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13 - Wo kein Zeuge ist

13 - Wo kein Zeuge ist

Titel: 13 - Wo kein Zeuge ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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verlangte, und dem, was Lynley um keinen Preis zulassen wollte.
    Andererseits war der Psychologe hier nicht erwünscht. Niemand am Tatort hatte ihn angefordert, und es war allein auf Hilliers Einmischung und seinen Wunsch, den Medien etwas anbieten zu können, zurückzuführen, dass Robson überhaupt hier war. Wenn Lynley Hillier jetzt nachgab, würde der Assistant Commissioner als Nächstes wahrscheinlich ein Medium verpflichten. Und danach was? Jemanden, der aus Teeblättern oder den Innereien eines Lamms las? Er durfte das nicht zulassen. Irgendwer musste die Kontrolle über den schwankenden, führerlos dahinrasenden Wagen dieser Situation übernehmen, und jetzt war der Augenblick, es zu tun.
    »Es tut mir Leid, Dr. Robson«, sagte Lynley.
    Robson wirkte enttäuscht. »Das ist Ihr letztes Wort?«, fragte er.
    »Ja.«
    »Sind Sie sicher, dass das klug ist?«
    »Es gibt im Moment gar nichts, dessen ich mir sicher bin.«
    »Das ist das wirklich Furchtbare, nicht wahr?«
    Robson stieg aus dem Wagen und ging zur Absperrung zurück. Auf seinem Weg kam er an DI Widdison vorbei, unternahm jedoch keinen Versuch, ihn anzusprechen. Widdison entdeckte Lynleys Auto und hob eine Hand, als wolle er ihn hindern, davonzufahren. Lynley öffnete das Fenster, während der Detective Inspector herüberhastete.
    »Wir hatten einen Anruf von der Wache an der Hornsey Road«, berichtete er. »Ein Junge wird vermisst. Seine Eltern haben es gestern Abend gemeldet. Die Beschreibung passt auf unser Opfer.«
    »Wir fahren hin«, sagte Lynley, und Havers kippte den Inhalt ihrer Schultertasche auf den Wagenboden, um ihr Notizbuch zu finden und die Adresse aufzuschreiben.
    Die Straße lag in Upper Holloway, einer kleinen Wohnsiedlung unweit der Junction Road. Gleich um die Ecke von William Becketts Beerdigungsinstitut und Yildiz' Supermarkt fanden sie ein Stück Asphalt, das sich großspurig Bovingdon Close nannte. Es war eine Fußgängerzone, also ließen sie den Bentley auf der Hargrave Road, wo ein bärtiger Obdachloser mit einer Gitarre in der Hand und einem nassen Schlafsack, den er hinter sich herschleifte, anbot, das Auto für den Preis eines Bieres zu bewachen. Oder eine Flasche Wein, wenn ihnen danach war und er mit der gebotenen Pflichterfüllung dafür sorgte, dass das Gesindel dieser Gegend die Finger von »einer so schicken Karre wie Ihrer, Meister« ließ. Er trug einen großen, grünen Müllsack als Regenmantel und hörte sich an wie eine Figur aus einem Historienfilm, jemand, der in seiner Jugend zu viel Zeit vor dem Fernseher und dem BBCi-Programm verbracht hatte.
    »Gibt Langfinger genug in dieser Gegend«, erklärte er ihnen. »Man kann hier nichts herumstehen lassen, ohne dass sie sich daran zu schaffen machen, Sir.« Er schien vage Richtung Kopf zu tasten, als suche er etwas, das er respektvoll lüpfen konnte. Während er sprach, füllte sich die Luft mit dem schweren Geruch von Zähnen, die dringend gezogen werden mussten.
    Lynley sagte dem Mann, er dürfe ruhig ein Auge auf den Wagen haben. Der Obdachlose setzte sich auf die Eingangsstufen des nächstbesten Reihenhauses und begann - Regen hin oder her -, an den drei verbliebenen Saiten seiner Gitarre zu zupfen. Mit finsteren Blicken beobachtete er eine Gruppe schwarzer Jugendlicher mit Rucksäcken, die die Straße entlanglief.
    Lynley und Havers wandten sich ab und gingen Richtung Bovingdon Close. Der Weg in die Gasse führte durch eine tunnelartige Öffnung in dem zimtfarbenen Ziegelbau, der Teil der eigentlichen Siedlung war. Sie suchten die Nummer dreißig und fanden sie nicht weit von dem einzigen Flecken Grün der Siedlung entfernt: eine dreieckige Wiese mit einer kleinen Bank und zurückgeschnittenen Rosenbüschen, die an den drei Ecken ein jammervolles Winterdasein führten. Abgesehen von vier Schösslingen, die auf der Wiese ums Überleben kämpften, gab es keine Bäume am Bovingdon Close, und die Häuser, die nicht an die Grünfläche grenzten, standen einander gegenüber, von kaum fünf Metern Asphalt getrennt. Im Sommer, wenn die Fenster offen waren, nahm zweifellos jeder Anwohner Anteil an den Angelegenheiten seiner Nachbarn.
    Jedes Haus hatte vor der Tür ein Fleckchen Erde von der Größe eines Sandwiches, das die Optimisten unter den Bewohnern Garten nannten. Vor Nummer dreißig war das fragliche Fleckchen Erde ein ungefähres Rasendreieck. Ein Kinderfahrrad lag darauf, daneben ein grüner Plastikgartenstuhl und ein abgewetzter Federball, der aussah, als habe

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