Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
13 - Wo kein Zeuge ist

13 - Wo kein Zeuge ist

Titel: 13 - Wo kein Zeuge ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
Vom Netzwerk:
die Nähe zum Kensington Palace diesen Teil der Stadt beliebt gemacht hatte. Doch heute war der Glanz verblasst. Die Klientel bestand aus Ausländern mit sehr bescheidenen Ansprüchen und begrenzten Mitteln oder aus Paaren, die ein, zwei Stunden sexuellen Verkehr pflegen wollten, wo keine Fragen gestellt wurden. Die Hotels hatten allesamt Namen, in denen Worte wie »Court« oder »Park« oder historisch bedeutsame Orte vorkamen, was eine gewisse Eleganz und Großartigkeit suggerieren sollte, über den Zustand des Verfalls aber nicht hinwegtäuschen konnte.
    Von der Straße betrachtet, sah das Canterbury Hotel so aus, als werde es Barbaras schlimmste Erwartungen erfüllen. Das schmuddelige weiße Schild wies zwei Löcher auf, sodass das Etablissement »Can bury Hot« hieß, und im schachbrettartig gemusterten Marmoreingang klafften Lücken. Als Lynley die Hand nach dem Türkauf ausstreckte, hielt Barbara ihn zurück.
    »Sie wissen, was ich meine, oder?« Sie wedelte mit den modifizierten Phantombildern, die sie in der Hand hielt. »Es ist das Einzige, worüber wir noch nicht gesprochen haben.«
    »Ich widerspreche Ihnen nicht«, antwortete Lynley. »Aber so lange wir nichts ...«
    »Wir haben Minshall, Sir. Und er fängt an zu kooperieren.«
    Lynley wies auf den Eingang zum Canterbury Hotel. »Ob das stimmt, wissen wir in ein paar Minuten. Im Augenblick können wir nur mit Gewissheit sagen, dass weder Muwaffaq Masoud noch der Zeuge aus dem Square-Four-Sportclub irgendetwas zu gewinnen haben, wenn sie lügen. Wir beide wissen, dass das nicht auf Minshall zutrifft.«
    Sie sprachen über die neuen Phantombilder. Worauf Barbara hinauswollte, war deren Unzuverlässigkeit. Muwaffaq Masoud hatte den Mann, der seinen Wagen gekauft hatte, vor vielen Monaten zuletzt gesehen. Der Zeuge aus dem Square Four Gym hatte das Individuum, das Sean Lavery verfolgte, vor über vier Wochen gesehen. »Und er wusste nicht mal genau, ob der Typ Sean Lavery gefolgt ist, das müssen Sie zugeben«, hatte sie zu bedenken gegeben. Was auf diesen Phantombildern zu sehen war, basierte auf der Erinnerung zweier Männer, die in dem Moment, als sie die fragliche Person gesehen hatten, keinen Grund gehabt hatten, sich die Details einzuprägen. Diese Phantombilder waren deswegen unter Umständen völlig wertlos für die Polizei, während eines, das nach Barry Minshalls Angaben erstellt wurde, sie auf die richtige Fährte setzen könnte.
    Falls sie sich darauf verlassen konnten, dass Minshall korrekte Angaben machte, hatte Lynley eingewandt. Das war zweifelhaft, bis sie herausgefunden hatten, inwieweit seine Aussage zu den Vorgängen im Canterbury Hotel der Wahrheit entsprach.
    Lynley ging voraus. Es gab keine Lobby, lediglich einen Korridor mit einem abgewetzten türkischen Läufer und eine Durchreiche in der Wand, hinter der eine Art Rezeption zu liegen schien. Das Geräusch ausströmenden Treibgases kam von dort, zusammen mit dem schweren, beißenden Geruch einer Substanz, die jeden Sniffer in Entzücken versetzt hätte. Sie traten näher, um der Sache auf den Grund zu gehen.
    Sie entdeckten eine junge Frau in den Zwanzigern, an deren Ohrläppchen so etwas wie ein kleiner Kronleuchter baumelte, die über einer aufgeschlagenen Boulevardzeitung hockte und ein Paar Stiefel imprägnierte. Ihre Stiefel, so wie es aussah, denn ihre Füße waren nackt.
    Lynley hatte seinen Dienstausweis gezückt, doch die Rezeptionistin schaute nicht auf. Sie war praktisch gänzlich von den Dämpfen aus ihrer Spraydose eingehüllt.
    »Augenblick«, sagte sie und sprühte weiter.
    »Verflucht, lassen Sie hier mal ein bisschen Luft rein.« Barbara ging zur Tür und riss sie auf. Als sie zum Rezeptionsfenster zurückkam, war das Mädchen aufgestanden.
    »Schande«, sagte sie und lachte benebelt. »Sie meinen's ernst damit, dass man dieses Zeug nur in gut belüfteten Räumen benutzen soll.« Sie schob eine Anmeldekarte zusammen mit einem Kuli und einem Zimmerschlüssel über die Theke. »Fünfundfünfzig pro Nacht, dreißig pro Stunde. Oder fünfzehn, wenn Sie nicht so pingelig sind, was die Laken betrifft. Ich würde das übrigens nicht empfehlen - das 15-Pfund-Angebot -, aber verraten Sie nicht, dass ich das gesagt habe.« Dann endlich sah sie die beiden Personen an, die vor ihr standen. Sie hatte offensichtlich immer noch nicht gemerkt, dass sie Polizisten vor sich hatte, trotz Lynleys Dienstausweis, den er ihr praktisch vor die Nase hielt, denn sie schaute nur von Barbara zu

Weitere Kostenlose Bücher