13 - Wo kein Zeuge ist
Mauer. Er hat eine Delle in der Motorhaube. Die Beamten von Belgravia glauben, dass diese Kerle auf den Wagen geklettert und über die Mauer gesprungen sind. Kennst du die Gasse, die ich meine, Tommy?«
»Ja.« Hinter der Mauer lag eine Reihe Gärten - jeder einzelne wiederum von einer Mauer begrenzt -, die die rückwärtigen Grundstücke der Cadogan Lane bildeten, die eine von Hunderten Gassen in der Gegend war, wo einst die Stallungen der nahe gelegenen prächtigen Häuser gestanden hatten. Heute wohnten dort Menschen in umgebauten Garagen, die ihrerseits aus den umgebauten Stallungen entstanden waren. Es war ein kompliziertes Labyrinth aus Straßen und Gässchen. Ideal, um unterzutauchen oder zu flüchten oder was auch immer.
St. James sagte: »Es ist nicht das, wonach es sich anhört, Tommy.«
»Warum nicht?«, fragte Lynley.
»Weil ein Aupair-Mädchen auf der Cadogan Lane einen Einbruch gemeldet hat, kurz nachdem Helen ... Kurz danach. Innerhalb einer Stunde. Sie wird vernommen. Sie war offenbar zu Hause, als der Einbruch stattfand.«
»Was wissen sie?«
»Im Moment nur von dem Einbruch. Aber wenn ein Zusammenhang besteht - und Herrgott, es muss einen Zusammenhang geben - und der Täter das Haus durch die Vordertür verlassen hat, dann gibt es eine weitere gute Neuigkeit. Denn eines der größeren Häuser an der Cadogan Lane hat zwei Überwachungskameras an der Frontfassade.«
Lynley sah St. James an. Er bemühte sich verzweifelt, Interesse aufzubringen, denn er wusste, was dies bedeutete: Wenn der Einbrecher vom Haus des Aupair-Mädchens in ihre Richtung gelaufen war, bestanden gute Aussichten, dass eine der Überwachungskameras ihn gefilmt hatte. Und wenn das der Fall war, war es ein Schritt, um ihn seiner gerechten Strafe zuzuführen, insofern es überhaupt Gerechtigkeit geben konnte. Aber was für eine Rolle spielte das letztlich?
Dennoch nickte Lynley. Das war es, was von ihm erwartet wurde.
St. James fuhr fort: »Das Haus, wo das Aupair-Mädchen wohnt ...«
»Hm? Ja.«
»Es liegt ein gutes Stück von der Stelle entfernt, wo der Range Rover in der Gasse geparkt war, Tommy.«
Lynley versuchte zu begreifen, was das bedeutete. Ihm fiel nichts ein.
St. James fuhr fort: »Es liegen ungefähr acht Gärten auf der Strecke, vielleicht weniger, was bedeutet, wer immer über die Mauer geklettert ist, wo der Range Rover stand, musste weitere Mauern überklettern. Also untersucht Belgravia jeden einzelnen dieser Gärten. Sie werden Spuren finden.«
»Verstehe«, sagte Lynley.
»Tommy, sie werden etwas finden. Es wird nicht mehr lange dauern.«
»Ja«, sagte Lynley.
»Alles in Ordnung?«
Lynley überdachte diese Frage. Er sah St. James an. In Ordnung. Was bedeutete das?
Die Tür ging auf, und Deborah trat zu ihnen. »Du musst jetzt nach Hause fahren«, sagte Lynley zu ihr. »Du kannst hier nichts tun.«
Er wusste, wie er sich anhörte. Er wusste, sie würde ihn missverstehen, den Vorwurf heraushören, der auch tatsächlich da war, sich aber nicht gegen sie richtete. Sie zu sehen, erinnerte ihn nur daran, dass sie als Letzte mit Helen zusammen gewesen war, als Letzte mit ihr gesprochen und gelacht hatte. Und es war die Tatsache, dass es dieses letzte Mal gab, die er nicht aushalten konnte, so wie er zuvor die ersten Male unerträglich gefunden hatte.
»Wie du willst«, sagte sie. »Wenn es dir hilft, Tommy.«
»Das wird es«, antwortete er.
Sie nickte und ging, um ihre Sachen zu holen.
Lynley sagte zu St. James: »Ich gehe jetzt zu ihr. Willst du mitkommen? Ich weiß, dass du sie noch nicht gesehen ...«
»Ja«, erwiderte St. James. »Gerne, Tommy.«
Also gingen sie zu Helen, die winzig klein wirkte neben all den Apparaten, die sie als Brutmaschine am Leben erhielten. Sie erschien ihm wächsern, Helen, und doch nicht mehr Helen, nie wieder. Während in ihrem Innern das Kind, jenseits aller Hoffnung und medizinischer Kunst beschädigt ... aber wer wusste, in welchem Ausmaß ...
»Sie wollen, dass ich eine Entscheidung treffe«, sagte Lynley. Er ergriff die leblose Hand seiner Frau, legte ihre schlaffen Finger in seine Handfläche. »Ich kann das nicht aushalten, Simon.«
Winston fuhr, und dafür war Barbara Havers dankbar. Nachdem sie den ganzen Tag dagegen angekämpft hatte, darüber nachzudenken, was im St.-Thomas-Krankenhaus vorging, fühlten die Neuigkeiten über Helen Lynley sich an wie ein Fausthieb in den Magen. Sie hatte gewusst, dass die Prognose finster sein würde. Doch sie hatte
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