13 - Wo kein Zeuge ist
es wünschen, und DS Nkata zu zwingen, das Gleiche zu tun. Aber ich werde die Leitung dieser Ermittlung nicht an Sie abgeben. Sie müssen sich heraushalten. Nur so kann es funktionieren.«
»Wollen Sie ein Disziplinarverfahren? Glauben Sie mir, das lässt sich einrichten.«
»Tun Sie, was Sie für nötig halten«, erwiderte Lynley. »Aber, Sir, Sie müssen sich vor Augen führen, dass letzten Endes nur einer von uns diese Ermittlungen leiten kann. Wenn Sie derjenige sein wollen, dann bitte, aber geben Sie in dem Fall nicht länger vor, ich sei derjenige. Wollen Sie, dass ich der Leiter bin, dann müssen Sie sich zurückhalten. Sie haben mich jetzt zwei Mal vor vollendete Tatsachen gestellt, und ich will keine dritte Überraschung erleben.«
Hilliers Gesicht nahm die Rottönung des Sonnenuntergangs an. Aber er sagte nichts, da ihm offenbar bewusst war, welch große Mühe Lynley sich gegeben hatte, Ruhe zu bewahren, und gleichzeitig versuchte er, die Auswirkungen dessen, was Lynley gesagt hatte, einzuschätzen. »Ich will tägliche Berichte«, verlangte er schließlich.
»Die haben Sie bislang und werden Sie auch weiterhin bekommen.«
»Und der Profiler bleibt.«
»Sir, beim derzeitigen Ermittlungsstand brauchen wir keinen Psycho-Hokuspokus.«
»Wir brauchen jede Hilfe, die wir kriegen können!« Hilliers Stimme wurde laut. »Es wird keine vierundzwanzig Stunden mehr dauern, bis die Zeitungen ihr großes Geschrei anstimmen. Das wissen Sie verdammt genau.«
»Das ist richtig. Aber wir beide wissen ebenso gut, dass das unvermeidlich ist, jetzt da die anderen Morde zur Sprache gekommen sind.«
»Wollen Sie mir vorwerfen ...«
»Nein. Nein. Sie haben dort drinnen gesagt, was gesagt werden musste. Aber sobald die Journalisten angefangen haben zu graben, werden sie hinter uns her sein, und in dem, was sie uns vorwerfen werden, steckt genug Wahrheit.«
»Wo, zum Henker, liegen eigentlich Ihre Loyalitäten?«, verlangte Hillier zu wissen. »Diese Arschlöcher werden die anderen Morde recherchieren, und dann geben sie uns die Schuld, nicht sich selbst, dass keiner davon es je auf die Titelseite geschafft hat. An dem Punkt werden sie die Rassismusflagge hissen, und dann geht diese ganze Stadt hoch. Ob es Ihnen nun passt oder nicht, aber wir müssen alles tun, um ihnen immer einen Schritt voraus zu sein. Der Profiler ist eine Möglichkeit, das zu erreichen. Und damit basta.«
Lynley dachte darüber nach. Der Gedanke, einen Profiler an Bord zu haben, war ihm zuwider, aber er musste zugeben, dass dessen Anwesenheit den Zweck erfüllte, die Ermittlung in den Augen der Journalisten aufzuwerten. Und auch wenn er weder für Zeitungen noch für das Fernsehen viel übrig hatte - betrachtete er das Sammeln und Verbreiten von Informationen doch als etwas, das von Jahr zu Jahr infamer wurde -, sah er dennoch die Notwendigkeit ein, die Aufmerksamkeit der Medien auf die Fortschritte der laufenden Ermittlungen zu lenken. Stimmten sie erst einmal ihr Geschrei darüber an, dass Scotland Yard zwischen drei früheren Todesfällen keinen Zusammenhang erkannt hatte, zwangen sie die Polizei, Zeit mit den Bemühungen zu verschwenden, diesen Lapsus zu entschuldigen. Das nützte nur dem Profit der Zeitungen, die ihre Auflagen vielleicht würden steigern können, wenn sie die öffentliche Entrüstung anfachten, die eine ständig dräuende Gefahr war.
»Einverstanden«, sagte Lynley. »Der Profiler bleibt. Aber ich entscheide, was er zu sehen bekommt und was nicht.«
»Abgemacht«, stimmte Hillier zu.
Sie traten wieder auf den Flur hinaus, wo Hamish Robson ohne Begleitung auf sie wartete. Der Profiler war zu einem schwarzen Brett hinübergeschlendert, das ein paar Schritte von der Toilettentür entfernt lag. Das nötigte Lynley Bewunderung für diesen Mann ab.
»Dr. Robson?«, sagte er, woraufhin Robson erwiderte: »Hamish, bitte.«
»Der Superintendent wird sich Ihrer annehmen, Hamish«, sagte Hillier. »Viel Glück. Wir verlassen uns auf Sie.«
Robsons Blick wanderte von Hillier zu Lynley. Die Augen hinter seiner Goldrandbrille blickten argwöhnisch. Sein Gesichtsausdruck wurde von einem ergrauten Spitzbart verdeckt, und als er nickte, fiel eine Strähne des schütteren Haars in seine Stirn. Er schob sie zurück. Ein goldener Siegelring funkelte kurz im Licht auf. »Ich freue mich, Ihnen helfen zu können«, sagte er. »Ich brauche die Polizeiberichte, die Tatortfotos ...«
»Der Superintendent wird Ihnen alles Notwendige zur
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