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13 - Wo kein Zeuge ist

13 - Wo kein Zeuge ist

Titel: 13 - Wo kein Zeuge ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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gebraucht«, fuhr Jack fort. »Dieses Mal hat er eine ganze Liste mit Daten dabei. Ich hoffe, du führst genauestens Tagebuch über deine Aktivitäten, denn das ist es, was er verlangt. Darf ich dir Detective Sergeant Wahaha vorstellen?«
    Nkata wandte sich an Greenham: »Winston Nkata«, und griff in die Innentasche nach seinem Dienstausweis.
    »Nicht nötig«, sagte Neil. »Ich glaub Ihnen. Und ich sag Ihnen, was Sie glauben müssen: Ich gehe jetzt da rein« - und damit wies er auf die Tür ins Innere des Gebäudes -, »und rufe meinen Anwalt an. Ich bin nicht länger bereit, ohne rechtlichen Beistand Fragen zu beantworten oder mit der Polizei zu plaudern. Was Sie hier treiben, grenzt an Belästigung.« Und dann sagte er zu Veness: »Sei bloß vorsichtig. Die geben keine Ruhe, bis sie einen von uns haben. Sag das weiter.« Er ging zur Tür.
    Nkata begriff, dass es diesseits des Flusses nichts mehr für ihn zu tun gab, als im Miller and Grindstone und beim Inder das Alibi zu überprüfen. Falls Jack Veness in den frühen Morgenstunden durch London schlich, um Leichen nahe der Wohnstätten seiner Kollegen abzulegen, war er seinen Bekannten im Pub oder beim Imbiss bestimmt nicht durch ein besonderes Verhalten aufgefallen. Trotzdem: Wenn er MABIL als neue Quelle für seine Opfer gewählt hatte, war es ihm vielleicht unnötig erschienen, für die Abende der MABIL-Zusammenkünfte im Pub und beim Inder Alibis zu arrangieren. Es war nur eine winzig kleine Chance, aber es war etwas.
    Nkata verabschiedete sich mit der Bitte, Robby Kilfoyle und Griffin Strong mögen ihn anrufen, wenn sie irgendwann auftauchten. Er überquerte den Parkplatz hinter dem Gebäude und stieg in seinen Escort.
    Colossus gegenüber auf der anderen Straßenseite, in den heruntergekommenen und graffitibeschmierten Eisenbahnbogen, die den Schienenstrang zur Waterloo Station trugen, befanden sich vier Autowerkstätten, eine Taxizentrale, ein Paketdienst und ein Fahrradladen. Vor diesen Geschäften lungerten Jugendliche aus der Umgebung herum. Sie standen in Gruppen zusammen, und noch während Nkata hinübersah, kam ein asiatischer Mann aus dem Fahrradladen und scheuchte sie weg. Sie lieferten sich ein Wortgefecht mit dem Mann und schlurften schließlich Richtung New Kent Road davon.
    Als Nkata ihnen folgte, entdeckte er noch mehr von ihnen unter der Eisenbahnunterführung und weitere, aufgereiht wie Perlen zu zweit, zu dritt oder zu viert, auf der ganzen Strecke bis zu einem schäbigen Einkaufszentrum an der Ecke von Elephant and Castle. Sie trotteten über Bürgersteige, die mit ausgespuckten Kaugummis, Kippen, Saftkartons, Fastfood-Papier, zerdrückten Coladosen und angenagten Kebabs übersät waren. Sie ließen eine Zigarette herumgehen ... oder wohl eher einen Joint, schwer zu sagen. Aber sie fürchteten anscheinend nicht, in diesem Teil der Stadt zur Rede gestellt zu werden, ganz gleich, was sie taten. Sie waren empörten Bürgern gegenüber in der Mehrheit, die sie daran hindern könnten, zu tun, was immer ihnen gefiel. Zum Beispiel, ohrenbetäubend laute Rap-Musik zu hören oder dem Kebabverkäufer das Leben schwer zu machen, der seinen winzigen Laden zwischen dem Charlie Chaplin Pub und El Azteca - mexikanische Produkte und Partyservice - hatte. Sie wussten nichts mit sich anzufangen und hatten keinen Ort, wohin sie gehen konnten. Die Schule war vorbei, keine Aussicht auf einen Job, so warteten sie ziellos darauf, dass der Strom des Lebens sie irgendwohin spülte.
    Aber keiner von ihnen hatte so angefangen. Jeder Einzelne war einmal ein unbeschriebenes Blatt gewesen. Das brachte Nkata ins Bewusstsein, welches Glück er selbst gehabt hatte. Die Kombination aus Menschlichkeit und Umständen, die ihn dorthin gebracht hatte, wo er heute war, und die auch Stoney dorthin gebracht hatte, wo er heute war, dachte er.
    Er wollte nicht an seinen Bruder denken, dem er ohnehin nicht mehr helfen konnte. Lieber dachte er an die Menschen, für die er noch etwas tun konnte. Im Gedenken an Stoney? Nein. Nicht dafür, sondern in Anerkennung der Chance, die er bekommen hatte, und aus Dankbarkeit für seine Fähigkeit, sie zu ergreifen, als sie sich geboten hatte.
    Das Canterbury Hotel war eines jener modernisierten edwardianischen Häuser in South Kensington, die sich in einer langgezogenen nördlichen Kurve von der Cromwell Road bis Lexham Gardens aneinander reihten. Vor langer Zeit war es einmal ein elegantes Haus inmitten anderer eleganter Häuser gewesen, als

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