13 - Wo kein Zeuge ist
Story hat praktisch jeder bis auf den Papst abgesegnet.«
»Das war mein letztes Wort in der Angelegenheit«, entgegnete Hillier.
Darüber hinaus verlor er kein Wort über Lynley oder das, was in seinem Büro vorgefallen war. Er nickte Nkata lediglich zu, sagte: »An die Arbeit«, und verschwand allein, keine Lakaien eskortierten ihn.
Nkata ging zurück in die Einsatzzentrale. Er fand eine Nachricht, er möge Barbara Havers auf dem Handy anrufen, und nahm sich vor, dies zu tun. Aber zuerst versuchte er, sich daran zu erinnern, womit er beschäftigt gewesen war, als Dorothea Harriman Stunden zuvor zu ihm gekommen war, um ihn von Lynleys möglichem Auftauchen zu unterrichten.
Das Profil, fiel ihm ein. Er hatte die Absicht gehabt, sich das Profil noch mal vorzunehmen, in der Hoffnung, dass er in den Ausführungen irgendeine Verbindung zu einem der Verdächtigen fand ... Falls sie überhaupt noch Verdächtige waren, denn das Einzige, was sie noch mit den Morden in Zusammenhang zu bringen schien, war eine räumliche Nähe zu einigen der Opfer, und das erschien zunehmend bedeutungslos. Es gab nichts, worauf man etwas gründen konnte, nicht einmal Sand unter dem Fundament, nur Eis, das unter dem Gewicht von Beweisen jederzeit brechen konnte.
Er ging in Lynleys Büro. Auf dem Schreibtisch des Superintendent stand ein Foto seiner Frau, Lynley an ihrer Seite. Sie saßen irgendwo auf einer sonnenüberfluteten Balustrade. Er hatte den Arm um sie gelegt, ihr Kopf ruhte an seiner Schulter, und sie lachten beide in die Kamera, während im Hintergrund ein blaues Meer funkelte. Flitterwochen, dachte Nkata. Ihm fiel ein, dass sie nicht einmal seit einem Jahr verheiratet waren.
Er wandte den Blick ab und zwang sich, die Unterlagen auf Lynleys Schreibtisch zu durchsuchen. Er las Lynleys Notizen und einen Bericht jüngeren Datums von Havers. Und endlich fand er das Gutachten, erkannte es am Briefkopf der Fischer-Klinik für forensische Psychiatrie. Er zog das Profil aus dem Stapel, wo Lynley es abgelegt hatte, ging damit an den Konferenztisch, setzte sich und versuchte, seine Gedanken zu ordnen.
Superintendent, stand dort in einer säuberlichen Schreibschrift auf dem Begleitbrief, auch wenn Sie ein Ungläubiger sind, hoffe ich, dass Sie die beiliegenden Informationen hilfreich finden. Keine Unterschrift, aber der Profiler selbst musste es geschrieben haben.
Ehe er sich den beiliegenden Bericht vornahm, vergegenwärtigte Nkata sich, wo die Klinik lag. Er musste sich eingestehen, dass er selbst jetzt an Stoney dachte. Letztlich landete er immer wieder bei seinem Bruder. Er fragte sich, ob eine Einrichtung wie die Fischer-Klinik seinem Bruder hätte helfen können, seinen Zorn mildern, seine Wildheit heilen, ihm den Drang, zuzuschlagen oder gar zu töten, nehmen können.
Nkata bemerkte, dass er den Briefkopf auf dem cremeweißen Papier wieder und wieder las. Er runzelte die Stirn. Er konzentrierte sich, las wieder. Man hatte ihn gelehrt, dass es keine Zufälle gab, und er hatte obendrein gerade Lynleys Notizen und Havers Bericht durchgesehen. Er griff nach dem Telefon.
Barbara Havers kam ins Büro gestürmt. »Hast du meine Nachricht nicht bekommen? Herrgott noch mal, Winnie. Ich hab dich angerufen und um Rückruf gebeten. Ich habe ... Was, zum Henker, ist hier eigentlich los?«
Nkata reichte ihr den Bericht. »Lies das«, sagte er. »Lass dir Zeit.«
Jeder beanspruchte einen Teil von ihm - berechtigterweise -, und jeder wollte einen Teil von ihm. Lynley akzeptierte das, wusste aber gleichzeitig, dass er so gut wie nichts tun konnte, um ihren Ansprüchen gerecht zu werden. Er wurde sich selbst nur mit Mühe gerecht.
Als er zum Krankenhaus zurückkam, war er kaum in der Lage, irgendetwas wahrzunehmen. Er fand seine Familie und ihre zusammen mit Deborah und St. James. Sie halten die Stellung, fuhr ihm lächerlicherweise durch den Kopf. Es gab keine Stellung zu halten, nichts, wofür man sie hätte halten können.
Helens Schwester Daphne war aus Italien eingetroffen. Ihre Schwester Iris wurde jeden Moment aus Amerika erwartet, auch wenn niemand genau wusste, wann dieser Moment sein würde. Cybil und Pen saßen bei ihren Eltern, während seine eigenen Geschwister mit ihrer Mutter zusammensaßen. Weder Krankenhäuser noch unerwartete und gewaltsame Todesfälle waren ihnen fremd.
Der Raum, den man ihnen überlassen hatte, war klein. Sie saßen gedrängt und unbequem auf Stühlen und Sofas, die man zusammengesucht und hier
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