13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan
welche Allah der Erde verliehen hat. Ist es dein Ernst, daß du sie mir schenkst?“
„Nimm sie hin, ich gebe sie dir sehr gern!“
„Gesegnet sei deine Hand, und stets weile das Glück auf deinem Pfad! Kommt her, ihr Männer, und befühlt diese Flasche, damit die Güte des großen Emir auch euch beglücken möge!“
Die Flasche ging von Hand zu Hand. Ich hatte mit ihr die größte Freude gestiftet, die es nur geben kann. Als sich das Entzücken des Vorstehers einigermaßen gelegt hatte, wandte er sich wieder zu mir:
„Herr, dieser Hund ist nun dein. Spucke ihm dreimal in das Maul, und nimm ihn heut unter deinen Mantel, wenn du schlafen gehst, so wird er dich nie wieder verlassen!“
Der Engländer hatte das alles mit angesehen, ohne den Vorgang recht zu verstehen. Er fragte mich:
„Zem-Zem verschenkt, Master?“
„Ja.“
„Well! Immer fort damit! Wasser ist Wasser!“
„Wißt Ihr, was ich dafür bekommen habe?“
„Was?“
„Diesen Hund.“
„Wie? Was? Nicht möglich!“
„Warum nicht?“
„Zu kostbar. Kenne die Hunde! Dieser ist fünfzig Pfund wert!“
„Noch mehr. Aber dennoch gehört er mir.“
„Warum?“
„Weil ich der Tochter des Ortsvorstehers das Armband geschenkt habe.“
„Schrecklicher Kerl! Kolossales Glück! Erst Pferd von Mohammed Emin, gar nichts zu bezahlen, und nun auch Windhund! Ich Pech dagegen. Nicht einen einzigen Fowling-bull gefunden. Schauderhaft!“
Auch Mohammed bewunderte den Hund, und ich glaube gern, daß er ein klein wenig eifersüchtig auf mich war. Ich muß gestehen, ich hatte Glück. Kurz bevor ich mich zur Ruhe begab, ging ich noch einmal zu den Pferden. Der Vorsteher traf mich dort.
„Emir“, sagte er halblaut, „darf ich eine Frage aussprechen?“
„Sprich!“
„Du willst nach Amadijah?“
„Ja.“
„Und noch weiter?“
„Das weiß ich noch nicht.“
„Es ist ein Geheimnis dabei?“
„Das vermutest du?“
„Ich vermute es.“
„Warum?“
„Du hast einen Araber bei dir, der nicht vorsichtig ist. Er schlug den Ärmel seines Gewandes zurück, und dabei habe ich die Tätowierung seines Armes gesehen. Er ist ein Feind der Kurden und auch ein Feind des Mutessarif; er ist ein Haddedihn. Habe ich richtig gesehen?“
„Er ist ein Feind des Mutessarif, aber nicht ein Feind der Kurden“, antwortete ich.
Dieser Mann war ehrlich; ich konnte ihn nicht belügen. Es war jedenfalls besser, ihm zu vertrauen, als ihm eine Unwahrheit zu sagen, die er doch nicht geglaubt hätte.
„Die Araber sind stets Feinde der Kurden; aber er ist dein Freund und mein Gast; ich werde ihn nicht verraten. Ich weiß, was er in Amadijah will.“
„Sage es!“
„Es ist viele Tage her, daß die Krieger des Mutessarif einen gefangenen Araber hier durchführten. Sie stiegen bei mir ab. Er war der Sohn des Scheik der Haddedihn und sollte in Amadijah gefangen gehalten werden. Er sah deinem Freund so ähnlich wie der Sohn dem Vater.“
„Solche Ähnlichkeiten kommen sehr oft vor.“
„Ich weiß es, und ich will dir dein Geheimnis gar nicht rauben; aber eins will ich dir sagen: Kehrst du von Amadijah zurück, so kehre bei mir ein, es mag am Tag sein oder mitten in der Nacht, im geheimen oder öffentlich. Du bist mir willkommen, auch wenn der junge Araber bei dir ist, von dem ich gesprochen habe.“
„Ich danke dir!“
„Du sollst mir nicht danken! Du hast mir das Wasser des heiligen Zem-Zem gegeben; ich werde dich beschützen in jeder Not und Gefahr. Wenn dich aber dein Weg nach einer andern Richtung führt, so mußt du mir eine Bitte erfüllen.“
„Welche?“
„Im Tal von Berwari liegt das Schloß Gumri. Dort wohnt der Sohn des berühmten Abd el Summit Bey; eine meiner Töchter ist sein Weib. Grüße sie und ihn von mir. Ich werde dir ein Zeichen mitgeben, an dem sie erkennen, daß du mein Freund bist.“
„Ich werde es tun.“
„Sage ihnen jede Bitte, die du auf dem Herzen hast; sie werden sie dir gern erfüllen, denn kein wackerer Kurde liebt die Türken und den Mutessarif von Mossul.“
Er trat in das Haus. Ich wußte, was der brave Mann bezweckte. Er erriet, was wir vorhatten, und wollte mir auf alle Fälle nützlich sein. Ich ging nun schlafen und nahm den Windhund mit. Als wir am andern Morgen erwachten, erfuhren wir, daß der Dolmetscher des Engländers Spandareh bereits verlassen habe. Er hatte den Weg nach Bebozi eingeschlagen.
Ich hatte mit Mohammed Emin in demselben Gemach geschlafen; dem Engländer aber war ein anderer Raum
Weitere Kostenlose Bücher