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13 - Wo kein Zeuge ist

13 - Wo kein Zeuge ist

Titel: 13 - Wo kein Zeuge ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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machten: Zwei Wochen, während derer sie sich täglich in einer Gruppe von zehn Jugendlichen mit einem Einstufungsleiter trafen, Griffin Strong in Kimmos Fall. Ziel war es, ihr Interesse zu wecken, ihnen zu beweisen, dass sie auf diesem oder jenem Gebiet Erfolge erzielen konnten, ihr Vertrauen zu gewinnen und sie zu ermutigen, am Colossus-Programm teilzunehmen. Sie fingen damit an, einen persönlichen Verhaltenskodex für die Gruppe zu entwickeln, und jeden Tag rekapitulierten sie, wie der vorherige Tag verlaufen und was gelernt worden war.
    »Anfangs Spiele, die das Eis brechen«, sagte Ulrike. »Dann Vertrauensaktivitäten, dann eine persönliche Herausforderung, wie etwa die Kletterwand hinten im Hof zu erklimmen. Dann ein Ausflug, den sie zusammen planen und durchführen. Aufs Land oder ans Meer, wandern in den Pennines. Irgendetwas in der Art. Und am Ende laden wir sie ein, sich zu den Kursen anzumelden: Computer, Kochen, Alltagsmanagement, gesundes Leben, und wie man das Gelernte umsetzt, um Geld zu verdienen.«
    »Sie meinen Jobs?«, fragte Havers.
    »Sie sind nicht bereit fürs Arbeitsleben. Nicht, wenn sie neu bei uns sind. Die meisten von ihnen sind verschlossen, wenn nicht vollkommen nonverbal. Man hat ihnen jegliches Selbstwertgefühl genommen. Wir versuchen, ihnen zu zeigen, dass es eine Alternative zu ihrem bisherigen Leben auf der Straße gibt. Etwa zurück zur Schule zu gehen, lesen zu lernen, das College zu beenden, ohne Drogen zu leben. An ihre Zukunft zu glauben. Ihre Gefühle zu kontrollieren. Gefühle überhaupt erst einmal zuzulassen. Selbstbewusstsein zu entwickeln.« Sie sah die beiden Beamten scharf an, als wolle sie ihre Gedanken lesen. »Oh, ich weiß, was Sie denken. Was für ein gefühlsduseliger Mist. Das ultimative Psychogeblubber. Aber Tatsache ist, wenn Verhalten sich ändert, dann von innen nach außen. Niemand schlägt einen neuen Weg ein, ehe er nicht ein anderes Bild von sich selbst bekommen hat.«
    »Und das sollte Kimmo?«, fragte Lynley. »Nach allem, was wir bislang in Erfahrung gebracht haben, fühlte er sich ganz wohl in seiner Haut, trotz des Weges, den er eingeschlagen hatte.«
    »Niemand, der Kimmos Weg geht, fühlt sich innerlich wirklich wohl dabei, Superintendent.«
    »Sie haben also erwartet, dass er sich im Laufe der Zeit und unter dem Einfluss von Colossus verändert?«
    »Wir haben eine hohe Erfolgsquote«, erwiderte sie. »Trotz alldem, was Sie offensichtlich über uns denken. Trotz der Tatsache, dass wir nichts von Kimmos Ermordung wussten. Wir haben vorschriftsgemäß gehandelt, als er nicht erschienen ist.«
    »Wie Sie bereits sagten«, stimmte Lynley zu. »Und wie verhält es sich mit den anderen?«
    »Den anderen?«
    »Kommen all Ihre Schützlinge per Verfügung des Jugendgerichts zu Ihnen?«
    »Ganz und gar nicht. Die meisten kommen, weil sie auf anderem Weg von uns erfahren haben. Durch die Kirche oder die Schule oder irgendjemanden, der bereits mit unserem Programm zu tun hatte. Wenn sie bleiben, dann weil sie begonnen haben, uns zu trauen und an sich selbst zu glauben.«
    »Und was wird aus denen, die es nicht schaffen?«, fragte Havers.
    »Die was nicht schaffen?«
    »An sich selbst zu glauben.«
    »Natürlich hilft unser Programm nicht allen. Wie könnte es? Alle erdenklichen Erschwernisse aus ihrem persönlichen Umfeld stehen gegen uns, von Missbrauch bis Fremdenhass. Manchmal kommt ein Jugendlicher hier nicht besser zurecht als sonst irgendwo. Also schaut er vorbei und verschwindet wieder und Schluss. Wir zwingen niemanden, hier zu bleiben, der nicht gerichtlich dazu verurteilt ist. Und was die anderen betrifft: Solange sie unsere Regeln beachten, zwingen wir auch niemanden zu gehen. Sie können jahrelang herkommen, wenn sie wollen.«
    »Und wollen sie?«
    »Gelegentlich, ja.«
    »Wer, zum Beispiel?«
    »Ich fürchte, das ist vertraulich.«
    »Ulrike?« Es war Jack Veness. Lautlos wie ein Nebelschwaden war er an der Bürotür erschienen. »Telefon. Ich hab versucht, ihm zu sagen, dass du beschäftigt bist, aber er lässt sich nicht abwimmeln. Tut mir Leid. Was soll ich ...?« Er beendete die Frage, indem er die Schultern hochzog.
    »Wer ist es denn?«
    »Reverend Savidge. Er ist völlig außer sich. Sagt, Sean Lavery ist verschwunden. Ist gestern Abend nach dem Computerkurs nicht nach Hause gekommen. Soll ich ...«
    »Nein!«, erwiderte Ulrike. »Stell ihn durch, Jack.«
    Jack verließ ihr Büro. Sie schloss die Finger zur Faust. Während sie darauf

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