13 - Wo kein Zeuge ist
sondern signalisierte der Öffentlichkeit auch das gebotene Maß polizeilicher Besorgnis. Nur die Anwesenheit des Direktors der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit hätte einen größeren Eindruck machen können.
Die Zeitungen hatten sich natürlich auf die Story von dem Leichnam gestürzt, der in St. George's Gardens auf einem Grab entdeckt worden war, wie jeder Mitarbeiter bei New Scotland Yard, der ein Gehirn besaß, vorhergesehen hatte. Das wortkarge Auftreten der Polizisten am Tatort, das Erscheinen eines Beamten von New Scotland Yard, lange bevor die Leiche abtransportiert worden war, die Zeit zwischen dem Leichenfund und dieser Pressekonferenz ... All das hatte den Appetit der Journalisten angeregt, versprach es doch, dass eine viel größere Story dahintersteckte.
Als Deacon das Wort an Hillier übergab, nutzte der Assistant Commissioner genau dies aus. Er begann mit dem vordringlichen Ziel dieser Pressekonferenz, das da sei, wie er betonte, »unsere Jugend auf die Gefahr aufmerksam zu machen, die in den Straßen auf sie lauert«. Er fuhr damit fort, das derzeit ermittelte Verbrechen zu skizzieren, und als alle allmählich begannen, sich zu fragen, warum eine Pressekonferenz zu einem Mordfall abgehalten wurde, den sie doch schon als erste Meldung in den Nachrichten gebracht und auf die Titelseite ihrer Zeitungen gestellt hatten, sagte er: »Zum jetzigen Zeitpunkt suchen wir Zeugen für - wie es scheint - eine Serie von potenziell zusammenhängenden Straftaten gegen junge Männer.«
Es dauerte keine fünf Sekunden, bis das Wort Serie unweigerlich zu Serienmord führte, und die Reporter sprangen an Bord wie Pendler auf den letzten Zug nach Hause. Ihre Fragen brachen hervor wie Fasane, nachdem man auf den Busch geklopft hatte.
Lynley sah Zufriedenheit in Hilliers Gesicht, als die Journalisten all die Fragen stellten, die er und das Pressebüro erhofft hatten, und die Themen unangetastet ließen, die er und das Pressebüro hatten meiden wollen. Hillier hob die Hand zu einer Geste, die sowohl Verständnis wie auch Toleranz für diesen Ausbruch signalisierte. Dann spulte er ab, was er von vornherein und ungeachtet ihrer Fragen zu sagen beabsichtigt hatte.
Die individuellen Tötungsdelikte seien anfangs von den Mordkommissionen der Polizeireviere ermittelt worden, erklärte er, die den jeweiligen Fundorten der Leichen am nächsten lagen. Zweifellos waren die Journalistenkolleginnen und -kollegen, die für die Lokalnachrichten im Bezirk der betroffenen Polizeireviere zuständig waren, gewillt, ihnen das bereits gesammelte Material über die einzelnen Fälle zur Verfügung zu stellen, was für alle Beteiligten eine Ersparnis kostbarer Zeit bedeute. New Scotland Yard werde seinerseits im jüngsten Mordfall unter Hochdruck ermitteln und ihn in den Kontext zu den vorangegangenen Fällen stellen, wenn sich erwies, dass eine Verbindung zwischen den Straftaten bestand. Derweil sei es das vordringlichste Anliegen der Polizei, wie eingangs bereits betont, die Sicherheit der jungen Leute auf den Straßen zu gewährleisten. Und es sei von entscheidender Wichtigkeit, dass diese Botschaft umgehend an sie herangetragen werde: Halbwüchsige Jungen waren anscheinend das Ziel eines oder mehrerer Mörder. Diese Jugendlichen mussten darauf aufmerksam gemacht werden und entsprechende Vorsichtsmaßnahmen treffen, wenn sie unterwegs waren.
Dann stellte Hillier die beiden »leitenden Beamten« der Ermittlung vor. Interim Detective Superintendent Lynley werde die Federführung übernehmen und alle bisherigen Untersuchungen der lokalen Polizeibehörden koordinieren, sagte er. Er werde unterstützt von Detective Sergeant Winston Nkata. Weder John Stewart noch sonst irgendjemand fand Erwähnung.
Es folgten weitere Fragen über Zusammensetzung, Größe und Stärke der Sonderkommission, die Lynley beantwortete. Danach übernahm Hillier geschickt wieder die Kontrolle. Als sei es ihm soeben in den Sinn gekommen, sagte er: »Wo wir gerade über die Zusammensetzung der Sonderkommission sprechen ...«, und er berichtete den Journalisten, dass er persönlich den Forensikexperten Simon Allcourt-St. James ins Boot geholt habe, und um seine Arbeit und die der Beamten von Scotland Yard zu unterstützen, werde auch ein forensischer Psychologe - allgemein Profiler genannt - hinzugezogen. Aus beruflichen Erwägungen ziehe dieser Profiler es vor, im Hintergrund zu bleiben, und es solle an dieser Stelle genügen, zu erwähnen, dass er in den USA, und
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