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13 - Wo kein Zeuge ist

13 - Wo kein Zeuge ist

Titel: 13 - Wo kein Zeuge ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Lynley?«
    Er brauchte nicht aufzuschauen, um zu wissen, dass es Dorothea Harriman war, die immer größten Wert auf korrekte Anrede legte. »Ja, Dee?«, fragte er.
    Sie sagte nichts. Also schaute er doch auf. Ihr Gesichtsausdruck bat um Verzeihung. Er runzelte die Stirn. »Was gibt es?«
    »Assistant Commissioner Hillier. Er ist unterwegs hierher. Er hat mich persönlich angerufen und aufgefordert, dafür zu sorgen, dass Sie in Ihrem Büro bleiben. Ich sagte, das werde ich tun, aber ich erkläre ihm auch gern, dass Sie schon weg waren, als ich herkam, um es Ihnen auszurichten.«
    Lynley seufzte. »Riskieren Sie nicht Ihren Job. Er soll ruhig kommen.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Ich bin sicher. Gott weiß, ich brauche etwas, das mich aufheitert.«
    Das Wunder, fand Barbara Havers, war, dass Wendy dieses Mal nicht in den Wolken schwebte. Als Barbara zu dem Stand am Camden Lock Market kam, hatte sie vielmehr den Eindruck, dass die alternde Hippiebraut clean geworden war. Wendy stand hinter der Theke ihres winzigen Ladens und sah immer noch aus wie der Tod auf Rädern - graue Locken, aschfarbene Haut und bunte, aus indischen Bettdecken zusammengenähte Kaftane ergaben eine unvorteilhafte Kombination -, doch wenigstens waren ihre Augen klar. Die Tatsache, dass sie sich an Barbaras früheren Besuch nicht erinnerte, gab vielleicht Anlass zur Sorge, doch sie schien gewillt, ihrer Schwester Petula zu glauben, als diese von der Theke ihres Ladens herüberrief: »Du warst breit wie Kuckuck, Liebes.«
    Wendy sagte: »Ups«, und zuckte die massigen Schultern. Dann fügte sie an Barbara gewandt hinzu: »Tut mir Leid, Herzchen. Es muss einer von den weniger guten Tagen gewesen sein.«
    Petula vertraute Barbara nicht ohne Stolz an, dass Wendy wieder mal das Zwölf-Punkte-Programm machte. Sie hatte es schon mal versucht, und damals hatte es nicht so richtig gezündet, aber dieses Mal machte die Familie sich Hoffnung. »Sie hat einen Kerl kennen gelernt, und der hat ihr ein Ultimatum gestellt«, fügte Petula gedämpft hinzu. »Und für einen ordentlichen Schwanz tut Wendy alles, wissen Sie. Das war immer schon so. Dieses Mädchen hat den Sextrieb einer Ziege.«
    Wenn's denn hilft, dachte Barbara. »Ambra-Öl«, sagte sie zu Wendy. »Haben Sie welches verkauft? Kürzlich, meine ich. In den letzten Tagen?«
    Wendy schüttelte das graue, gelockte Haupt. »Literweise Massageöl«, antwortete sie. »Ich hab sechs Wellnessschuppen, die meine besten Kunden sind. Die kaufen große Mengen entspannender Substanzen wie Eukalyptus. Aber niemand macht was mit Ambra. Und das ist auch gut so, wenn Sie meine Meinung wissen wollen. Was wir den Tieren antun, wird irgendwer eines Tages mit uns tun. Aliens von einem anderen Planeten oder so. Vielleicht stehen die auf unser Fett, so wie wir auf Tran, und Gott allein weiß, wofür die es brauchen. Aber warten Sie nur ab, es wird passieren.«
    »Wendy, Liebes«, unterbrach Petula, und ihr Tonfall sagte: Verschieb das auf später. Sie hatte ein Tuch zur Hand genommen und wischte Staub von den Kerzen und den Regalen, auf denen sie standen. »Es ist okay, Liebes.«
    »Ich weiß nicht mal mehr, wann ich Ambra-Öl zuletzt auf Lager hatte«, sagte Wendy zu Barbara. »Wenn jemand danach fragt, sag ich ihm, was ich davon halte.«
    »Und hat jemand danach gefragt?« Barbara holte die Phantombilder ihrer möglichen Verdächtigen hervor. Sie fand diesen Teil der Routinearbeit ziemlich lästig, aber wer konnte sagen, wann sie damit auf Gold stoßen würde? »Einer von diesen Typen vielleicht?«
    Wendy betrachtete die Zeichnungen. Sie runzelte die Stirn, dann zog sie eine Brille mit Drahtgestell aus ihrem ausladenden Dekollete. Eines der Gläser hatte einen Sprung, und so benutzte sie das andere wie ein Monokel. Nein, versicherte sie Barbara, keiner von denen sah aus wie irgendwer, der an ihren Stand gekommen war.
    Barbara wusste, wie unzuverlässig diese Aussage war, bedachte man Wendys Drogenkonsum, also zeigte sie die Phantombilder auch Petula.
    Diese nahm sie genauestens in Augenschein. Die Wahrheit sei, es kommen so viele Leute auf den Markt, besonders am Wochenende. Sie wolle nicht behaupten, einer dieser Männer sei hier gewesen, aber ebenso wenig wolle sie es ausschließen. Die sahen ein bisschen wie Thekenpoeten aus, nicht? Oder Klarinettisten in einer Jazzband. Solche Gestalten erwartete man in Soho zu treffen, oder? Nur traf man die da heutzutage kaum noch, aber es hatte mal eine Zeit gegeben ...
    Barbara

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