Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan

13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan

Titel: 13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
zum Mutesselim bringen.“
    „Bringen?“ fragte ich mit lächelnder Betonung dieses Wortes.
    „Nein, sondern begleiten. Ich habe ihm alles erzählt und diesem Aufseher des Palastes die Fäuste unter die Nase gehalten. Allah beschützte ihn, sonst hätte ich ihn vielleicht gar getötet oder erwürgt!“
    Dabei rollte er die Augen und bog die zehn Finger wie Zangen zusammen.
    „Was sagte der Kommandant?“
    „Emir, soll ich dir die Wahrheit sagen?“
    „Ich erwarte das!“
    „Er ist nicht erfreut über deinen Besuch.“
    „Ah! Warum nicht?“
    „Er liebt die Fremden nicht und empfängt überhaupt sehr selten Besuche.“
    „Ist er ein Einsiedler?“
    „Nein. Aber er bekommt als Kommandant neben freier Wohnung monatlich sechstausendsiebenhundertachtzig Piaster, und es geht ihm, wie uns allen: er hat seit elf Monaten nichts erhalten und weiß nicht, was er essen und trinken soll. Kann er sich da freuen, wenn er wichtige Besuche erhält?“
    „Ich will ihn sehen und sprechen, aber nicht bei ihm essen!“
    „Das geht nicht. Er muß dich standesgemäß und würdig empfangen, und darum hat er die – die – – –“
    Er wurde verlegen.
    „Was? Die – die – – –?“
    „Die hiesigen Juden zu sich kommen lassen, um fünfhundert Piaster von ihnen zu leihen. Das braucht er, um zu kaufen, was er zu deinem Empfang nötig hat.“
    „Sie haben es ihm gegeben?“
    „Alia illa Allah; sie hatten selbst nichts mehr, denn sie haben ihm bereits alles geben müssen. Nun hat er sich einen Hammel geborgt und noch vieles dazu. Das ist sehr schlimm, besonders für mich, Emir!“
    „Warum für dich?“
    „Weil ich ihm diese fünfhundert Piaster leihen oder – oder – – –“
    „Nun, oder – – –“
    „Oder dich fragen muß ob du – du – – –“
    „Sprich doch weiter, Agha!“
    „Ob du reich bist. Oh, Emir, ich hätte ja selbst auch keinen einzigen Para, wenn du mir heute nichts gegeben hättest! Und davon habe ich an Mersinah fünfunddreißig Piaster geben müssen!“
    Zu meinem Empfang dem Mutesselim fünfhundert Piaster borgen, das heißt soviel wie schenken! Das waren ungefähr hundert Mark. Hm, ich war ja durch das Geld, welches ich bei dem Tier von Abu-Seïf gefunden hatte, nicht ganz mittellos, und für unsern Zweck konnte das Wohlwollen des Mutesselim von großem Vorteil sein. Fünfhundert Piaster konnte ich allenfalls geben, und ebensoviel rechnete ich auf Master Lindsay, der für ein Abenteuer sehr gern diese für ihn so geringfügige Summe verausgabte. Daher begab ich mich in die Stube des Engländers, während der Agha auf mich warten mußte.
    Sir David war grad mit dem Umkleiden beschäftigt. Sein langes Angesicht strahlte vor Vergnügen.
    „Master, wie sehe ich aus?“ fragte er.
    „Ganz Kurde!“
    „Well; gut, sehr gut! Ausgezeichnet! Aber wie wickeln Turban?“
    „Gebt her das Zeug!“
    Er hatte in seinem Leben noch kein Turbantuch in der Hand gehabt. Ich setzte ihm die Mütze auf das strahlende Haupt und schlang ihm das rotschwarze Zeug kunstvoll um dieselbe herum. So brachte ich einen jener riesigen Turbane fertig, wie sie hierzulande von Würdenträgern und vornehmen Männern getragen werden. Eine solche Kopfbedeckung hat oft vier Fuß im Durchmesser.
    „So, nun ist ein kurdischer Großkhan fertig!“
    „Vortrefflich! Herrlich! Schönes Abenteuer! Amad el Ghandur befreien! Alles bezahlen; sehr gut bezahlen!“
    „Ist dies Euer Ernst, Sir?“
    „Warum nicht Ernst?“
    „Ich weiß allerdings, daß Ihr sehr wohlhabend seid und das zur richtigen Zeit auch anzuwenden wißt – – –“
    Er blickte mich schnell und forschend an und fragte dann:
    „Wollt Geld haben?“
    „Ja“, antwortete ich einfach.
    „Well; sollt es bekommen! Für Euch?“
    „Nein. Ich hoffe, daß Ihr mich nicht von einer solchen Seite kennengelernt habt!“
    „Ist richtig, Sir! Also für wen?“
    „Für den Mutesselim.“
    „Ah! Warum? Wozu?“
    „Dieser Mann ist sehr arm. Der Sultan schuldet ihm seit elf Monaten sein Gehalt. Aus diesem Grund hat er jedenfalls das bekannte System aller türkischen Beamten angewandt und die hiesige Bewohnerschaft so ziemlich ausgesaugt. Nun hat niemand mehr etwas, und kein Mensch kann ihm borgen. Deshalb bringt ihn mein Besuch in große Verlegenheit. Er muß mich gastlich empfangen und besitzt die dazu nötigen Mittel nicht. Darum hat er sich einen Hammel und verschiedenes andere geborgt und läßt mich unter der Hand fragen, ob ich reich genug

Weitere Kostenlose Bücher