13 - Wo kein Zeuge ist
Sie ihm keine Angaben machen konnten, wie die Brille aussieht oder wie dicht der Bart ist. Die Schirmmütze ist auf allen die gleiche, sagt er.«
Lynley dankte ihr, während Havers an den Schreibtisch trat, um die Bilder anzuschauen. Die beiden Zeichnungen waren nun verändert worden: Beide Verdächtige trugen eine Mütze, Brille und Bart. Das brachte sie nicht wesentlich weiter, aber es war ein Schritt.
Er stand auf. »Kommen Sie mit«, wies er Havers an. »Es wird Zeit, dass wir zum Canterbury Hotel fahren.«
25
»Wie ich Ihren Kollegen schon gesagt habe, ich war im Miller and Grindstone«, sagte Jack Veness. »Ich weiß nicht, wie lange, denn manchmal bleibe ich, bis der Pub schließt, und manchmal nicht, und ich führe kein verdammtes Tagebuch darüber, okay? Aber ich war da, und anschließend haben mein Kumpel und ich uns was zu essen geholt. Egal, wie oft Sie fragen, ich werd Ihnen immer wieder die gleiche Antwort geben. Also wozu fragen Sie eigentlich?«
»Die Sache ist die, Jack«, antwortete Nkata, »dass immer mehr interessante Begebenheiten ans Licht kommen. Je mehr wir bei diesem Fall darüber erfahren, wer was mit wem tut, umso gründlicher müssen wir überprüfen, wer vielleicht noch was anderes getan hat. Und wann. Es läuft immer wieder auf >wann< raus, Mann.«
»Es läuft darauf hinaus, dass die Cops irgendjemandem was anhängen wollen, und es kümmert sie nicht sonderlich, wem. Ihr habt vielleicht Nerven, wisst ihr das eigentlich? Leute werden zwanzig Jahre lang eingesperrt, und plötzlich stellt sich heraus, dass sie reingelegt wurden, aber ihr ändert eure Vorgehensweise nie, oder?«
»Haben Sie Angst, dass Ihnen das passiert?«, fragte Nkata. »Warum?«
Er und der Mitarbeiter von Colossus standen sich am Eingang gegenüber, wohin Nkata ihm vom Parkplatz gefolgt war. Jack hatte dort von zwei Zwölfjährigen Zigaretten geschnorrt. Eine hatte er sich angezündet, eine in die Tasche und eine hinter sein Ohr gesteckt. Zuerst hatte Nkata ihn für einen der Besucher gehalten. Erst als Veness ihn an der Tür mit einem »He, Sie da, was haben Sie hier zu suchen?« aufhielt, hatte er begriffen, dass der schmuddelige junge Mann ein Colossus-Mitarbeiter war.
Er hatte Veness um ein kurzes Gespräch gebeten und ihm seinen Dienstausweis gezeigt. Nkata hatte eine Liste mit Daten, an denen MABIL-Treffen stattgefunden hatten - Barry Minshall hatte sie auf Anraten seines Anwalts zusammengestellt -, und er fragte die Alibis für diese Daten ab. Das Problem war, dass Jack Veness' Alibi sich nicht änderte, wie er selbst betont hatte.
Nun stolzierte Jack in den Empfang, als sei er mit dem Ausmaß seiner Kooperation zufrieden. Nkata folgte ihm. Ein Junge lümmelte sich auf einem der abgewetzten Sofas herum, er rauchte und versuchte erfolglos, Rauchringe an die Decke zu blasen.
»Mark Connor!«, bellte Veness. »Du willst wohl einen Tritt in den Hintern! Innerhalb des Colossus-Gebäudes ist striktes Rauchverbot, und das weißt du ganz genau. Was denkst du dir eigentlich?«
»Ist doch keiner hier.« Mark klang gelangweilt. »Wenn du nicht vorhast, mich zu verpfeifen, kriegt es keiner raus.«
»Ich bin hier, kapiert?«, schnauzte Jack. »Verpiss dich, oder mach die Kippe aus.«
»Scheiße«, brummelte Mark und schwang die Beine vom Sofa. Er kam auf die Füße und schlurfte zur Tür. Der Schritt seiner Hose hing in Rapper-Manier fast auf Kniehöhe.
Jack ging hinter die Empfangstheke und drückte ein paar Tasten an seinem Computer. Zu Nkata sagte er: »Was sonst? Wenn Sie noch irgendjemanden hier sprechen wollen, die sind ausgeflogen. Allesamt.«
»Griffin Strong?«
»Haben Sie was mit den Ohren?«
Nkata antwortete nicht. Er sah Veness in die Augen und wartete. Jack gab nach, aber sein Tonfall machte deutlich, dass er nicht glücklich war. »War den ganzen Tag noch nicht hier«, sagte er. »Wahrscheinlich ist er zum Augenbrauenzupfen oder so.«
»Greenham?«
»Wer weiß? Seine Vorstellung von Mittagspause ist zwei Stunden Minimum. Damit er seine Mummy zum Doktor fahren kann, sagt er.«
»Kilfoyle?«
»Der kommt nie, bevor er seine Auslieferungen gemacht hat, und ich hoffe, das ist bald, denn er hat ein Salami-und-Salat-Sandwich bei sich, das ich gern essen möchte. Sonst noch was, Mann?« Er nahm einen Bleistift und klopfte damit vielsagend auf einen Notizblock. Wie aufs Stichwort klingelte das Telefon, und er nahm ab. Nein, sagte er, sie sei nicht da. Ob er etwas ausrichten könne? Dann fügte er
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