13 - Wo kein Zeuge ist
können, dass es albern war, zu denken, sie könne bleibende Schäden davontragen.
Im Taxi ließ er sich in eine Ecke sinken, seine Mutter neben ihm, sein Bruder gegenüber auf dem Notsitz. Er bat Peter: »Sag ihm, zu Scotland Yard.«
Seine Mutter protestierte: »Du musst auf dem kürzesten Weg nach Hause.«
Er schüttelte den Kopf. »Sag es ihm«, wiederholte er und wies auf den Fahrer.
Peter drehte sich zu der Öffnung in der Glasscheibe zwischen Fahrer und Fahrgastraum um. »Victoria Street«, sagte er. »New Scotland Yard. Und dann weiter nach Eaton Terrace.«
Der Fahrer fädelte sich in den fließenden Verkehr ein und fuhr Richtung Westminster.
»Wir hätten mit dir im Krankenhaus bleiben sollen«, murmelte Lady Asherton.
»Nein«, antwortete Lynley. »Ihr habt getan, worum ich euch gebeten hatte.« Er sah aus dem Fenster. »Ich möchte sie in Howenstow begraben. Ich glaube, sie hätte es so gewollt. Wir haben nie darüber gesprochen, denn es bestand keine Veranlassung. Aber ich würde gerne ...«
Er fühlte die Hand seiner Mutter auf der seinen. »Natürlich«, sagte sie.
»Ich weiß noch nicht, wann. Ich habe nicht daran gedacht, mich zu erkundigen, wann sie den ... ihren Leichnam freigeben. Es gibt alle möglichen Formalitäten ...«
»Wir kümmern uns darum, Tommy«, sagte sein Bruder. »Wir kümmern uns um alles. Wenn du uns lässt.«
Lynley schaute ihn an. Peter hatte sich vorgebeugt und war ihm so nahe wie seit Ewigkeiten nicht mehr. Lynley nickte langsam. »Zumindest um einiges«, antwortete er. »Danke.«
Den Rest der Fahrt schwiegen sie. Als das Taxi von der Victoria Street auf den Broadway einbog, fragte Lady Asherton: »Erlaubst du einem von uns, dich zu begleiten, Tommy?«
»Dazu besteht kein Grund«, versicherte er. »Ich schaffe das schon, Mum.«
Er wartete, bis sie weggefahren waren, ehe er das Gebäude betrat. Er ging nicht zum Victoria Block, sondern zum Tower Block und hinauf zu Hilliers Büro.
Judi MacIntosh sah von ihrer Arbeit auf. Wie seine Mutter schien auch sie in der Lage, seinen Gesichtsausdruck zu lesen, und offenbar richtig, denn er war nicht hergekommen, um eine Konfrontation zu suchen. Sie sagte: »Superintendent, ich ... wir alle hier ... Ich kann wahrscheinlich nicht nachempfinden, was Sie durchmachen.« Sie hatte die Hände an die Kehle gelegt, als wolle sie ihn anflehen, ihr zu erlassen, noch mehr zu sagen.
»Vielen Dank«, sagte er und fragte sich, wie oft er in den kommenden Monaten irgendwelchen Leuten würde danken müssen. Tatsächlich fragte er sich, wofür er sich eigentlich bedankte. Seine Erziehung drängte ihn zu diesem Ausdruck von Dankbarkeit, obwohl er in Wahrheit den Kopf zurücklegen und in die ewige Nacht hinausschreien wollte, die sich um ihn zusammenbraute. Er verabscheute gute Erziehung. Aber trotz dieses Abscheus stützte er sich darauf, als er bat: »Würden Sie ihm sagen, dass ich hier bin? Ich hätte ihn gern kurz gesprochen. Es dauert nicht lange.«
Sie nickte. Doch statt nach dem Telefon zu greifen, trat sie durch die Tür zu Hilliers Büro und schloss sie leise hinter sich. Eine Minute verging, noch eine. Vermutlich riefen sie jemanden an, der heraufkommen sollte. Nkata, zum Beispiel. Oder John Stewart. Jemand, der in der Lage war, ihm Einhalt zu gebieten. Jemand, der ihn aus dem Gebäude eskortierte.
Judi MacIntosh kam zurück. »Bitte, treten Sie ein«, sagte sie.
Hillier war nicht an seinem üblichen Platz hinter dem Schreibtisch. Er stand auch nicht an einem der Fenster. Vielmehr stand er mitten im Raum auf dem Teppich, war Lynley den halben Weg entgegengekommen. Er sagte leise: »Thomas, Sie müssen nach Hause fahren und sich ausruhen. Sie können so nicht weitermachen ...«
»Ich weiß.« Lynley konnte sich nicht entsinnen, wann er zum letzten Mal geschlafen hatte. Er hatte jetzt so lange nur durch die Stimulanz von Angst und Adrenalin funktioniert, dass er sich an keinen anderen Zustand mehr erinnern konnte. Er zog seinen Dienstausweis hervor, zusammen mit jedem anderen Gegenstand, den er mit sich führte und der ihn als Polizisten auswies. Er hielt sie dem Assistant Commissioner hin.
Hillier sah sie an, nahm sie aber nicht. »Das akzeptiere ich nicht«, erklärte er. »Sie haben nicht richtig darüber nachgedacht. Sie können auch jetzt nicht richtig denken. Ich kann nicht zulassen, dass Sie eine solche Entscheidung ...«
»Glauben Sie mir, Sir«, unterbrach Lynley. »Ich habe weitaus schwierigere Entscheidungen
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