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13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan

13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan

Titel: 13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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bin, ihm fünfhundert Piaster zu leihen. Das ist nun allerdings ganz türkisch gehandelt, und auf das Zurückerstatten darf man nicht rechnen. Da es aber für uns sehr nötig ist, eine freundliche Gesinnung in ihm zu erwecken, so habe ich beschlossen – – –“
    Er unterbrach mich mit einer schnellen Handbewegung.
    „Gut! Sollt eine Hundertpfundnote haben!“
    „Das ist zu viel, Sir! Das wären ja nach dem Kurse von Konstantinopel elftausend Piaster! Ich will ihm fünfhundert Piaster geben und ersuche Euch, dieselbe Summe hinzuzufügen. Er kann damit zufrieden sein.“
    „Tausend Piaster! Zu wenig! Habe ja Araber-Scheiks seidenes Gewand geschenkt! Möchte ihn auch sehen. Wenn mit darf, dann alles bezahlen; Ihr nichts geben!“
    „Mir soll es recht sein.“
    „So sagt Agha, er soll uns machen lassen!“
    „Und was werden wir machen?“
    „Unterwegs Geschenk kaufen; Geld hineinstecken.“
    „Aber nicht zu viel, Sir!“
    „Wieviel? Fünftausend Piaster?“
    „Zweitausend ist mehr als genug!“
    „Well; also zweitausend! Fertig!“
    Ich kehrte zu Selim Agha zurück.
    „Sage dem Kommandanten, daß ich mit einem von meinen Begleitern kommen werde!“
    „Wann?“
    „In kurzem.“
    „Deinen Namen kennt er bereits; welchen Namen soll ich ihm noch sagen?“
    „Hadschi Lindsay-Bey.“
    „Hadschi Lindsay-Bey. Gut! Und die Piaster, Emir?“
    „Wir sind nicht arm; wir haben alles, was wir brauchen, und werden uns am meisten freuen, wenn er uns nichts als seine Freundschaft schenkt. Sage ihm das!“
    Er ging getröstet und zufriedengestellt davon.
    Bereits nach fünf Minuten saß ich mit dem Engländer zu Pferde; ich hatte ihm eingeschärft, ja kein Wort zu sprechen. Halef und der Buluk folgten uns. Den Kurden hatten wir mit dem geliehenen Gewand und vielen Grüßen nach Spandareh zurückgeschickt. Wir ritten durch die Bazars, wo wir gesticktes Zeug zu einem Feierkleid und eine hübsche Börse kauften, in welche der Engländer zwanzig goldene Medschidje zu je hundert Piaster legte. In solchen Dingen war mein guter Master Lindsay nie ein Knauser; das hatte ich zu meinem Vorteil sehr oft erfahren.
    Nun ritten wir nach dem Palast des Kommandanten. Vor demselben standen etwa zweihundert Albanesen in Parade, angeführt von zwei Mulasim unter dem Kommando unsers tapfern Selim Agha. Er zog Sarras und kommandierte:
    „Ajagda duryn dykkatli – steht genau!“
    Sie gaben sich herzliche Mühe, diesem Verlangen nachzukommen, bildeten aber doch eine Art Schlangenlinie, die am Ende der Aufstellung in einen sehr gebogenen Schwanz auslief.
    „Tschalghy! Islik tscharyn: – Musik! Pfeift!“
    Drei Flöten begannen zu wimmern, und eine türkische Trommel forcierte einen Wirbel, der wie das Leiern einer Kaffeemühle klang.
    „Dana giöre! Kuwetlirek! – lauter, stärker!“
    Der gute Agha rollte dabei die Augen nach der geschwindesten Ziffer von Melzels Metronom; die Musikanten taten es ihm nach, und während dieses künstlerischen und für uns sehr schmeichelhaften Empfangs ritten wir vor den Eingang, um abzusteigen. Die beiden Leutnants ritten herbei und hielten uns die Steigbügel. Ich griff in die Tasche und gab jedem von ihnen ein silbernes Zehnpiasterstück. Sie steckten es befriedigt zu sich, ohne im geringsten in ihrer Offiziersehre verletzt zu sein. Der türkische subalterne Offizier ist, besonders in entlegenen Garnisonen, selbst heute noch der Diener seines nächsthöheren Vorgesetzten und stets gewohnt, sich als solchen betrachten zu lassen.
    Dem Agha gab ich das Zeug und die Börse.
    „Melde uns an, und gib dem Kommandanten dieses Geschenk!“
    Er ging würdevoll voran, und wir folgten. Unter dem Tor stand der Nazardschi des Palastes. Er empfing uns jetzt ganz anders als beim ersten Mal. Er kreuzte die Arme über der Brust, verbeugte sich tief und murmelte demütig:
    „Bendeniz el öpir; aghamin atze selami wer – Euer Diener küßt die Hand; mein Herr läßt sich Euch empfehlen!“
    Ich schritt an ihm vorüber, ohne ihm zu antworten, und auch Lindsay tat, als habe er ihn gar nicht bemerkt. Ich muß gestehen, daß mein Master Fowling-bull trotz der schreienden Farbe seines Anzuges einen ganz respektablen Eindruck machte. Der Anzug paßte, wie für ihn gemacht, und das Bewußtsein, ein Engländer und dazu auch reich zu sein, gab seiner Haltung eine Sicherheit, die hier ganz am Platz war.
    Der Aufseher nahm trotz seiner offenen Mißachtung doch den Vortritt und führte uns eine Treppe empor in einen

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