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13 - Wo kein Zeuge ist

13 - Wo kein Zeuge ist

Titel: 13 - Wo kein Zeuge ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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in Nordlondon vorzuschlagen.«
    »Ich dachte, ich hätte deutlich gemacht ...«
    »Aber dieses Loyalitätsgefasel verrät dich. Deine eigene Loyalität war in letzter Zeit nicht gerade über jeden Zweifel erhaben.«
    Sie wusste, er wartete darauf, dass sie ihn aufforderte, diese Behauptung zu spezifizieren, aber die Freude würde sie ihm nicht machen. Stattdessen sagte sie: »Neil, jeder hat dann und wann Momente, in denen seine Aufmerksamkeit von seinem obersten Ziel abgelenkt wird. Auf keiner Ebene der Administration gibt es irgendjemanden, der erwartet, dass die Mitarbeiter in Bezug auf ihre Loyalität einen Tunnelblick entwickeln.«
    »Da hast du ja Glück gehabt, nehme ich an. Wenn man bedenkt, was deine Sekundärziele sind.«
    »Wie bitte?« Sie wollte die Frage zurücknehmen, sobald sie ausgesprochen war, aber sie bekam keine Chance dazu, denn er griff danach wie ein Angler nach der zappelnden Forelle.
    »Was ich eigentlich meinte, war wohl, dass Diskretion allein nicht immer ausreicht. Oder vielleicht sollte ich sagen: nicht funktioniert. Auch die besten Absichten können in eine Sackgasse führen, falls du verstehst, was ich meine. Was wiederum heißen soll, dass derjenige, der Steine werfen will, gut beraten ist, selbst nicht im Glashaus zu wohnen. Soll ich noch ein bisschen direkter werden, Ulrike, oder dämmert dir, worauf ich hinauswill? Wo ist Griff eigentlich? Er hat sich in letzter Zeit ziemlich unsichtbar gemacht, oder? Hast du ihm das nahe gelegt?«
    Sie waren am entscheidenden Punkt angekommen, erkannte Ulrike. Jetzt zogen sie die Glaceehandschuhe aus, was vielleicht auch Zeit wurde. Ihr Privatleben ging ihn nichts an, aber er würde einsehen müssen, dass das umgekehrt nicht so war.
    »Sieh zu, dass du diesen Anwalt loswirst, Neil«, sagte sie. »Ich weiß nicht, wieso du ihn engagiert hast, und ich will es auch nicht wissen. Aber ich sage dir: Entzieh ihm das Mandat und sprich mit der Polizei.«
    Neils Gesicht wechselte die Farbe, doch seine Körpersprache verriet ihr, dass er nicht vor Verlegenheit oder Scham errötete. Er erwiderte: »Du willst mir vorschreiben ...?«
    »Ganz recht.«
    »Was bildest du dir eigentlich ... Ulrike, du kannst mir keine Vorschriften ... Ausgerechnet du ...«
    »Ich verlange, dass du mit der Polizei kooperierst. Ich will, dass du ihnen sagst, wo du gewesen bist, und zwar an jedem einzelnen Datum, nach dem sie dich fragen. Wenn du es dir ein bisschen leichter machen willst, kannst du damit anfangen, dass du es mir erzählst, und ich leite die Informationen an sie weiter.« Sie nahm ihren Stift zur Hand und hielt ihn einsatzbereit über der dreispaltigen Tabelle, die sie gezeichnet hatte. »Wir fangen mit dem September letzten Jahres an«, erklärte sie. »Mit dem zehnten, um genau zu sein.«
    Er stand auf. »Lass mich das mal sehen.« Er streckte die Hand nach dem Blatt aus. Sie legte den Arm darüber. »Steht dein Name auch darauf?«, fragte er. »Oder ist das Griff-Bums-Alibi die Antwort auf alle Fragen, die sie dir stellen? Und wie geht das überhaupt, Ulrike? Du fickst einen Verdächtigen auf der einen Seite, und andererseits betätigst du dich als Polizeispitzel?«
    »Mein Leben ...«, begann sie, aber er unterbrach sie: »Dein Leben. Dein Leben.« Seine Stimme klang spöttisch. »Immer Colossus an erster Stelle, so soll es wirken, oder? Du spielst hier die Dienstbeflissene, kriegst es aber nicht einmal mit, wenn einer der Jungen vermisst wird. Haben die Cops das schon rausgefunden? Oder der Stiftungsvorstand? Denn ich könnte mir vorstellen, dass sie das interessieren würde, meinst du nicht?«
    »Willst du mir drohen?«
    »Ich stelle eine Tatsache fest. Das kannst du auffassen, wie du willst. Aber versuch nicht, mir vorzuschreiben, wie ich zu reagieren habe, wenn die Polizei ihre Nase in mein Privatleben steckt.«
    »Ist dir eigentlich das Ausmaß deiner Insubordination ...«
    »Du kannst mich mal!« Er riss die Tür auf und brüllte: »Veness! Komm mal her!«
    Ulrike erhob sich. Neil war dunkelrot angelaufen vor Zorn, und sie wusste, dass ihre eigene Gesichtsfarbe der seinen in nichts nachstand, aber das hier war inakzeptabel. »Wage es ja nicht, andere Mitarbeiter herumzukommandieren. Wenn das hier ein Beispiel dafür ist, wie gut - oder schlecht - du in der Lage bist, Anordnungen eines Vorgesetzten zu befolgen, dann sei versichert, es wird zur Kenntnis genommen. Es ist bereits zur Kenntnis genommen.«
    Er fuhr herum. »Hast du im Ernst angenommen, ich hätte

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