Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
13 - Wo kein Zeuge ist

13 - Wo kein Zeuge ist

Titel: 13 - Wo kein Zeuge ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
Vom Netzwerk:
schneller auf dem Opfer angebracht als dies hier. Insbesondere wenn man berücksichtigt, dass Zeit vermutlich ein essenzieller Faktor ist.«
    »Das heißt, dieses Zeichen dient zweierlei Zielen?«
    »Davon gehe ich aus. Kein Künstler signiert sein Werk, bevor es fertig ist, und die Tatsache, dass für dieses Zeichen das Blut des Opfers verwendet wurde, deutet darauf hin, dass es posthum angebracht wurde. Also, ja, es ist eine Signatur, aber auch noch etwas anderes. Ich glaube, es ist eine direkte Kommunikation.«
    »Mit der Polizei?«
    »Oder mit dem Opfer, oder der Familie des Opfers.« Robson gab Lynley die Fotos zurück. »Dieser Mörder hat ein enormes Bedürfnis nach Aufmerksamkeit, Superintendent. Wenn es von der derzeitigen Publicity nicht befriedigt wird - und das wird nicht der Fall sein, denn seine Art von Bedürfnis wird niemals befriedigt -, dann wird er wieder zuschlagen.«
    »Bald?«
    »Ich würde sagen, davon können Sie ausgehen.« Er gab Lynley auch die Berichte. Seinen eigenen Bericht fügte er hinzu. Er entnahm ihn dem Schnellhefter, säuberlich getippt und mit einem offiziellen Deckblatt der Fischer-Klinik für forensische Psychiatrie versehen.
    Lynley legte die Berichte zusammen mit Robsons Visitenkarte zu den Fotos. Er ließ sich alles noch einmal durch den Kopf gehen, was der Profiler gesagt hatte. Er kannte andere Polizisten, die an die Kunst des psychologischen Profilings glaubten - oder vielleicht war es ja eine echte Wissenschaft, die sich auf unwiderlegbare empirische Beweise stützte -, aber er selbst hatte nie dazu gezählt. In der Praxis hatte er es immer vorgezogen, den eigenen Verstand zu benutzen und die Fakten durchzusieben, statt zu versuchen, aus diesen Fakten ein Porträt eines vollkommen Unbekannten zusammenzusetzen. Abgesehen davon erkannte er nicht, inwieweit es sie in dieser Situation weiterbringen sollte. Letztlich standen sie immer noch vor der Aufgabe, einen Mörder unter den zehn Millionen Einwohnern von Greater London zu finden, und ihm war nicht klar, wie Robsons Profil ihnen dabei helfen konnte.
    Doch der Psychologe schien sich dessen bewusst zu sein. Wie einen Schlusspunkt zu seinem Bericht fügte er ein letztes Detail hinzu: »Sie müssen sich auch auf eine Kontaktaufnahme vorbereiten.«
    »Welcher Art?«, fragte Lynley.
    »Durch den Mörder persönlich.«
    Allein er war Fu, göttliches Wesen, ewige Gottheit dessen, was sein musste. Er war die Wahrheit, und sein war der Weg, doch das Wissen darum war nicht länger ausreichend.
    Das Verlangen war wieder über ihn gekommen. Es hatte sich weit schneller als erwartet eingestellt. Nach Tagen, nicht nach Wochen, und es erfüllte ihn mit dem Ruf zu handeln. Doch trotz des Drangs, zu richten und zu rächen, zu erretten und zu erlösen, bewegte er sich mit Vorsicht. Es war von essenzieller Wichtigkeit, dass er die richtige Wahl traf. Ein Zeichen würde ihn leiten, also wartete er. Denn es war immer ein Zeichen gekommen.
    Ein Einzelgänger war am besten. So viel wusste er. Und natürlich gab es in einer Stadt wie London reichlich Einzelgänger, doch einem von ihnen zu folgen, war der einzige Weg, um sicherzugehen, dass seine Wahl richtig und angemessen war.
    Diese Aufgabe erledigte Fu per Bus, denn die übrigen Fahrgäste boten eine sichere Tarnung. Sein Erwählter stieg gleich vor ihm ein und ging die geschwungene Treppe zum oberen Deck hinauf. Fu folgte ihm nicht nach oben. Stattdessen nahm er einen Stehplatz zwei Haltestangen von der Tür entfernt ein, mit Blick auf die Treppe. Ihre Fahrt erwies sich als lang. Im Schneckentempo bewegten sie sich durch verstopfte Straßen. An jeder Haltestelle konzentrierte Fu seine Aufmerksamkeit auf die Tür. Während der Fahrt unterhielt er sich damit, die übrigen Fahrgäste zu beobachten: die erschöpfte Mutter mit dem schreienden Kleinkind, die alternde Jungfer mit den geschwollenen Knöcheln, die Schulmädchen mit offenen Mänteln und aus dem Rockbund gezogenen Blusen, die asiatischen Halbwüchsigen, die die Köpfe zusammengesteckt hatten und etwas ausheckten, und die schwarzen Jugendlichen: mit Kopfhörern auf den Ohren ließen sie die Schultern im Takt der Musik zucken, die nur sie hören konnten. Sie alle waren bedürftig, auch wenn die meisten es nicht wussten. Und keiner von ihnen wusste, wer in ihrer Mitte stand, denn Anonymität war das größte Geschenk dieser Stadt.
    Irgendwo drückte irgendwer auf den Knopf, der dem Fahrer signalisierte, an der nächsten Haltestelle zu

Weitere Kostenlose Bücher