13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan
gegessen.“
„Habe bereits? Ich?“
„Ja.“
„Dullness, Dummheit! Unmöglich! Wann?“
„Gestern abend.“
„Ah! Erklärung!“
„Ihr sagtet vorhin, die Beefsteaks seien sehr gut gewesen.“
„Sehr! Ungeheuer gut! Well!“
„Es waren keine Beefsteaks.“
„Keine? Keine Beefsteaks! Bin Englishman! Waren welche!“
„Waren keine! Ich habe ja gefragt.“
„Was sonst?“
„Es waren in Olivenöl gebratene Heuschrecken. Wir Deutsche nennen diese delikaten Springer sogar zuweilen Heupferde.“
„Heu – – –“
Wieder blieb ihm wie vorhin das Wort auf halbem Weg stecken, aber diesmal gestattete er seinem Mund nicht, allzu offenherzig zu werden, sondern er preßte die Lippen mit solcher Charakterstärke zusammen, daß sie ihre Ausdehnung, anstatt in die Weite, so sehr in die Breite nahmen, daß es ihm bei einigem guten Willen möglich gewesen wäre, mit jedem Mundwinkel ein Ohrläppchen abzukneipen. Und die Nase war über das Verschwinden der ihr so sympathischen Öffnung so bestürzt, daß sie ihre Spitze weit herunterbog, um nachzusehen, wie dem Verluste abzuhelfen sei.
Da endlich näherten sich die Dimensionen wieder ihrem früheren Zustand; die Restitutio in integrum stellte sich ein, und die Lippen ließen voneinander ab.
„– – – pferde!“
So ließ er die Fortsetzung seines unterbrochenen ‚Heu – – –‘ vernehmen, und die Nasenspitze schnellte sich befriedigt in die Höhe.
„Ja, Heupferde habt Ihr gegessen.“
„Ah! Schauderhaft! Habe sie ja aber gar nicht geschmeckt!“
„Wißt Ihr so genau, wie sie schmecken?“
Er machte mit Armen und Beinen eine Bewegung, als wolle er sich auf dem Pferd um seine eigene Achse drehen.
„No, at no time, niemals!“
„Ich versichere Euch, daß es Heuschrecken waren. Sie werden geröstet und zerrieben; dann legt man sie in die Erde, bis sie haut gout erhalten, und schmort sie in dem Öl der friedlichen Olive. Ich habe mir dieses Rezept von der Frau des Dorfältesten geben lassen und weiß also sehr genau, was ich sage.“
„Entsetzlich! Bekomme Magenkrampf!“
„Seid Ihr mit meiner Satisfaktion zufrieden?“
„Habt auch Heupferd gegessen?“
„Nein.“
„Nicht? Warum nicht?“
„Weil ich keines vorgesetzt bekam.“
„Nur ich?“
„Nur Ihr allein; jedenfalls als ehrenvolle Auszeichnung für Euch, Sir!“
„Habt Ihr gewußt?“
„Erst nicht. Aber während Ihr aßt, fragte ich.“
„Warum mir nicht gleich gesagt?“
„Weil Ihr jedenfalls etwas getan hättet, wodurch unser Wirt beleidigt worden wäre.“
„Master, will mir das verbitten! Yes! Hinterlist! Heimtücke! Schadenfreude! Werde mich mit Euch schlagen, boxen oder – – –“
Er hielt inne, denn es fiel ein Schuß, und die Kugel riß mir einen Fetzen aus dem Turban.
„Herab, und hinter die Pferde gestellt!“ rief ich.
Zugleich warf ich mich vom Pferd, keinen Augenblick zu früh, denn ein zweiter Knall ertönte, und die Kugel pfiff über mich hinweg. Mit einem schnellen Griff zog ich die Schnur, an welche der Hund gebunden war, aus dem Halsband desselben.
„Sert – halte fest!“
Nur einen kurzen Laut stieß der Hund aus, der fast so klang, als ob er mir sagen wollte, daß er mich verstanden habe; dann schoß er in das Gebüsch.
Wir befanden uns in einer Schlucht, deren Seiten von dicht stehenden jungen Eichen bewachsen waren. Selbst einzudringen, war zu gefährlich, da wir uns der Waffe des unsichtbaren Schützen ausgesetzt hätten. Wir schützten uns durch die Körper unserer Pferde und horchten.
„Maschallah! Wer mag es sein?“ fragte Mohammed Emin.
„Der Arnaute“, antwortete ich.
Da hörten wir einen Schrei und gleich darauf ein lautes, rufendes Anschlagen des Hundes.
„Dojan hat den Täter“, meinte ich so ruhig wie möglich. „Buluk Emini, gehe und hole ihn!“
„Allah illa Allah! Emir, ich bleibe; es könnten zehn oder gar hundert sein, und dann wäre ich verloren!“
„Und dein Esel wäre ein Waisenkind geworden, du Hasenfuß! Paß auf die Pferde auf! Kommt!“
Wir drangen in das harte Gestrüpp ein und brauchten nicht weit zu gehen. Ich hatte mich nicht geirrt; es war der Arnaute. Der Hund stand nicht, sondern er lag auf ihm, und zwar in einer Stellung, welche mich über die außergewöhnliche Klugheit des Tieres erstaunen ließ. Der Arnaute hatte nämlich seinen Dolch gezogen, um sich gegen den Angreifer zu verteidigen; der Hund hatte also eine mehrfache Aufgabe. Darum hatte er ihn niedergerissen
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