130 - Höllenfahrt
den Raum auszumessen und sämtliche Daten der Anwesenden zu analysieren. Zumindest empfand Matthew Drax es so, obwohl es von seinem organischen Auge nicht zu unterscheiden war. Zu was die Wunderwerke der »Unsterblichen« von Amarillo fähig waren, hatte er oft genug an Aiko Tsuyoshi gesehen.
Matt beobachtete die illustre Runde, an der er als Gast teilnehmen sollte. Neben dem EWAT-Piloten waren noch Jed Stuart, Dave McKenzie und zwei Frauen anwesend, die er nicht kannte. Der mit Metall ausgekleidete, fensterlose Raum war für diese Konferenz nur mit dem Nötigsten ausgestattet worden. Es gab nicht viel an Einrichtung: Tisch, Stühle und ein Computerterminal. Auf einer kleinen Ablage standen ein Krug Wasser und einige Gläser. Die Wände zeigten keinerlei Projektion; nicht einmal E-Butler waren zugelassen, man wollte ganz unter sich bleiben.
Fröstelnd zog Matthew Drax die Schultern zusammen; der Raum war nur ungenügend beheizt.
Es war ein kalter Dezembermorgen des ausklingenden Jahres 2520. Vieles war geschehen, seit Matt vor fast fünf Jahren durch den Zeitsprung in die Zukunft geschleudert worden war, Gutes und Schlechtes. Doch meist war das Ziel einfach nur Überleben gewesen. So auch heute.
Matt wusste, worum es bei der ersten Sitzung der neu gegründeten Task Force der Allianz ging: um den Kampf gegen die Daa'muren. Und er hatte sich entsprechend vorbereitet.
Dave McKenzie saß am Kopfende des langen schmucklosen Tisches; er führte den Vorsitz der Task Force und antwortete dem jungen Techno: »Das Thames Barrier (gefertigt aus massiven Edelstahltoren, von denen jedes 3700 Tonnen wiegt) stellte im zweiten Drittel des zwanzigsten Jahrhunderts ein Sinnbild für die Widerstandskraft des Menschen dar. London lebte seit der ersten Keltensiedlung stets in Furcht vor Überschwemmungen. Erst mit dem Thames Barrier war es damit zu Ende, und man trotzte der schier unüberwindlichen Naturgewalt. Es ist ein passender Ort für die Task Force, denn um den Widerstand geht es auch hier. Nicht zuletzt hat das Thames Barrier die Jahrhunderte nach dem Kometeneinschlag nahezu unbeschadet überstanden.«
»Und es liegt ein gutes Stück außerhalb des Hofes, wo die Hofschranzen und Octaviane nichts Besseres zu tun haben, als ständig ihre Nasen in Dinge hineinzustecken, die sie nichts angehen«, erklang eine Stimme aus dem Hintergrund. Queen Victoria trat aus dem Schatten einer Stützsäule.
Alle Anwesenden sprangen auf und erwiesen der Königin des Britanischen Empire ihre Referenz. Victoria trug nicht die gewohnte aufwändige Hofkleidung, sondern ein schlichtes, schmuckloses Gewand, das ihre ätherische Gestalt noch unterstrich. Der einzige Luxus, den sie sich leistete, war ein knöchellanger warmer Pelzmantel und eine Fellkappe auf dem von inzwischen dichtem Haarflaum bedeckten Kopf.
»Bitte, keine Formalitäten, ich bin ganz inkognito hier«, sagte die Queen mit einer abwehrenden Geste und warf Dave einen Blick aus funkelnden grünen Augen zu, der Matt einige Interpretationen offen ließ. Wollte sie ihrem inoffiziellen Geliebten auf die Finger schauen? Oder hatte sie etwa vor, sich in die Belange der Task Force einzumischen?
Die Queen ließ sich in dem freien Stuhl neben McKenzie nieder und blickte mit süffisant wirkendem Lächeln in die Runde. »Aber bitte, seien Sie nicht verstört. Sie brauchen keine Sorge zu haben, ich werde mich selbstverständlich aus Ihren Planungen heraushalten. Doch ich wollte wenigstens bei der ersten Zusammenkunft dabei sein, um Sie alle zu begrüßen und einander vorzustellen, sofern dies noch nicht geschehen ist.«
Sie blickte zu David McKenzie.
Der nickte knapp. »Bitte.« Es war ihm nicht anzusehen, ob es ihm peinlich war, dass sich seine – inoffizielle – Geliebte derart ins Rampenlicht setzte.
Matt sah, wie sich die Anwesenden zusehends entspannten.
Auch er lehnte sich zurück, stützte das Kinn auf die Hand und wartete ab, was nun folgte.
Die Queen sprach einige einleitende Worte zur erfolgreichen Gründung der Task Force, die nur internen Kreisen der Allianz bekannt war, und begann dann mit der Vorstellung: »Dave McKenzie, als Astrophysiker ein anerkannter und hochbegabter Wissenschaftler mit dem Wissen der Vergangenheit, wird diese Spezialgruppe leiten. Ihm zur Seite steht Jed Stuart, unser talentierter Linguist und der Vermittler zu den Barbaren. Wir sind froh, dass er sein Gedächtnis zurück erlangt hat und uns wieder loyal zur Seite steht.«
Dem war nicht ganz so, wie
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