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13 - Wo kein Zeuge ist

13 - Wo kein Zeuge ist

Titel: 13 - Wo kein Zeuge ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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ihrem Begleiter und wieder zurück, und ihr Blick in Lynleys Richtung sagte: Jedem Tierchen sein Pläsierchen.
    Barbara ersparte Lynley die Peinlichkeit, dem Mädchen erklären zu müssen, dass sie sich bezüglich ihres Besuchs im Canterbury Hotel falsche Vorstellungen machte. Während auch sie den Dienstausweis hervorkramte, sagte sie: »Wenn wir es tun, bevorzugen wir den Rücksitz im Auto. Klar, dort ist es ein bisschen beengt, aber dafür billig.« Sie streckte dem Mädchen den Ausweis entgegen. »New Scotland Yard«, erklärte sie. »Und wir sind ja so was von glücklich zu hören, dass Sie den Leuten hier in der Gegend helfen, mit ihren unbezähmbaren Trieben klarzukommen. Dies ist übrigens Detective Superintendent Lynley.«
    Die Augen des Mädchens huschten über beide Dokumente. Sie hob die Hand und befingerte den Kronleuchter an ihrem Ohr. »Ach du Schreck, tut mir Leid«, sagte sie. »Wissen Sie, ich hab auch eigentlich gar nicht gedacht, dass Sie beide ...«
    »Okay«, unterbrach Barbara. »Fangen wir mit den Zeiten an, zu denen Sie hier arbeiten. Von wann bis wann?«
    »Warum?«
    Lynley fragte: »Arbeiten Sie auch nachts?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich mach um sechs Feierabend.
    Was ist hier los? Was ist passiert?« Es war eindeutig, dass man sie darauf gedrillt hatte, was zu tun war, wenn die Polizei erschien. Sie griff nach dem Telefon und sagte: »Lassen Sie mich Mr. Tatlises rufen.«
    »Ist er der Nachtportier?«
    »Er ist der Geschäftsführer. He, was machen Sie da?«, fragte sie entrüstet, als Barbara über die Theke griff und die Gabel des Telefons herunterdrückte.
    »Fürs Erste wären wir mit dem Nachtportier vollauf zufrieden«, erklärte sie dem Mädchen. »Wo ist er?«
    »Er ist legal«, versicherte sie. »Alle, die hier arbeiten, sind legal, alle haben ordentliche Papiere, und Mr. Tatlises sorgt auch dafür, dass alle die Englischkurse besuchen.«
    »Er ist ein wahrer Stützpfeiler der Gesellschaft«, bemerkte Barbara.
    »Wo finden wir den Nachtportier?«, fragte Lynley. »Wie heißt er?«
    »Schläft.«
    »Den Namen kenn ich noch nicht«, sagte Barbara. »Aus welchem Land kommt der?«
    »Hä? Er hat hier ein Zimmer ... Deswegen. Hören Sie, er will bestimmt nicht geweckt werden.«
    »Dann übernehmen wir das für Sie«, schlug Lynley vor. »Wo ist sein Zimmer?«
    »Oberstes Stockwerk«, sagte sie. »Einundvierzig. Einzelzimmer. Er braucht nichts dafür zu bezahlen. Mr. Tatlises zieht es ihm vom Gehalt ab und berechnet nur den halben Preis.« Sie sagte das, als würden diese Informationen ausreichen und verhindern, dass sie mit dem Nachtportier sprachen.
    Als Lynley und Barbara sich zum Aufzug wandten, griff das Mädchen wieder nach dem Telefon. Es bestanden kaum Zweifel, dass sie entweder Verstärkung rief oder aber den Bewohner von Zimmer einundvierzig vorwarnte, dass die Polizei auf dem Weg zu ihm war.
    Der Lift stammte aus einer Epoche vor dem Ersten Weltkrieg, ein Gitterkäfig, der mit würdevoller Langsamkeit emporschwebte, was für mystische Himmelfahrten geeignet gewesen wäre. Er war gerade groß genug für zwei Fahrgäste ohne Gepäck. Aber in diesem Hotel musste man bestimmt kein Gepäck vorweisen, um ein Zimmer zu bekommen.
    Die Tür zu Zimmer Nummer einundvierzig stand offen, als sie ankamen. Der Bewohner erwartete sie im Schlafanzug, einen ausländischen Pass in der Hand. Er war vielleicht zwanzig Jahre alt. »Guten Tag«, sagte er. »Freut mich, Sie kennen zu lernen. Ich heiße Ibrahim Sel^uk. Mr. Tatlises ist mein Onkel. Ich spreche Englisch wenig. Meine Papiere sind in Ordnung.«
    Wie bei der Rezeptionistin war auch jedes seiner Worte auswendig gelernt: der Text, den er aufsagen sollte, wenn die Polizei ihm Fragen stellte. Vermutlich wimmelte es in diesem Laden von illegalen Einwanderern, aber das war im Moment nicht ihre Sorge, was Lynley dem Mann deutlich machte, indem er sagte: »Wir haben nichts mit der Einwanderungsbehörde zu tun. Am Achten dieses Monats kam ein Junge in Begleitung eines seltsam aussehenden Mannes mit gelbweißem Haar und Sonnenbrille hierher. Albino nennt man so jemanden. Keine Farbe in der Haut. Der Junge war etwa dreizehn Jahre alt und blond.« Lynley zog das Bild von Davey Benton und das Polizeifoto von Minshall, das auf der Holmes-Street-Wache aufgenommen worden war, aus der Innentasche und zeigte sie Sel^uk. »Es ist möglich, dass der Junge in Begleitung eines anderen Mannes, der hier bereits ein Zimmer gebucht hatte, das Hotel verlassen

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