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13 - Wo kein Zeuge ist

13 - Wo kein Zeuge ist

Titel: 13 - Wo kein Zeuge ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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ist nicht der geeignete Zeitpunkt, um über den Gesundheitszustand des Superintendent zu sprechen«, lautete Hilliers Antwort. »Übernehmen Sie diese Ermittlung, oder soll ich sie einem Ihrer Kollegen übertragen?«
    »Ich hätte Barbara Havers gern wieder als Sergeant in meinem Team.«
    »Ach wirklich. Nun, wir sind hier aber nicht auf dem Basar, und wir feilschen auch nicht. Sie haben die Wahl zwischen: Ja, Sir, ich mache mich sofort an die Arbeit, oder: Bedaure, ich nehme eine längere Zeit Urlaub.«
    Lynley war nichts anderes übrig geblieben, als sich für das »Ja, ich mache mich sofort an die Arbeit« zu entscheiden, ohne dass er die Möglichkeit gehabt hätte, sich für Havers einzusetzen. Er nahm sich jedoch vor, seine Kollegin in diesem Fall mit den Aufgaben zu betrauen, die ihre Stärken besonders hervorheben würden. Im Laufe der kommenden Monate würde es ihm sicher gelingen, die Ungerechtigkeiten wieder gutzumachen, die Barbara seit dem vergangenen Juni widerfahren waren.
    Jetzt hatte Hillier ihn jedoch erst einmal ausmanövriert. Winston Nkata hatte als frisch gebackener Sergeant die Bühne betreten - womit er Havers' Beförderung vorläufig im Wege stand -, ohne zu ahnen, welche Rolle er in dem sich anbahnenden Drama spielen sollte.
    All das erfüllte Lynley mit Zorn, aber seine Miene gab nichts preis. Er war neugierig, wie Hillier um den heißen Brei herumzutanzen gedachte, wenn er Nkata zu seiner rechten Hand ernannte. Denn Lynley zweifelte nicht daran, dass genau das Hilliers Absicht war. Mit einem Elternteil aus Jamaika, dem anderen von der Elfenbeinküste, war Nkata ganz entschieden schwarz, und das traf sich ausgesprochen gut: Denn sobald die Nachricht sich verbreitete, dass es eine Serie rassistisch motivierter Morde gab, die bislang nicht miteinander in Zusammenhang gebracht worden waren, obwohl dies längst hätte geschehen müssen, dann würde der nichtweiße Teil der Bevölkerung auf die Barrikaden gehen. Der willkürliche, sinnlose Mord an Stephen Lawrence - einem schwarzen Jungen, der auf offener Straße von weißen Jugendlichen erstochen worden war - war in London unvergessen. Hier hatten sie es nun nicht mit einem Stephen Lawrence zu tun, sondern mit dreien. Und es gab keine Entschuldigung, nur die offensichtliche Erklärung, die Barbara Havers mit ihrer typischen, politisch unklugen Direktheit ausgesprochen hatte: Institutioneller Rassismus, der dazu führte, dass die Polizei die Ermordung schwarzer und gemischtrassiger Jugendlicher nicht mit großem Elan verfolgt hatte. Einfach so.
    Derweil verströmte Hillier Jovialität: Er bot Nkata einen Platz an und setzte ihn ins Bild. Die ethnische Zugehörigkeit der ersten drei Opfer erwähnte er mit keinem Wort, aber Winston Nkata war kein Dummkopf.
    »Das heißt, Sie haben ein Problem«, war sein kühles Resümee am Ende von Hilliers Ausführungen.
    Dieser erwiderte mit einstudierter Gelassenheit: »So wie die Situation sich momentan darstellt, sind wir bemüht, Probleme zu vermeiden.«
    »Und da komme ich ins Spiel, richtig?«
    »Sozusagen.«
    »Wie zu sagen?«, hakte Nkata nach. »Wie wollen Sie das unter den Teppich kehren? Nicht die Morde an sich, meine ich, sondern die Tatsache, dass nichts unternommen wurde?«
    Lynley hatte Mühe, ein Lächeln zu unterdrücken. Ach, Winston, dachte er, du lässt dich von niemandem an der Nase herumführen.
    »In allen zuständigen Polizeiwachen sind Ermittlungen durchgeführt worden«, lautete Hilliers Antwort. »Zugegeben, zwischen den einzelnen Mordfällen hätten Verbindungen hergestellt werden müssen, und das ist nicht geschehen. Aus diesem Grund übernehmen wir von Scotland Yard die Fälle. Ich habe Acting Superintendent Lynley instruiert, ein Team zusammenzustellen. Ich will, dass Sie in diesem Team eine herausragende Stellung einnehmen.«
    »Sie meinen eine Vorzeigerolle«, sagte Nkata.
    »Ich meine eine verantwortliche, entscheidende ...«
    »... sichtbare«, warf Nkata ein.
    »... ja, meinetwegen, eine sichtbare Rolle.« Hilliers für gewöhnlich schon frische Gesichtsfarbe nahm einen tieferen Rotton an. Es war unschwer zu erkennen, dass dieses Treffen nicht in den von ihm vorgesehenen Bahnen verlief. Hätte Hillier vorher gefragt, hätte Lynley ihn gern darüber aufgeklärt, dass Winston Nkata als ehemaliger Chefstratege der Brixton Warriors - eine Vergangenheit, deren sichtbare Narben er noch heute trug - der letzte Mensch war, den man nicht ernst nehmen durfte, wenn man seine politischen

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