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13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan

13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan

Titel: 13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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der Verstorbenen zu belauschen, und hat ein Gelübde getan, kein Wort zu reden, bis er die Erlaubnis dazu hat.“
    „Ein Frommer, ein Heiliger, ein Zauberer?“ fragte sie erschrocken.
    „Ja, ich warne dich, ihn zu beleidigen! Dieser andere Mann ist der Anführer eines großen Volkes weit im Westen von hier, und ich bin ein Emir derjenigen Krieger, welche die Frauen verehren und Bakschisch geben. Du bist die Sultana dieses Hauses. Erlaube uns, es zu besehen, ob wir für einige Tage darinnen wohnen können!“
    „Effendi, deine Rede duftet nach Rosen und Nelken; dein Mund ist weiser und klüger als das Maul dieses Selim Agha, der stets vergißt, das Richtige zu sagen, und deine Hand ist wie die Hand Allahs, die Segen spendet. Hast du viele Diener bei dir?“
    „Nein, denn unser Arm ist stark genug, uns selbst zu beschützen. Wir haben nur drei Begleiter: einen Diener, einen Khawassen des Mutessarif von Mossul und einen Kurden, welcher noch heute Amadijah wieder verlassen wird.“
    „So seid ihr mir willkommen! Seht euch mein Haus und meinen Garten an, und wenn es euch bei mir gefällt, so wird mein Auge über euch wachen und leuchten!“
    Sie wischte sich die ‚Wachenden‘ und ‚Leuchtenden‘ abermals aus und sammelte dann die Zwiebeln vom Boden auf, um uns den Weg zu ebnen. Der tapfere Agha der Arnauten schien mit diesem Ausgang sehr zufrieden zu sein. Er brachte uns zunächst nach einer Stube, welche ihm als Wohnung diente. Sie war sehr geräumig und hatte als einziges Möbel einen alten Teppich, der als Sofa, Bett, Stuhl und Tisch gebraucht wurde. An den Wänden hingen einige Waffen und Tabakspfeifen, und auf dem Boden stand eine Flasche, in deren Nähe einige hohle Eierschalen zu sehen waren.
    „Ich heiße euch willkommen, ihr Herren“, meinte er. „Laßt uns den Trunk der Freundschaft tun!“
    Er bückte sich, um die Flasche nebst den Schalen aufzuheben, und gab von den letzteren einem jeden von uns eine in die Hand. Dann schenkte er ein. Es war Raki. Wir tranken aus den hühnerognostischen Pokalen, er aber setzte die Flasche selbst an den Mund und nahm sie nicht eher wieder fort, bis er die beruhigende Überzeugung hatte, daß das scharfe, schwefelsaure Getränk der Bouteille keinen chemischen Schaden mehr tun könne. Dann nahm er uns die Schalen aus der Hand, sog das heraus, was wir noch drin gelassen hatten, und legte sie sehr behutsam auf den Boden nieder.
    „Kendim idschad et er – meine eigene Erfindung!“ meinte er stolz. „Wundert ihr euch, daß ich keine Gläser habe?“
    „Du wirst diese schöne Erfindung den Gläsern vorziehen“, antwortete ich.
    „Ich ziehe sie vor, weil ich keine Gläser habe. Ich bin Agha der Albanesen und habe als Sold und Taim monatlich dreihundertdreißig Piaster (66 Mark) zu bekommen; aber ich warte bereits seit elf Monaten auf dieses Geld. Allah kerihm; Padischah kendisi onu kullar – Gott ist gnädig, und der Sultan braucht es selber!“
    Da durfte ich mich allerdings nicht darüber wundern, daß das Wort Bakschisch für ihn eine nachhaltige Bedeutung hatte.
    Er führte uns nun in dem Haus herum. Es war geräumig gebaut, aber doch auch bereits in Verfall geraten. Wir nahmen uns vier Zimmer, eins für jeden von uns und eins für Halef und den Baschi-Bozuk. Der Preis war gering, fünf Piaster, also eine Mark pro Woche für die Stube.
    „Wollt ihr auch den Garten sehen?“ fragte er dann.
    „Natürlich! Ist er schön?“
    „Sehr schön; so schön wie die Gärten des Paradieses! Du siehst da allerlei Bäume, Kräuter und Gräser, die ich gar nicht kenne. Bei Tage leuchtet über ihm die Sonne, und des Nachts glänzen die Augen der Sterne auf ihn herab. Er ist sehr schön!“
    „Regnet es auch auf ihn nieder?“ fragte ich belustigt.
    „Wenn es regnet, erhält er auch sein Teil; ja, es ist zuweilen sogar Schnee auf ihn gefallen. Komm und siehe!“
    Im Hof gab es einen Schuppen, den wir für die Pferde mieteten. Auch er kostete eine Mark. Der Garten maß ungefähr vierzig Schritte im Geviert, war also sehr unbedeutend. Ich sah eine verkrüppelte Zypresse und einen wilden Apfelbaum. Die ‚allerlei Kräuter und Gräser‘ bestanden einfach aus wildem Kendir (Hanf), ausgewucherter Madanos (Petersilie) und einigen notorisch armen Gänseblümchen. Das größte Wunder dieses Gartens aber war ein Beet, auf welchem Soghani (Zwiebeln), Sarmysak (Knoblauch), Kedilan (Katzenkraut), eine Stachelbeere, mehrere Pilsenkräuter und einige verblühte Veilchen in lieblicher

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