! Wie?“
    „Ihr habt eine Satisfaktion erhalten, die Euch vollständig genügen wird.“
    „Welche? Weiß von keiner!“
    „Ich habe selbst auch Fledermaus gegessen; auch Mohammed Emin.“
    „Auch? Ihr und er? Ah!“
    „Ja. Auch ich hielt es für Taube. Als ich mich aber erkundigte, hörte ich, daß es Fledermaus sei.“
    „Fledermaus hat Häute!“
    „Waren weggeschnitten.“
    „Also wirklich wahr?“
    „Wirklich.“
    „Kein Scherz, kein Spaß?“
    „Ernst!“
    „Fürchterlich! Oh! Bekomme Kolik, Cholera, Typhus, oh!“
    Er machte ein wirkliches Choleragesicht; ich mußte Erbarmen zeigen:
    „Fühlt Ihr Euch unwohl, Sir?“
    „Sehr! Yes!“
    „Soll ich helfen?“
    „Schnell! Womit?“
    „Mit einem homöopathischen Mittel.“
    „Habt Ihr eins? Mir ist wirklich übel! Armselig! Welches Mittel?“
    „Similia similibus.“
    „Wieder Zoologie? Latein?“
    „Ja. Latein ist es: gleiches mit gleichem. Und zoologisch ist es auch, nämlich Heuschrecken.“
    „Was! Heuschrecken?“
    „Ja, Heuschrecken.“
    „Gegen das Übelsein? Soll ich essen?“
    „Ihr sollt sie nicht essen, sondern Ihr habt sie bereits

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