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13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan

13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan

Titel: 13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Der Agha kostete ein wenig und tat dann einen tiefen Zug.
    „Allah illa Allah! Wallah, Billah, Tallah! Solchen habe ich noch nicht bekommen. Glaubst du, daß er gut ist für ein krankes System, Emir?“
    „Sehr gut!“
    „Oh, wenn das die ‚Myrte‘ wüßte!“
    „Hat sie auch ein System?“
    „Ein sehr durstiges, Effendi!“
    Er tat einen zweiten und nachher einen dritten Zug.
    „Das ist kein Wunder“, meinte ich. „Sie hat sehr viel zu sorgen, zu schaffen und zu arbeiten.“
    „Für mich nicht; das weiß Allah!“
    „Aber für deine Gefangenen.“
    „Sie bringt ihnen täglich einmal Essen, Brot und Mehlwasser.“
    „Wieviel gibt dir der Mutesselim für jeden Gefangenen?“
    „Dreißig Para täglich.“
    Also fünfzehn Pfennige ungefähr! Davon blieb sicherlich die Hälfte in den Händen Selims kleben.
    „Und was erhältst du für die Beaufsichtigung?“
    „Zwei Piaster täglich, die ich aber noch niemals bekommen habe. Ist es da ein Wunder, daß ich diese schöne Arznei noch gar nicht kenne?“
    Er tat abermals einen Zug.
    „Zwei Piaster? Das ist sehr wenig, zumal dir die Gefangenen sehr viele Mühe machen werden.“
    „Mühe? Gar keine! Was soll ich mir mit diesen Halunken für Mühe geben? Ich gehe täglich einmal in das Gefängnis, um nachzusehen, ob vielleicht einer gestorben ist.“
    „Zu welcher Zeit tust du das?“
    „Wenn es mir paßt.“
    „Auch des Nachts?“
    „Ja, wenn ich am Tage es vergessen hatte und grad ausgegangen war. Wallahi, da fällt mir ein, daß ich heute noch nicht dort gewesen bin!“
    „Meine Ankunft hat dich gestört.“
    „Das ist wahr, Effendi.“
    „So mußt du nachsehen?“
    „Das werde ich nicht tun.“
    „Warum nicht?“
    „Die Kerle sind es nicht wert, daß ich mich bemühe!“
    „Richtig! Aber wirst du dir nicht den Respekt verscherzen?“
    „Welchen Respekt?“
    „Du bist doch Agha, ein hoher Offizier. Deine Arnauten und Unteroffiziere müssen Angst vor die haben! Nicht?“
    „Ja, das müssen sie. Bei Allah, das müssen sie!“ beteuerte er.
    „Auch der Sergeant, der im Gefängnis ist?“
    „Auch dieser. Natürlich! Dieser Mazir ist überhaupt ein widerspenstiger Hund. Er muß Angst haben!“
    „So mußt du ihn gut beaufsichtigen, mußt ihn zuweilen überraschen, um zu sehen, ob er im Dienst pünktlich ist, sonst wird er dich niemals fürchten!“
    „Das werde ich; ja, bei Allah, ich werde es!“
    „Wenn er sicher ist, daß du nicht kommst, so sitzt er vielleicht beim Kawedschi (Kaffeewirt) oder bei den Tänzerinnen und lacht dich aus.“
    „Das soll er wagen! Ich werde ihn überraschen, morgen oder auch heute noch. Emir, willst du ihn mit überraschen?“
    Ich hütete mich wohl, einen Zweifel darüber blicken zu lassen, ob ich überhaupt das Recht habe, in dem Gefängnis Zutritt zu nehmen; ich tat im Gegenteil, als ob ich ihm mit meiner Begleitung eine Ehre erwiese:
    „Ist so ein Kerl es wert, daß er das Angesicht eines Emir sieht?“
    „Du begleitest mich doch nicht um seinet-, sondern um meinetwillen.“
    „Dann muß mir aber auch die Ehre erwiesen werden, die einem Emir und Effendi, der das Gesetz studiert hat, gebührt!“
    „Das versteht sich! Es wird so sein, als ob mich der Mutesselim selbst begleitete. Du sollst das Gefängnis inspizieren.“
    „So gehe ich mit, denn ich bin überzeugt, daß mich diese Arnauten nicht für einen Khawassen halten.“
    Er hatte nur noch eine kleine Neige im Krug, und ich hatte mit ihm gleichen Schritt gehalten. Seine Augen wurden kleiner, und die Spitzen seines Schnurrbartes standen auf Krakeel.
    „Wollen wir uns noch einen Krug kommen lassen, Selim Agha?“ fragte ich ihn.
    „Nein, Effendi, wenn es dir beliebt. Ich dürste danach, diesen Mazir zu überraschen. Wir werden morgen wieder hierhergehen!“
    Der Sergeant wurde nur vorgeschoben, in Wirklichkeit aber mochte der gute Agha die Gefährlichkeit des Weines aus Türbedi Haidari bereits verspüren. Er legte die Pfeife fort und erhob sich ein wenig unsicher.
    „Wie war der Tabak, Effendi?“ erkundigte er sich.
    Ich ahnte den Grund und antwortete deshalb:
    „Schlecht. Er macht Kopfschmerzen und Schwindel.“
    „Bei Allah, du hast recht. Dieser Tabak schwächt das System des Blutes und der Nerven, während man doch gekommen ist, es zu stärken. Komm, laß uns gehen!“
    „Müssen wir denn dem Juden unsere Entfernung melden?“
    „Ja.“
    Er klatschte in die Hände. Das war wieder das Zeichen; dann traten wir in das Freie. Das kurze

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